Herrmanns „Heimspiel“
WEISSENBURG – Joachim Herrmann hatte am Sonntag in Weißenburg gleich in mehrfacher Hinsicht ein Heimspiel. Für den aus Erlangen stammenden Bayerischen Innenminister war der Weg nach Weißenburg zur sicherheitspolitischen Veranstaltung der Kreisgruppe Mittelfranken Süd des Reservistenverbands ein kurzer. Und als Oberstleutnant der Reserve hatte der CSU-Politiker auch den Bezug zur Veranstaltung und ihren Teilnehmern.
Die Reservisten freuten sich auch sehr über den hochrangigen Gast. Klemens Brosig, Landesvorsitzender der Landesgruppe Bayern im Verband der Reservisten der Deutschen Bundeswehr (VdRBw), überreichte Joachim Herrmann für über 40-jährige Mitgliedschaft im Reservistenverband den Porzellanlöwen, die höchste Auszeichnung der bayerischen Reservisten.
Entsprechend begann Herrmann, der seinen Grundwehrdienst in Mellrichstadt und Hammelburg geleistet sowie als Reservist über viele Jahre an Wehrübungen teilgenommen hatte, seinen Vortrag auch passend mit „Liebe Kameradinnen und Kameraden“. Ursprünglich sollte der Vortrag von der bayerischen Sicherheitspolitik handeln, doch seit Ende Februar überschlagen sich bekanntlich die Ereignisse auf unserer Welt.
„Als die Anfrage für diesen Vortrag kam, war von der Ukraine keine Rede“, sagte Joachim Herrmann. Und schlug über die Kriminaltitsstatistik den Weg hin zum sicheren Leben in Bayern. „Es macht eben einen Unterschied, ob ich mich kümmere, ob ich in die Polizei investiere.“ Das Motto „Sicherheit durch Stärke“ möchte Herrmann auch auf die Bundeswehr und die Reservisten übertragen.
Ohne Bundeswehr geht es nicht
Wie er es schon immer gefordert habe, „auch wenn es Leute gibt, die gesagt haben, es sei jetzt ewiger Friede und wir brauchen keine Bundeswehr mehr. Grober Unfug. Wenn es in Weißenburg zwei Jahre nicht brennt, käme ja auch keiner auf die Idee, die Feuerwehr abzuschaffen.“
Und jetzt fühlt sich Herrmann in seiner Ansicht bestätigt. „Wenn jemand mit der Macht Moskaus von historischen Grenzen spricht, dann ist das eine hochgefährliche Situation, da geht es nicht nur um die Ukraine. Wir haben uns in Europa darauf verständigt, die aktuellen Grenzen zu akzeptieren und zu respektieren. Es käme ja keiner auf die Idee, dass Südtirol wieder zu Österreich gehört. Wenn man jetzt Putin zuhört, stellt er das alles infrage.“
Also müssten die Armeen in Europa und damit auch die Bundeswehr sowie die Reservisten gestärkt werden. Denn in der momentanen Situation erfahre man „bittere Lehren“, aus denen man die Konsequenzen ziehen müsse. „Bei einer meiner letzten Wehrübungen bei den Panzergrenadieren in Cham habe ich mit dem Kommandanten gesprochen. Er hat mir gesagt, er müsste eigentlich 80 Panzer haben. 60 sind es tatsächlich, 20 davon fahren wirklich“, erzählte ein zusehends in Wallung geratender Innenminister. „Und so sollen wir uns verteidigen?“
Die von der Ampelregierung angekündigten Sondermittel von 100 Milliarden Euro für die Truppe begrüßte Herrmann „ausdrücklich“, erinnerte aber auch daran, dass seine vor eineinhalb Jahren geforderte personelle Aufstockung der Bundeswehr um rund 20 000 Soldaten noch von jenen Parteien abgelehnt wurde.
Die Bundeswehr besser ausstatten
Jetzt müsse man aber ein „öffentliches Bekenntnis“ zur Bundeswehr ablegen, „wir müssen am Image der Bundeswehr arbeiten und müssen sie besser ausstatten. Ich weiß doch, dass sich die Motivation in der Truppe in Grenzen hält, wenn nur die Hälfte der Panzer fährt“, sagte der Innenminister zum Abschluss seiner gut 45-minütigen Rede, die mit Beifall bedacht wurde.
Rund 160 Teilnehmer waren der Einladung der Kreisgruppe Mittelfranken Süd, die im Wesentlichen die Regionen Weißenburg, Gunzenhausen und Dinkelsbühl bilden, gefolgt. Darunter aktive Bundeswehrsoldaten, Reservisten, Mitglieder des Bayerischen Soldatenbunds, interessierte Privatpersonen und Vertreter der Politik.
Die Mehrzahl der Teilnehmer nahm die am Eingangsbereich ausgehängte Empfehlung der Staatsregierung, freiwillig Maske zu tragen, allenfalls zur Kenntnis. Spätestens, als sich auch Innenminister Herrmann höchstselbst „oben ohne“ in der Karmeliterkirche bewegte, war dieses Thema für die meisten endgültig abgehakt.
Gut gefüllt zeigte sich das Kulturzentrum Karmeliterkirche in Weißenburg bei der Veranstaltung des Reservistenverbands Kreisgruppe Mittelfranken Süd.
