„Der AKRU ist die Seele der Ausbildung!“
Der neue Berliner AKRU-Vorsitzende benennt die Mängel militärischer Ausbildung und fordert dringend Änderungen ein.
Der Verjüngerungsprozess in der Landesgruppe Berlin hält an. Seit dem 17. Dezember 2018 hat der „Arbeitskreis Reserveunteroffiziere“ (AKRU) einen neuen Vorsitzenden. Mit Stabsfeldwebel d.R. Matthias Graßmel steht dem AKRU nun ein ehemaliger Zeitsoldat mit breiter Ausbildungserfahrung vor. Für den Vierzigjährigen ist die AKRU die „Seele der Ausbildung“.
Mit der Beauftragung durch den Landesvorstand übernahm Stabsfeldwebel d.R. Matthias Graßmel das Amt von Oberstabsbootsmann d.R. Hans Lilge, der die AKRU vier Jahre lang geführt hat. Mit viel Herzblut hat der ehemalige Berufssoldat, der in seiner letzten Verwendung Feldwebel für Reservistenangelegenheiten am Standort Berlin war, die Geschicke des AKRU geleitet. Er wolle sich zwar nicht ganz aus der Reservistenarbeit zurückziehen, aber etwas mehr in die zweite Reihe treten. Landesvorsitzender Oberstleutnant d.R. Frank Eick würdigte Hans Lilge für sein jahrelanges Engagement und betonte, wie sehr ihm die Landesgruppe Dank schulde.
Aufgrund der hohen Anzahl ehemaliger Zeit- und Berufssoldaten, die ein fundiertes Wissen und hervorragende Befähigung mitbringen ist der Berliner AKRU seit Jahren hervorragend aufgestellt. Dadurch ist eine hohe Qualität der militärischen Ausbildung gewährleistet. „Das System, das wir haben läuft und hat sich bewährt“, urteilt Graßmel und will deshalb die Arbeit im Wesentlichen so weiterführen. Die koordinierte Zusammenarbeit unter dem Dach des Reservistenarbeitskreises Militärische Ausbildung (RAK MilAusb) empfindet der AKRU-Vorsitzende als sehr zielführend, möchte diese in manchen Ansätzen jedoch optimieren, um noch mehr Interessenten dafür zu gewinnen.
Matthias Graßmel, ist 1977 in Lübben im Spreewald geboren und trat 1996 in die Bundeswehr ein. Nach der Grundausbildung verpflichtete er sich für 12 Jahre und durchlief die Laufbahn des Feldwebels für Elektronische Kampfführung (EloKa). Nach sieben Jahren beim Fernmeldesektor D in Berlin Gatow wurde er zum Bataillon Elektronische Kampfführung 912 in Nienburg versetzt, wo er seit 2008 nach dem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst nun als Reservist beordert ist. Neben der militärischen Ausbildung hat sich der passionierte Militärhistoriker vor allem den internationalen Märschen verschrieben, die er in Belgien und in Ungarn mit großer Leidenschaft absolviert. Graßmel ist außerdem Geschäftsführer in einem Familienunternehmen und seit 2017 mit Martina Hudalla verheiratet, die sich ebenfalls in der Landesgruppe Berlin engagiert.
Nachwuchsgewinnung sieht der neue AKRU-Vorsitzende als die größte Herausforderung der Reserve. Der AKRU habe bereits begonnen, den Ausbilder-Nachwuchs aus den eigenen Reihen zu rekrutieren. Zielgruppe seien die Unteroffiziere und Feldwebel, die gerade im Rahmen ihrer Beorderung ausgebildet werden bzw. wurden. Diese könnten sich in der nichtbeorderten Reservistenarbeit ausprobieren und so das Gelernte anwenden. Doch auch die Teilnehmerzahlen an den DVags hat Graßmel im Blick, gerade weil sie 2018 teils deutlich nachgelassen haben. Hier möchte er durch Attraktivität und Qualität überzeugen und beurteilt auch die Rekrutierung von Reservisten durch die „Ausbildung von Ungedienten“ als hilfreich.
Das Nachwuchs-Problem verursache vor allem die Aussetzung der Wehrpflicht und die Altersgrenze. Einerseits würden demnächst viele engagierte Kameraden altersbedingt aus der Reservistenarbeit ausscheiden, andererseits kämen aus der aktiven Truppe kaum Reservisten nach. Zeit- und Berufssoldaten interessierten sich erfahrungsgemäß kaum für die Reserve und würden darüber hinaus auch zu spät mit dem Thema konfrontiert. Auch er sei auf die Möglichkeiten der Reserve eher aus Zufall aufmerksam geworden. Die Reserve könne ausscheidenden Soldaten jedoch einiges bieten, ist der Stabsfeldwebel d.R. überzeugt: die vielbesprochene Kameradschaft und die Betreuung ausgeschiedener Soldaten in ihren unterschiedlichen Interessen. Seiner Meinung nach sei Informationsarbeit zur Reserve eine schwierige, aber zentrale Aufgabe, die vor allem auch die aktive Truppe leisten müsse. „Personal ist für uns als Reserve von zentraler Bedeutung!“
Auch innerhalb der Reservistenarbeit werde man „nicht ohne Änderungen auskommen“. Den größten Bedarf sieht Graßmel in der Schießausbildung. Zurzeit sind fast alle beorderten Reservisten und quereinsteigende Zivilisten im neuen Schießausbildungskonzept geschult. Nicht jedoch diejenigen ehemaligen Wehrpflichtigen und Reservisten ohne Beorderungsstelle. „Obwohl die Möglichkeiten dazu bestehen, dürfen wir aufgrund der Vorschriftenlage diese Reservisten momentan nicht umschulen“, stellt Graßmel fest. Damit bestehe jedoch die Gefahr, dass diese Kameraden in der militärischen Ausbildung nicht mehr mitgenommen werden könnten, den Anschluss an die aktuellen Ausbildungsanforderungen verlören und so zu Reservisten zweiter Klasse würden. Hier bestehe seitens der Bundeswehr großer Handlungsbedarf, um auch weiterhin allen Reservisten eine gleichwertige Ausbildung zu ermöglichen, mahnt Graßmel zu Recht.