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loyal-Ausgabe Juli/August 2022




„Europa hat nichts gelernt aus Srebrenica“

von André Uzulis aus Bosnien

Das Massaker von Srebrenica war das größte Kriegsverbrechen in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg. Echte Versöhnung zwischen Serben, Kroaten und Bosniaken ist nicht in Sicht. Im Gegenteil. Eine un-aufgearbeitete Vergangenheit stößt auf eine ungewisse Zukunft.

Das Dorf Nova Kasaba liegt im Osten Bosnien-Herzegowinas fernab von allem. Ein vernachlässigter Fußballplatz mit stoppeligem Rasen und von Rost angefressenen Toren ist das einzige Vergnügen. Der verwaiste Sportplatz war Ort eines Menschheitsverbrechens. 1995 trieben bosnische Serben hier tausend Bosniaken zusammen. Am 13. Juli 1995, einem Donnerstag, entdeckten niederländische Soldaten des zur UN-Truppe in Bosnien gehörenden Dutchbats die auf dem Rasen kauernden Jungen und Männer. Es war die größte Gruppe von Gefangenen, die die Niederländer je gesehen hatten, seit sie die von bosnischen Serben zusammengestellten Deportationskonvois im Osten Bosniens eskortierten. Das war das einzige Zugeständnis, das der bosnisch-serbische Oberbefehlshaber General Ratko Mladić dem niederländischen Bataillonskommandeur Oberstleutnant Thomas Karremans gemacht hatte: Die Holländer durften zuschauen, wie die Serben Moslems, die hier Bosniaken genannt werden, selektierten und fortschafften.

Am Abend des 13. Juli 1995 zwangen bosnische Serben eine Gruppe niederländischer Soldaten, in Nova Kasaba zu übernachten. Zwischen halb drei und halb vier in der Frühe hörten die UN-Soldaten Salven aus Handfeuerwaffen aus Richtung des Sportplatzes. Am nächsten Tag sahen sie dort 500 bis 700 Leichen. Ein US-Spionageflugzeug, das wenige Tage später Nova Kasaba überflog, fotografierte auf einem Acker in der Nachbarschaft frisch ausgehobene Erde. Es waren Massengräber. Als im August 1995 der amerikanische Journalist David Rohde in die Gegend kam, entdeckte auch er frische Grabungsspuren, ein in Verwesung übergegangenes menschliches Bein, das aus der umgegrabenen Erde ragte, sowie Ausweispapiere, muslimische Glasperlen und leere Munitionskisten.

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Der Sportplatz von Nova Kasaba war Teil des Genozids, das als das Massaker von Srebrenica in die Geschichte eingegangen ist. Bosnische Serben unter dem Kommando von Ratko Mladić töteten innerhalb weniger Tage 8.000 männliche bosnische Moslems, die sie zuvor unter den Augen der niederländischen Blauhelme von ihren Frauen, Müttern und Schwestern getrennt hatten. Srebrenica wurde zum furchtbaren Symbol für den Bosnienkrieg Mitte der 1990er-Jahre: der größte Massenmord in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg. Der Kriegsverbrecher Ratko Mladić konnte erst 2011 in Serbien festgenommen und vor den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag gestellt werden. Er bekam für seine Taten lebenslänglich.

Nach Nova Kasaba, wo vor dem Genozid 814 Bosniaken lebten (damals 78 Prozent der Dorfbevölkerung), sind nur gut 50 zurückgekehrt. Die meisten Einwohner sind nunmehr Serben. Die Gegend gehört zur Republika Srpska, einer der autonomen Regionen Bosniens, mehrheitlich von Serben bewohnt.

Das Tal von Srebrenica ist heute ein riesiger Friedhof. Hier wurden die 8.000 Jungen und Männer bestattet, deren verscharrte Gebeine man in den Wäldern und Äckern in der Umgebung, so wie in Nova Kasaba, gefunden hat. Auf der Straße gegenüber stehen die leeren Hallen einer jugoslawischen Batteriefabrik, in der sich zuletzt die niederländischen Blauhelmsoldaten der UN-Schutzzone Srebrenica vor den heranrückenden Serben verschanzt hatten. Die Schutzzone hätte eigentlich ein sicherer Hafen für die Bosniaken sein sollen. Auf dem Industriegelände fanden nach der Einnahme durch Mladićs Truppen die Selektionen statt. Frauen und Mädchen wurden vergewaltigt und dann von den Serben in bosniakisch kontrolliertes Gebiet gebracht. Die Jungen und Männer wurden erschossen. Ihre sterblichen Überreste ruhen jetzt diesseits der Straße auf dem Friedhof.

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