Britischer Botschaftsrat erklärt Brexit Folgen für Europas zukünftige Sicherheit
Jeder redet derzeit vom Brexit, aber die wenigsten denken dabei an eine veränderte Sicherheitsstruktur nach dem Ausscheiden Großbritanniens aus der Europäischen Gemeinschaft. Hierzu lud die Reservistenkameradschaft RK 15 Berlin Lichterfelde am 27. Juni 2019 den britischen Botschaftsrat David Wallace in das Steglitzer Wrangelschlösschen ein, um aus erster authentischer Hand einmal die gegenwärtige und zukünftige Position Londons zur Europäischen Sicherheitsarchitektur nach dem Brexit erläutert zu bekommen.
Botschaftsrat Wallace, welcher schon am 29. Januar 2019 eine gleichlautende, hochrangig besetzte Konferenz zum Thema in der Britischen Botschaft geleitet hatte, erklärte hierbei deutlich den bisherigen, nicht zu unterschätzenden Anteil Großbritanniens an gemeinsamen EU-PeaceKeeping Operationen im Verbund der gesamteuropäischen Verteidigungskonzeption. So liegt z.B. der britische Anteil der Airborne-Kapazitäten europäischer Streitkräfte bei ca. 50 Prozent. Ebenso stellte London bisher auch in anderen militärischen Bereichen einen kaum kompensierbaren Anteil militärischen Know Hows zur Verfügung. Der Abzug erfahrender britischer Führungskräfte aus der EU-Kommandostruktur, sowie die Schließung von gemeinsamen Kommandozentralen auf britischem Boden und deren Verlagerung auf das europäische Festland haben den EU Partnern in letzter Zeit den militärischen Wert des Bündnispartners deutlich vor Augen geführt.
Wallace führte jedoch auch an, dass wichtige militärstrategische Kompetenzen weiterhin im Rahmen der NATO-Bündnisverpflichtung der Europäischen Verteidigungsarchitektur zur Verfügung stehen, jedoch nach dem Brexit einer deutlichen Verlagerung zu Gunsten nationalstaatlicher Strategien unterzogen werden. Der britische Gast betonte hierbei auch, dass im Rahmen der Brexit Vorbereitungen durchaus kontroverse Diskussionen zwischen den EU-Partnern und London zum jeweiligen Anteil an einer gemeinsamen Sicherheitsstrategie geführt werden.
Großbritannien, so Botschaftsrat Wallace, fühlte sich nach wie vor in der gemeinsamen Verantwortung zur Verteidigung Europas verpflichtet, entwickle jedoch unter den geänderten Vorzeichen eigene Prämissen. In diesem Zusammenhang wurde auch die komplexe Problematik der Entflechtung bisher gemeinsam gestalteter Rüstungsprojekte angesprochen, welche nicht nur für die britische Wirtschaft z.T. erhebliche Folgen haben wird, an deren Kompensierung man arbeitet.
Die engagierte Diskussion mit dem kompetenten Gast am Ende seines Vortrages verdeutlichte umso mehr das starke Bedürfnis, sich über dieses sicherheitspolitische Thema auszutauschen, zumal die von der RK 15 ausgegebene Chatham House Rule für eine freie Rede mit durchaus kontroversen, sachlich vorgetragenen Ansichten sorgte.