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Gefahren aus dem Cyberraum




Podiumsdiskussion zu den Gefahren des Cyberraums im Großen Hörsaal (v.l.): Stefan Schumacher, Präsident Prof. Dr. Patrick Sensburg MdB, Moderator Sascha Stoltenow, Oberst d.R. Mario Hempel und Staatssekretär Thomas Silberhorn MdB

Foto: Johann Michael Bruhn

Podiumsdiskussion zu den Gefahren des Cyberraums im Großen Hörsaal (v.l.): Stefan Schumacher, Präsident Prof. Dr. Patrick Sensburg MdB, Moderator Sascha Stoltenow, Oberst d.R. Mario Hempel und Staatssekretär Thomas Silberhorn MdB

Foto: Johann Michael Bruhn

Der 24. Sicherheitspolitische Jahreskongress der Landesgruppe Baden-Württemberg im Bildungszentrum der Bundeswehr stand unter dem Thema „Analoge und digitale Gefahren aus dem Cyberraum: Verschwimmende Grenzen zwischen Innerer und Äußerer Sicherheit“.

In den Vorträgen und Diskussionen wurde der Begriff „Cyberraum“ zumeist im Sinne von „das Internet betreffend“ verwendet. Das greift zu kurz, denn der hier wortbildende Begriff „Cybernetics“ ist dem Altgriechischen entlehnt und bedeutet „Steuermannskunst“, also ursprünglich Steuer- oder Regelungstechnik. War doch eine der ersten Anwendungen die automatische Zielsteuerung und das Abfeuern von Flugabwehrgeschützen, die die Flugbahn des Flugzeugs eines sich verfolgt wissenden Piloten vorhersagt. In seinem Grundlagenwerk Cybernetics or Control and Communication in the Animal and the Machine von 1948 hat sich der Amerikaner Norbert Wiener aber auch schon mit der sich abzeichnenden Informationsgesellschaft beschäftigt.

Auch Christian Specht, der Erste Bürgermeister der Stadt Mannheim, stellte in seinem Grußwort einerseits aktuelle Bezüge der Stadt Mannheim zum Kongressthema her und andererseits historische Bezüge, indem er an Carl Benz erinnerte, als auch an die weiteren hier erfolgten Erfindungen Laufrad und Traktor.

Ganz aktuell informierte in seinem Impulsvortrag der Parlamentarische Staatssekretär bei der Bundesministerin für Verteidigung Thomas Silberhorn MdB über den kürzlich erschienenen Leitfaden „Social Media Guidelines“, der sich mit dem angemessenen Verhalten von Soldaten der Bundeswehr im Internet befasst und was auch Reservisten betrifft. Durch die Entwicklung im Informationsraum stehe man vor völlig neuen Einsatzszenarien, man spreche über digitalisierte Gefechtsfelder und die Digitalisierung habe Priorität im Verteidigungsministerium. Aktuell war dazu gegenüber dem Bundesrechnungshof zu begründen wie viel Internetzugänge die Netzinfrastruktur der Bundeswehr bieten muss. Nicht alle Arbeitsplätze sind ständig mit dem Internet verbunden, aber was ist hier für die weitere Entwicklung angemessen?

Bei durchschnittlich 4500 erkannten Cyberangriffen pro Tag genüge nicht eine eigene Cyber-Sicherheits-Vorsorge und selbst eine gesamtstaatliche Cyber-Sicherheits-Vorsorge nicht. Die Bundeswehr müsse in der Lage sein selbst offensiv zu agieren und vernetzt zu handeln.

2017 wurde der Cyber- und Informationsraum (CIR) der Bundeswehr als eigenständiger militärischer Organisationsbereich aufgestellt, um auf einem digitalen Gefechtsfeld handlungsfähig zu werden. Bei komplexen Vorfällen müsse enger zusammengearbeitet werden, nicht allein mit den Behörden auf Bundesebene, auch mit den Landesbehörden, Telekommunikationsanbietern und Internetprovidern. Bei der Zusammenarbeit mit der Wirtschaft kann nicht allein der Schutz der Wirtschaft verbessert werden, hier bieten sich auch Ansätze um Spezialisten für CIR in Reservedienstleistung zu gewinnen – im beiderseitigen Nutzen.

Im zweiten Impulsvortrag griff Prof. Dr. Patrick Sensburg MdB in einem seiner ersten öffentlichen Auftritte als Präsident des Reservistenverbandes das Tagungsthema auf und folgerte aus dem Verschwimmen der Inneren und Äußeren Sicherheit, dass damit auch die Grenzen in der Arbeit zwischen Militär und Polizei weniger scharf zu trennen sind. Das Trennungsgebot sei aus einer anderen Zeit und bei einem Cyberangriff ist Herkunft und Zweck nicht sogleich erkennbar. Auch die Abwehr terroristischer Angriffe erfordere allzu oft eine Zusammenarbeit von Nachrichtendienst und Polizei, was unter anderen Gesichtspunkten sauber zu trennen war.