Foto: Mathias Hochreuther, Weißenburger Tagblatt
Kreisvorsitzender Christian Schöppl (Solnhofen), der launig durch den offiziellen Teil der rund zweistündigen Veranstaltung inklusive der Ehrungen für langjährige Mitglieder führte, hatte bei der Begrüßung des von Sicherheitspersonal begleiteten Innenministers die ersten (und nicht die letzten) Lacher auf seiner Seite. „So viele Uniformierte in einem Raum, Herr Herrmann, Sie sind hier so sicher wie in Abrahams Schoß.“
In ihren Grußworten versicherten sämtliche Redner, wie wichtig die Bundeswehr und ihre Reserve sind. Natürlich auch immer unter dem Eindruck des Ukraine-Kriegs. „Momentan hat ihr Thema Sicherheitspolitik viel an Bedeutung gewonnen“, sagte Bürgermeisterin Maria Schneller.
Landrat Manuel Westphal zeigte sich erfreut, dass die Veranstaltung nach der Corona-Pause wieder stattfinden konnte, und dankte der Bundeswehr sowie den Reservisten für die Unterstützung im Landkreis im Rahmen der Pandemie. „Aber seit dem 24. Februar steht wieder die Hauptaufgabe der Bundeswehr im Mittelpunkt, und das ist die Verteidigung des Landes und seiner Bevölkerung“, sagte Westphal mit Blick auf den russischen Einmarsch in der Ukraine, „es geht nicht nur um Katastrophenschutz oder Friedensmissionen im Ausland.“
„Reicht das?“
Mit Blick auf die 100 Milliarden Euro, die die Ampelkoalition für die Bundeswehr in Aussicht gestellt hat, stellte Westphal die Frage: „Reicht das?“ Und schob die Antwort hinterher: „Nein, das reicht nicht. Die Bundeswehr braucht wieder einen klaren Auftrag und muss wieder stärker in der Bevölkerung präsent sein. Sie braucht die Anerkennung in der Gesellschaft. Und da kommt den Reservisten als Bindeglied zwischen den aktiven Soldaten und der zivilen Bevölkerung eine ganz wichtige Rolle zu.“
Worte, die auch Thomas Erndl als stellvertretender Präsident des Verbands der Reservisten der Deutschen Bundeswehr (VdRBw) gerne gehört hat. Angesichts der großen Summen, die künftig wieder in die Bundeswehr investiert werden sollen, hofft er auch auf einen großen Rückhalt der Truppe in der Bevölkerung und sieht deshalb auch die Reservistenarbeit im Fokus. „Unsere Werte verteidigen ist nicht nur eine theoretische Angelegenheit. Dazu braucht es Sichtbarkeit im öffentlichen Raum“, so Erndl, beispielsweise bei öffentlichen Gelöbnissen.
Die Versammlung in Weißenburg nutzten die Reservisten, um eine ganze Reihe langjähriger Mitglieder zu ehren. Ganz links im Bild ist Kreisvorsitzender Christian Schöppl, der als Moderator souverän und mit Humor durch die Veranstaltung führte.
Foto: Mathias Hochreuther, Weißenburger Tagblatt
Die Geehrten
40 Jahre: Richard Bauch, Walter Baumgärtner, Jochen Belz, Klaus Beyer, Georg Bickel, Alfred Blischke, Otto Bloos, Josef Christ, Josef Edenharter, Ludwig Emmendörfer, Franz Xaver Färber, Karl Frisch, Friedrich Huber, Hilmar Jakubowicz, Robert Keller, Karl Krauss, Günther Lepp, Edwald Meier, Karl Metz, Hugo Pfeifer, Klaus Pfenninger, Heinz Riedel, Harald Riehl, Helmut Roser, Erich Satzinger, Hans Scheuerpflug, Karl Schmutterer, Michael Schneller, Werner Stiebitz, Anton Ungerer, Robert Westphal, Karl Wild, Fritz Wörlein, Roland Zürl.
50 Jahre: Günter Baumgärtner, Werner Dörsch, Harald Fritsch, Friedrich Kolb, Rudolf Kolb, Manfred Laux, Bernhard Lichei, Walter Neidlein, Günther Raab, Hermann Zeh.
55 Jahre: Rolf Eckart, Karl-Heinz Maag, Volker Mohaupt.
60 Jahre: Lothar Schreiber.
Ehrennadel Bezirk Gold: Gerhard Heining, Klaus Oswald, Reinhard Schwenk.
Ehrennadel Bund Silber: Thomas Stelzer.
Im Rahmen der Ehrungen wurde der Bayerische Innenminister OTL d.R. Joachim Herrmann vom Landesvorsitzenden Oberst d.R. Dr. Klemens Brosig im Namen des Landesvorstands mit dem Porzellanlöwen ausgezeichnet. Der Porzellanlöwe ist die höchste Auszeichnung, die die Landesgruppe Bayern zu vergeben hat.
Die Landesgruppe Bayern bedankt sich damit bei „unserem“ Innenminister für über 40 Jahre Mitgliedschaft im VdRBw und als positiver und eifriger Multiplikator für die Sache der Reservisten bis in die Spitze der Bayerischen Landesregierung.