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loyal-Ausgabe Mai 2023




In Europas Hinterland

Aus Niger berichten André Uzulis (Text) und Stephan Pramme (Foto)

Im Sahel entscheidet sich womöglich das Schicksal Europas. Die Bevölkerung dort wächst rasant. Viele Menschen machen sich illegal auf den Weg nach Europa. Internationale Polizei- und Militärmissionen sollen helfen, das zu verhindern. Islamisten breiten sich aus, die Organisierte Kriminalität grassiert, Moskaus Einfluss wächst. Sicherheitspartner der Zukunft für den Westen ist Niger – eine der wenigen halbwegs funktionierenden Demokratien in der Region.

Elisabeth Haritchelhar ist eine Polizistin, der man im Zweifel besser nicht widerspricht. Die Französin ist ebenso freundlich wie durchsetzungsstark. Nimmt sie jemanden fest, liegt der Verdächtige schneller mit Handschellen auf dem Boden, als er denken kann. Elisabeth wird hier von allen geduzt, und alle haben Respekt vor ihr. Alle: Das sind ein Dutzend junger Polizisten aus dem Niger, die sich von der Französin Festnahmetechniken zeigen lassen.

Die heiße Luft steht im Judosaal der Alliance Française in Agadez am Rande der Sahara. Das französische Kulturinstitut ist an diesem Vormittag Ausbildungsstätte für den nigrischen Polizistennachwuchs. Sie kommen aus Diffa im Südosten Nigers an der Grenze zu Nigeria. Diffa ist immer wieder Ziel islamistischer Boko-Haram-Terroristen aus dem Nachbarland. Polizisten haben es dort schwer. Deshalb muss jeder Handgriff sitzen, wenn es darauf ankommt. Dafür ist Elisabeth genau die Richtige. Sie zeigt ihren Schützlingen, wie das geht: eine Hand an den Oberkörper des Verdächtigen, die andere an den Arm, diesen rasch gedreht, das Gegenüber zu Boden gedrückt, ehe es sich wehren kann, Handschellen angelegt, dann aufrichten und nach Waffen durchsuchen. Das Prozedere dauert keine 30 Sekunden. Elisabeth macht es vor. So schnell lagen die jungen nigrischen Uniformierten, hier ist keiner älter als 25, noch nie am Boden. Dann dürfen die Schüler selber buchstäblich Hand an ihre Kameraden anlegen. Erst mimt der eine den Polizisten und der Kollege den Bösewicht, dann wird gewechselt. Den ganzen Vormittag geht das so.

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„Mir macht das Ausbilden große Freude“, sagt Elisabeth in einer Übungspause. „Die Jungs hier sind alle supernett und dankbar. Wir verstehen uns.“ Sie ist schon lange in dieser Stadt, in der die Häuser aus Lehm und die Straßen aus dem roten Sand der Erde sind. Der puderfeine Staub des Laterits, ein Verwitterungsgestein, dringt durch alle Ritzen. Bald muss sie wieder zurück nach Frankreich. Elisabeth ist Offizierin der französischen Nationalpolizei, und für die wirft ein Großereignis seine Schatten voraus: die Olympischen Spiele in Paris im nächsten Jahr. Ganz sicher, dass da Polizisten von der Zugriffskraft einer Elisabeth Haritchelhar gebraucht werden. Ihre nigrischen Schützlinge werden ihre Mentorin vermissen.

Agadez liegt fast in der Mitte des Niger, hat offiziell 200.000 Einwohner, inoffiziell sind es wahrscheinlich 50 Prozent mehr. Die historische Moschee im Zentrum mit dem vor bald 500 Jahren gebauten, unverwechselbaren Minarett ist Wahrzeichen des ganzen Landes und Weltkulturerbe. Früher orientierten sich die Karawanen an der weithin sichtbaren Landmarke wie Schiffe an einem Leuchtturm. Der deutsche Afrikaforscher Heinrich Barth erreichte 1850 die Stadt und war der Erste, der sie wissenschaftlich beschrieb. Noch heute gibt es ein Barth-Haus in Agadez, noch immer wird der Hamburger Fleischersohn hier verehrt.

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