Da das Internet mit den sozialen Medien auch als Propagandawerkzeug verwendet wird, bedarf es auch hier besonderer Aufmerksamkeit, also weiteren personellen Einsatzes. Was wiederum den Einsatz von Reservisten erforderlich und möglich macht.

Zusammenarbeit: Polizeipräsident Andreas Stenger bei der Diskussion im Großen Hörsaal zu den Gefahren aus dem Cyberraum

Dies wurde in der nachfolgenden Podiumsdiskussion mit dem Moderator Sascha Stoltenow vertieft und um Aspekte für den Wirtschaftsstandort Deutschland ergänzt. Wobei die fünf Akteure nicht erhöht, sondern im Großen Hörsaal unten standen und erst später das erhöht sitzende Publikum beteiligt wurde.

Wer bei der nachfolgenden Live-Hacking-Vorführung tiefe Einblicke in sonst abgesicherte Systeme erwartete, musste enttäuscht werden, da Stefan Schumacher als Direktor des Magdeburger Instituts für Sicherheitsforschung auch die gesetzlichen Regeln für solche Aktionen kennt und beachtet. Wohl aber testete er mit Kali Linux eine eigene Installation und könnte dies im Auftrag der jeweiligen Besitzer auch bei anderen Systemen ungestraft tun.

Strafbar wären die von Schumacher benannten Hackerangriffe auf eine Stadtverwaltung mit ihren Stadtwerken, Krankenhäuser in Deutschland und England sowie einen großen Cloud Hoster gewesen, wenn man die Hacker und Erpresser gefunden hätte. Wohl eher eine politische Aktion war der Stromausfall 2015 in der Ukraine durch Hackerangriff, bei dem 30 Trafostationen abgeschaltet wurden und 230.000 Ukrainer für Stunden keinen Strom hatten – im Dezember. Der spätere Versuch dort eine Trafostation durch Internetzugriff zu zerstören gelang nicht, wäre aber wohl möglich gewesen.

Cyberangriffe auf die Stromversorgung wären auch in Deutschland möglich und könnten im Extremfall durch die Vernetzung sogar zu einem europaweiten Blackout führten. Diese Gefahr benannte Christoph Unger, Präsident des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), in seinem Vortrag „Mögliche psychosoziale Reaktionen der Bevölkerung auf den Ausfall von Infrastruktur sowie Versorgungsmaßnahmen“. Das Thema und seine Präsentation zeigten, dass das BBK eher für die Versorgung nach Katastrophen eingerichtet ist, aber weniger auf die Gefahrenabwehr durch Cyberangriffe. Wie eine Übersicht zeigte, bedarf dies der Zusammenarbeit mit Polizei, Bundeswehr, Nachrichtendiensten und den Infrastrukturbetreibern.

Foto: Johann Michael Bruhn
Die Rolle der Bundeswehr beim Schutz Deutschlands bei Cyber-Angriffen: Generalmajor Jürgen Setzer trägt vor was zu tun ist

Generalmajor Jürgen Setzer, Stellvertreter des Inspekteurs Cyber- und Informationsraum, zeigte in seinem Vortrag „Die Rolle der Bundeswehr beim Schutz Deutschlands vor Cyber-Angriffen“ die Kernbehörden des Nationalen Cyber-Abwehrzentrums noch genauer auf (MAD, KdoCIR, BKA, BBK, BfV, Bundespolizei und BND) und stellte die wesentlichen, aber vielgestaltigen Aufgaben des KdoCIR vor, wie sie im WEISSBUCH 2016 ZUR SICHERHEITSPOLITIK UND ZUR ZUKUNFT DER BUNDESWEHR festgehalten sind. Da eines der hier wesentlichen Probleme die Gewinnung von Personal ist, zeigte Generalmajor Setzer Maßnahmen dafür auf. Ein Karrierepfad für die Fachlaufbahn Cyber/IT ist eingerichtet und Studiengänge mit Masterabschluss Cybersicherheit sind implementiert. Im Entwurf des Besoldungsstrukturenmodernisierungsgesetz (BesStMG) sind Zulagen für Cyberverteidigung und ITBw verankert. Personalgewinnung und -auswahl muss wesentlich zügiger ablaufen, sonst nehmen Bewerber schnellere Zusagen an. Der Einsatz von Reservedienstleistenden ist zielgerichtet zu unterstützen. Dazu wird auch das Netzwerk Cybercommunity aufgebaut.

Diese Cybercommunity ( https://bundeswehr.community/ ) war ein Schwerpunkt im Vortrag „Das Fähigkeitsprofil der Cyber-Reserve“ von Oberst d.R. Mario Hempel, dem Vorsitzenden der Reservistenarbeitsgemeinschaft (RAG) Cyber. Hier können sich Reservisten und Ungediente mit entsprechenden Vorkenntnissen einbringen. Gegliedert in vier regionale RAG sollen die Themenschwerpunkte „Think Tank“, „Betrieb“, „Konzeption“ und „Lehre“ bearbeitet und mit den dort befindlichen Bundeswehreinheiten zusammengearbeitet werden. Wie beim Tagungsthema wird es auch hier keine strengen Abgrenzungen geben.

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