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Merlyn Aldenhoff und Gideon Hemmstedt wollen Offizier werden. loyal hat sie beim Auswahlverfahren in der Mudra-Kaserne in Köln begleitet.
 
von Julia Egleder
 
Gideon Hemmstedt ist schon seit mehr als einem Jahr bei der Bundeswehr. Der 21-jährige Hauptgefreite arbeitet als Freiwillig Wehrdienstleistender im Sanitätsregiment 1 in Berlin. Doch das reicht ihm nicht mehr. Hemmstedt gefällt es in der Truppe so gut, dass er jetzt Offizier werden möchte. Sein Plan: Er würde gern Psychologie studieren und später Soldaten, die aus dem Einsatz kommen, als Truppenpsychologe betreuen. Deshalb ist er nach Köln gekommen, an einen Ort, an dem sich schon Hunderttausende berufliche Schicksale entschieden haben. Hier in der Mudra-Kaserne im Kölner Stadtteil Westhoven wählt die Bundeswehr diejenigen aus, die Offizier werden können.

10.400 junge Männer und Frauen haben sich im vorigen Jahr als Offizier beworben. Für sie gab es 2.450 Stellen – die Bundeswehr stellte also nur jeden vierten Bewerber ein. "Nicht jeder Entscheider hat einen Dienstwagen" oder "Nicht jeder Manager sitzt am Schreibtisch" – mit Slogans wie diesen wirbt die Bundeswehr für den Offizierberuf. Auf Plakaten ist dazu eine junge Frau vor einem U-Boot oder ein junger Mann in einem Cockpit zu sehen. Die Botschaft: Die Truppe sucht zwar Entscheider und Managertypen und unterscheidet sich damit nicht von Unternehmen, ist aber trotzdem ein besonderer Arbeitgeber. Schließlich müssen Offiziere in den Auslandseinsatz und mit Waffensystemen umgehen können. Das war bis vor wenigen Jahren noch anders. Da versuchte sich die Bundeswehr als Arbeitgeber wie jeder andere darzustellen. Doch viele Bewerber waren dann von der Realität und der militärischen Ausbildung wenig angetan und gingen vorzeitig. Nun also betont die Truppe wieder ihren Marken- und Wesenskern: das Militärische.
 

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Köln, ein nasskalter Tag Anfang dieses Jahres, es ist der erste Tag des Auswahlverfahrens. Gemeinsam mit Gideon Hemmstedt sitzen 15 junge Männer und sieben Frauen im Assessment Center der Bundeswehr, der heutigen Bezeichnung der früheren Offizierbewerber-Prüfzentrale (OPZ) in der Mudra-Kaserne. Die Szenerie wirkt wie in einer Oberstufenklasse. Die meisten Bewerber tragen Jeans, Hemden oder Pullover und Turnschuhe. Sie sind noch Schüler und wollen in ein paar Monaten ihr Abitur ablegen. Mit seiner Uniform hebt sich Gideon Hemmstedt von den anderen deutlich ab.

Oberleutnant Vitali Aul steht an einer Tafel und berichtet, was bei der Bundeswehr möglich ist: Die Offizierlaufbahn biete 29 unterschiedliche Verwendungen und 39 verschiedene Studiengänge, erklärt der Prüfoffizier. Vor allem technische Studiengänge sowie Medizin und Psychologie seien sehr begehrt. Das ist eine schlechte Nachricht für Gideon Hemmstedt, denn damit ist klar, dass er zu den absolut besten Bewerbern gehören muss, um Psychologie studieren zu können. Ihm und den anderen jungen Leuten wird schnell deutlich, dass es nicht leicht wird, in der Kölner Kaserne zu bestehen. 

"Offizier ist ein besonderer Beruf"
Die Anforderungen an studierende Offiziere sind hoch. Der Zeitplan ist straff, Ferien gibt es kaum und wer zweimal eine Prüfung nicht besteht, ist raus. Den "Master"-Abschluss gibt es nach vier statt nach fünf Jahren wie an zivilen Unis üblich. Andererseits verdienen studierende Soldaten – und zwar nicht schlecht. Der Sold beträgt monatlich mindestens 1.200 Euro netto. Zudem wohnen die Soldaten kostenlos in der Kaserne. Nach dem Studium, berichtet Vitali Aul den gebannt zuhörenden Bewerbern, warte ein fester Arbeitsplatz mit viel Verantwortung. "Sie müssen sich darauf einstellen, dass Sie später auch im Ausland eingesetzt werden können", sagt er. Die Bewerber schreiben mit, saugen das Gehörte auf. Auls Botschaft: Offizier ist ein besonderer Beruf. Nur wer Leistung bringt, wird genommen.

Genau das will Merlyn Aldenhoff: Leistung bringen, Offizier werden. Der 19-jährige Gymnasiast aus Schleswig macht in wenigen Monaten Abitur. Für die drei Auswahltage bei der Bundeswehr in Köln hat er sich von seiner Schule vom Unterricht befreien lassen. Aldenhoff würde gern Maschinenbau studieren und später als technischer Offizier in der Luftwaffe arbeiten. Die Bundeswehr, so berichtet er, kenne er schon ein bisschen. Sein Stiefvater habe ihm von der "schönen Zeit" beim Bund erzählt. Das soll es für ihn nun auch werden, eine schöne Zeit, ein guter Job, in dem er, wie er sagt, fit bleiben und in der Welt herumkommen will. Aldenhoff hat einen Plan und die meisten seiner Mitschüler zu Hause, erzählt er, fänden das gut. Einige von ihnen wollten selbst Soldat werden.

