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Aus der aktuellen ‚loyal‘: „Es geht um die Anerkennung von Lebensleistungen“




Ein Veteran soll künftig jeder sein, der als Soldat gedient hat. Der Reservistenverband will diesen Kameraden eine Heimat bieten. Ein Gespräch mit Staatssekretär Peter Tauber und Verbandspräsident Oswin Veith über Fragen, die zehn Millionen Gediente bewegen.

Herr Staatssekretär, Herr Präsident, seit 2012 schwelt die Debatte um den Begriff „Veteran“. Nun hat die Verteidigungsministerin das Thema plötzlich zur Chefsache erklärt. Warum gerade jetzt?
Tauber: Wenn wir über den Begriff "Veteran" sprechen, dann steckt dahinter doch die Debatte, wie wir nicht nur als Dienstherr, sondern auch als Gesellschaft mit unseren Soldatinnen und Soldaten – auch den ehemaligen – umgehen. Das ist ein hochemotionales Thema. Nachdem der damalige Verteidigungsminister Thomas de Maizière 2012 den Begriff, der in Deutschland ja bislang keine Tradition hat, das erste Mal aufgegriffen hatte, entbrannte eine heftige Diskussion. Sie fand allerdings abseits der Öffentlichkeit statt, fast ausschließlich in der Bundeswehr, unter ehemaligen Soldaten und hier vor allem seitens derjenigen, die sich selbst als Veteranen sehen. Nachdem Ursula von der Leyen das Amt übernahm, hat sie entschieden, die Debatte zunächst laufen zu lassen.

Das heißt, sie wollte keine Entscheidung treffen?
Tauber: Sie hat sich für die Diskussion entschieden, und das war richtig. Denn: Die Definition kann nur aus der Mitte der aktiven und ehemaligen Soldatinnen und Soldaten kommen. Wir können den Menschen nicht vorschreiben, als was sie sich fühlen dürfen und als was nicht. Das sollte auch untereinander gelten. Außerdem: Durch die Diskussion haben wir Menschen erreicht, die sich der Bundeswehr und den Männern und Frauen in Uniform verbunden fühlen. Und das sind mehr, als man denkt. Eine gute Sache, wie ich finde.

Veith: Dass es das Bedürfnis nach einem Begriff gibt für das, was unsere Soldatinnen und Soldaten in den Einsätzen leisten, ist schon lange klar. Aber die Vielzahl an kleinen Vereinen und Verbänden auf diesem Feld zeigt auch, wie unterschiedlich die Auffassungen waren. Da braucht es einfach Zeit für einen Findungsprozess. Gerade in einer so grundsätzlichen Frage. Da geht es um die Anerkennung und Wertschätzung von Lebensleistungen. Vor diesem Hintergrund war es richtig, die notwendigen Debatten erst einmal laufen zu lassen. Inbesondere, da damals die Gefahr nicht auszuschließen war, dass ohne diese Debatten das Band der Kameradschaft bis an die Grenzen seiner Reißfestigkeit gespannt worden wäre.


 
Was hat sich seitdem verändert?
Tauber: Auch wenn es noch unterschiedliche Vorstellungen geben mag, so habe ich doch erlebt, dass viel miteinander gesprochen wurde. Mir ist ein Beitrag aus der loyal in Erinnerung, bei der eine Reservistenkameradschaft gemeinsam mit dem Bund Deutscher EinsatzVeteranen eine Veranstaltung gemacht hat. Ich würde es gut finden, wenn dieses gegenseitige Verstehen weiter wächst, denn am Ende haben doch alle ein gemeinsames Ziel: Mehr Wertschätzung und Unterstützung für die Männer und Frauen der Bundeswehr – auch für diejenigen, die sich über ihren Dienst hinaus der Truppe verbunden fühlen. Außerdem ist der Veteran, wie gesagt, in der Öffentlichkeit angekommen. Inzwischen berichten viele Medien über Soldaten, die aus dem Einsatz zurück sind und sich selbst ganz natürlich als Veteranen bezeichnen.

Veith: Allerdings zeichnen die Medien häufig ausschließlich das Bild des Veteranen als verwundeter Rückkehrer. Aber: Viele kommen verändert und dennoch gesund aus dem Einsatz zurück. Das ist also zum Glück nur ein kleiner Teil der Geschichte, den die Medien da erzählen, aber ohne Frage ein wichtiger, bei dem geholfen werden muss. Und genauso wenig dürfen wir die vergessen, die nicht im Auslandseinsatz waren und dennoch ihren – oftmals harten – Dienst im Inland geleistet haben.
Tauber: Wenn Sie das bronzene Buch der Gefallenen am Ehrenmal der Bundeswehr aufschlagen, sehen Sie da zu Zeiten der Nato-Großmanöver des Kalten Krieges teils mehr als hundert Namen pro Jahr. Auch in diesem Jahr sind leider wieder Kameraden bei Manövern verstorben. Und auch dort kommen Soldaten zu Schaden. Sie und ihre Familien haben ebenfalls unsere ganze Fürsorge und Unterstützung verdient. Das alles zeigt: Es gibt keinen "normalen" Dienst. Der Soldatenberuf ist außergewöhnlich und fordert außergewöhnliche Opfer. Egal, wie und wo er ausgeübt wird. Das müssen wir in die Bevölkerung tragen.

In weiten Teilen der Bevölkerung spielt die Bundeswehr doch heute kaum noch eine Rolle. Wie soll das also gehen?
Veith: Das ist der Kernauftrag des Reservistenverbands. Mit der gelben Schleife für die Aktiven und dem Eisernen Kreuz für Ehemalige tragen wir die Anerkennung in die Gesellschaft. Die Kameraden in Bayern marschieren eine ganze Woche durch das Land und setzen ein Zeichen für unsere Männer und Frauen im Einsatz. Heute hängt die Gelbe Schleife nun in der bayrischen Staatskanzlei. Unsere Reservistenarbeitsgemeinschaft "Military Brotherhood Germany" hat den Marsch des Gedenkens ins Leben gerufen und der Dienstherr hat ihn zusammen mit uns umgesetzt. So etwas hätte es vor fünf Jahren nicht gegeben. Da ist für jeden Gefallenen im Wald des Gedenkens ein Kamerad mit dessen Namensschild marschiert, meist aus der Einheit des Gefallenen, oft direkte Kameraden. 110 Gefallene, 110 Kilometer, von Sachsen-Anhalt bis nach Berlin hinein, mittig über den Kurfürstendamm bis zum Ehrenmal am Verteidigungsministerium.

Tauber: Und das ist es, wie ich mir die Veteranenarbeit auch im Reservistenverband vorstelle. Wir haben eine gute, lange Reservistentradition. Und im Zuge der Landes- und Bündnisverteidigung wird die Reserve wieder wichtiger. Für die Veteranen gilt: Da kann es keine Kameraden zweiter Klasse geben. Wir sind alle Kameraden, tragen dieselbe Uniform. Und die nun gefundene offene und weite Definition des Begriffs entledigt uns ja nicht der Aufgabe, für jeden Veteranen Angebote und Maßnahmen bereitzustellen, die für ihn passen.
 

Kritiker werfen dem Reservistenverband oft vor, das sei alles bloße Symbolpolitik. Wie bewerten Sie das, Herr Veith?
Veith: 2015 haben wir den Veteranenbegriff in unsere Satzung aufgenommen. Bei Gesetzes- und Verordnungsmitzeichnungen, an denen der Verband standardmäßig beteiligt ist, in direkten Gesprächen auf Arbeitsebene und mit der Führung des Ministeriums, im Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestages, in dem ich der Berichterstatter für das Thema Veteranen bin – überall dort haben wir den Boden bereitet. Als Verband haben wir aber auch eine Doppelfunktion: Wir stellen unsere Positionen dar, leihen aber auch Anderen unsere Stimme in diesen wichtigen Entscheidungsprozessen. Dazu haben wir seit jeher unser Ohr dicht an der Community, zum Beispiel in unserer jahrelangen, engen Zusammenarbeit mit dem Bund Deutscher EinsatzVeteranen, deren Arbeit wir auch finanziell unterstützen. Unsere Forderungen darzustellen, aber auch die Meinungen und Bedürfnisse unserer Partner nochmal zu erklären, ist uns hier wichtig. In Deutschland funktioniert Politik gerade nicht wie im Film: Es kriegt nicht immer der Lauteste Recht.
Tauber: Gott sei Dank!

Böse Zungen würden sagen, die neue Veteranen-Definition ist nur die Beruhigungspille des Ministeriums für die Veteranen. Wie geht es nun weiter?
Tauber: Zwei Dinge sind wichtig: Wir tun bereits viel für diejenigen, die sich als Veteranen sehen und so nennen. Doch natürlich denken wir weiter nach, wo es Handlungsbedarf gibt. Zum Beispiel ganz klar bei der gesellschaftlichen Anerkennung. Die Ministerin hat dazu ja deutliche Worte gefunden. Wir sollten uns nicht um interne „Abgrenzungsfragen“ kümmern, sondern darum, in der Politik Mehrheiten für eine veteranenfreundliche Politik zu schaffen. Da kann der Reservistenverband helfen wie kaum ein anderer.

Veith: Auftrag erkannt. Was ich mir vorstelle, ist ein Rat für Veteranenarbeit, der einen festen Ort bietet, an dem Meinungen ausgetauscht und gebündelt werden können. Über diesen möchte ich auch die Ressourcen des Verbandes, von der Beteiligung an Gesetzesvorhaben über die Organisationsstruktur bis hin zu den Finanzmitteln, den Veteranenverbänden zugänglich machen. Bislang ging das nur in Einzelabsprache ohne große Planungssicherheit für die Verbände. Das sollten wir auf feste Füße stellen. An der Spitze muss meines Erachtens eine neutrale, unabhängige Führungsfigur stehen. Ich denke da an einen General a.D., der direktes Vorspracherecht in der Leitungsebene des Verteidigungsministeriums im Namen des Rates hätte.
 
Herr Staatssekretär, