Integrativer „Pionierdienst“
Berliner Reservisten sind gefragt, interkulturelle Brücken mit zu bauen!
Die Themen Zuwanderung und Integration beherrschen seit Jahren und Monaten die Medien. Eine große Herausforderung, die jedoch nicht immer erfolgreich bewältigt wird. Zu oft sind in der Vergangenheit Parallelgesellschaften entstanden. Die Ursachen dafür sind vielfältig. In Berlin sind davon teils ganze Stadtteile betroffen wie zum Beispiel das „Rollbergviertel“ im Norden Neuköllns. Das Viertel hat etwa 2,28 Hektar, mit 5.300 Einwohnern, die sich auf 2.800 Wohnungen verteilen. 80 bis 90 % der Bewohner sind Muslime und stammen aus türkischen, palästinensischen und libanesischen Großfamilien.
Bereits 2003 haben dort Freunde und Bewohner des Viertels den Förderverein MORUS 14 e.V. gegründet. Im Zentrum der Arbeit stand zuerst das Gemeinschaftshaus in der Morusstraße 14. Ziel war von Anfang an, durch regelmäßige Veranstaltungen, intensive Vernetzungsarbeit und viel Spaß die soziale Integration der Bewohner voranzutreiben und die Bildungschancen der Kinder und Jugendlichen zu erhöhen. Der Bundestagsabgeordnete, Dr. Fritz Felgentreu, der zugleich Landesvorsitzender des Volksbundes Deutscher Kriegsgräberfürsorge e.V. ist und die Berliner Landesgruppe der Reservisten intensiv unterstützt, ist auch seit Jahren engagierter Begleiter von MORUS 14. Regelmäßig ist er Gast bei Veranstaltungen, kocht immer wieder beim wöchentlichen Mittagstisch „Mieter für Mieter“.
Seit 2007 hat MORUS 14 das „Netzwerk Schülerhilfe Rollberg“ entwickelt. Fast im Verhältnis 1:1 betreuen in diesem Projekt etwa 100 ehrenamtliche Mitarbeiter 115 Schüler. Dabei ist nicht wichtig, herausragend in einem Schulfach zu sein. Das Wesentliche sind die Grundlagen: Regelmäßigkeit und Langfristigkeit. „Wir inszenieren Kontinuität in einer brüchigen Welt“, so Geschäftsführer Gilles Duhem. Feste Termine, einen Tag für eineinhalb Stunden die Woche, am besten mindestens für ein Schuljahr. Die Zusammenarbeit verläuft äußerst kommunikativ zwischen der Gruppe, den Eltern und den Lehrern. Wertschätzung und Strukturierung heißen die Lernziele. Die Kinder müssen lernen, was ein Termin ist, was sie machen sollen, wenn sie nicht kommen können. Das hilft auch in der Schule oder später während der Ausbildung. Sollten Probleme auftauchen, gibt es eine zweite, vielleicht eine dritte Chance: dann ist es vorbei. Auch das ist eine pädagogische Erziehung.
Gilles Duhem, der aus Paris stammt, lebt seit 25 Jahren in Berlin, ist der umtriebige Geist des Vereins. Er knüpfte die Kontakte zu Hauptmann Dominik Wullers von „DeutscherSoldat e.V.“ und somit auch auf Umwegen zu den Berliner Reservisten. „Wir sind ein Projekt für ein Dorf“, erklärt Gilles Duhem, „und das Dorf heißt Rollberg“. Auffällig ist dabei ein Paradox: die meisten Kinder und Jugendliche sind von einer die „Männlichkeit“ betonenden Kultur geprägt. In der Realität, selbst bei den Lehrern in den Schulen, gestalten Männer deren Erziehung nur wenig oder gar nicht mit. Im Prinzip ist ihr Heranwachsen von „alleinerziehenden Müttern“ dominiert, weil ihre Väter meist abwesend sind. Es herrscht eine Art „Männlichkeitsdefizit“.
Daher versucht Gilles Duhem schon seit einiger Zeit Bundeswehrangehörige bzw. Reservisten der Bundeswehr für die ehrenamtliche Mitarbeit bei MORUS 14 zu gewinnen. Er ist davon überzeugt, dass diese Personengruppe, die ja auch überwiegend von Männern geprägt ist, Fähigkeiten mit sich bringt, die diese Kinder und Jugendliche brauchen. Soldaten und Reservisten sind es oftmals gewohnt, mit jüngeren Männern umzugehen und deren Leben zu strukturieren, zu organisieren und zugleich verbindlich zu sein. Diese fundamentalen Grundlagen werden in den Familien jedoch oftmals nicht vermittelt. Die Heranwachsenden bewegen sich wie in einem „Aquarium der Großfamilie“ ohne Bezug zur „Außenwelt“. „Was wir hier im Prinzip machen, ist, Brücken zwischen der Innenwelt der Familie und der Außenwelt Deutschland zu bauen“, so Gilles Duhem.
Viele der Jungen träumen davon, bei der Polizei oder Bundeswehr zu arbeiten. Deshalb würde sich MORUS 14 freuen, Mitarbeiter der Polizei oder der Bundeswehr als ehrenamtliche Schülerhelfer zu gewinnen, die auch gerne immer wieder in ihrer Uniform auftreten können. Reservisten würden also einen großen Dienst erweisen, wenn sie sich beispielsweise im „Netzwerk Schülerhilfe Rollberg“ engagierten.
Wie erfolgreich diese Integrationsarbeit sein kann, zeigen einige der Kinder, die bei MORUS 14 ein- und ausgehen. Die 13-jährige Elen kommt aus einer türkischstämmigen Mittelschichtsfamilie. Sie lernt Französisch, spielt Geige und Klavier. Sie ist eine Vorzeigeschülerin. Oder der elfjährige Eren. Er ist gekommen, um sich ein Fahrrad auszuleihen. Auch das geht. MORUS 14 ist eben für vieles im Kiez die erste Adresse. Eren weiß genau, was er will. Er hat gelernt, auf fremde Sachen aufzupassen, ordentlich und pünktlich zu sein. MORUS 14 arbeitet nicht am großen Wurf, sondern versucht klein und beständig, das Große und Ganze mit zu gestalten.
Reservisten zu gewinnen, die an dieser wichtigen gesellschaftlichen Aufgabe mitwirken, wäre eine große Bereicherung, so Gilles Duhem. An Möglichkeiten gäbe es viele: wenn nicht in der Schülerhilfe, dann durch gemeinsame Veranstaltungen oder Camps. Wichtig für die Erziehung wären gerade „soldatische Tugenden“: Ordnung, Struktur, Verbindlichkeit und Ausdauer. Führen durch Vorbild: damit könnten die Reservisten glänzen und ihren Beitrag am Gelingen der Integration leisten.
Ralph Erlmeier
Interesse an weiteren Informationen zu MORUS 14 e.V.
Kontakt: Gilles Duhem
Internet: www.morus14.de
E-Mail: info@morus14.de
Telefon: 030 – 68 08 61 10
Bild und Bildunterschriften: Ralph Erlmeier
Bild 1: Freuen sich auf die Unterstützung Berliner Reservisten: Hauptmann Dominik Wullers (l.) von „DeutscherSoldat e.V.“ und Gilles Duhem (r.) von „Morus 14“ vor einer Karte des „Rollbergviertels“.
Bild 2: Erfolgreiche Vorzeigeschülerin. Die 13-jährige Eylem mit Schülerhelferin Natalie.
Bild 3: Weiß genau, was er will: Mehmet mit seinem Schülerhelfer Christian.
Bild 4: Kocht gerne für das Projekt – Bundestagsabgeordneter Dr. Fritz Felgentreu. Auch immer im Einsatz für die Reservisten.