Das ist erstaunlich, heißt es doch immer wieder, die Bundeswehr habe Nachwuchssorgen. Sechs Jahre nach Aussetzung der Wehrpflicht meldeten sich immer weniger Männer und Frauen zum freiwilligen Dienst an der Waffe, berichtete etwa das "Managermagazin" im November. Ein Jahr zuvor schrieb die "Zeit", die Bundeswehr sei bei jungen Menschen unbeliebt und fände zu wenige Rekruten.

Bundeswehr kann noch immer ihren Bedarf an Offiziernachwuchs decken
Richtig ist, dass junge Männer durch den Wegfall der Wehrpflicht heute nicht mehr automatisch in Kontakt mit der Bundeswehr kommen. Außerdem brummt die Wirtschaft, Auszubildende werden überall gesucht. Gleichwohl kann die Bundeswehr noch immer ihren Bedarf an Offiziernachwuchs decken. Im vergangenen Jahr gab es 4.000 Stellen und dreimal so viele Bewerber. Vor sieben Jahren kamen allerdings noch sechs Bewerber auf eine Stelle. Doch damals existierte noch die Wehrpflicht, und es herrschte noch kein Arbeitskräftemangel wie heute.

Es ist Abend geworden. Oberleutnant Vitali Aul beendet den ersten Tag mit wichtigen Informationen für den folgenden Tag. "Morgen gibt es um 5.45 Uhr Frühstück, um 6.10 Uhr beginnt der erste Test", erklärt er den Bewerbern. "Wenn Sie zu dieser Zeit noch nichts essen können, dann packen Sie sich etwas ein. Es wird ein langer Tag, und Sie werden Energie brauchen."
 
Vom Aristokraten zum Mitarbeiter
Der Beruf des Offiziers hat in den vergangenen Jahrhunderten einen gewaltigen Imagewandel erfahren. Bis Anfang des 19. Jahrhunderts wurden in das preußische Offizierskorps ausschließlich Adelige aufgenommen. Auch später galt der deutsche Offizier als aristokratisch im Auftreten, königstreu und national gesinnt, eine geistige und moralische Elite, als die sich die Offiziere bis in die Wehrmachtszeit auch selbst verstanden. Mit der Aufstellung der Bundeswehr wandelte sich dieses Bild. Laut Wolf Graf von Baudissin, dem geistigen Vater der "Inneren Führung", sollte sich der Offizier als Bürger verstehen und seine Soldaten als "Mitarbeiter" betrachten.

Doch eines änderte sich auch nach dem Zweiten Weltkrieg nicht: Das Offizierskorps blieb eine kleine Gruppe. Mitte der 1960er waren von 400.000 Bundeswehrsoldaten nur 20.000 Offiziere. Die Offiziere machten also nur fünf Prozent der Truppe aus. Das hatte seinen Grund: Im Kalten Krieg brauchte die Bundeswehr viele Mannschaftssoldaten, die von wenigen Offizieren ins Feld geführt werden sollten. Das änderte sich in den 1990er Jahren: Die technische Entwicklung schritt voran, in Auslandseinsätzen waren immer mehr Spezialisten gefragt. Die Zahl der Offiziere stieg. Im Jahr 2012 waren 18,3 Prozent der Soldaten Offiziere, fünf Jahre später bereits 23,8 Prozent, also jeder vierte Soldat.

Immer mehr Häuptlinge bei immer weniger Indianern – das findet nicht jeder gut. Bei der großen Zahl von "Häuptlingen" könnten viele von ihnen gar keine Führungsverantwortung mehr übernehmen, sagt ein Offizier aus Köln. Genau das ist es aber, was jungen Bewerbern versprochen wird. Besser wäre es, so erklärt der Offizier, die Bundeswehr würde sich wieder auf ihren "Kernauftrag", das Kämpfen, konzentrieren und sich nicht mit der Übernahme von immer mehr "militäruntypischen Aufgaben" verzetteln. Darunter zählt er zum Beispiel diplomatische Aufgaben oder Entwicklungszusammenarbeit, wofür Experten erforderlich sind, die aufgrund ihrer akademischen Qualifikation in die Laufbahngruppe der Offiziere eingestuft werden müssen.

[…]
 
Wie es am zweiten Tag weitergeht, lesen Sie ab Dienstag, 27. März, hier an dieser Stelle.

 

Bild oben:
Beim dreitägigen Auswahlverfahren gibt es nur wenige
Verschnaufpausen. Gideon Hemmstedt (Mitte, in Uniform)
wartet im Aufenthaltsraum auf die nächste Prüfung. Die anderen
Bewerber gehen fast alle noch zur Schule und machen in diesem Jahr Abitur.
(Foto: Jonas Ratermann)
 
Bild Mitte:
Wie alle Bewerber muss Merlyn Aldenhoff einen Intelligenztest
am Computer machen. Bruchrechnen, Wurzelziehen, Zahlenreihen
vervollständigen – für ihn ist das kein Problem.
(Foto: Jonas Ratermann)
 
Bild unten:
Teamfähig, redegewandt und durchsetzungsstark –
so soll ein Offizier unter anderem sein. Um seine Eloquenz
unter Beweis zu stellen, muss Gideon Hemmstedt vor den
anderen Bewerbern einen Vortrag halten. Er wird dabei von
einem Psychologen und einem Offizier bewertet.
(Foto: Jonas Ratermann)
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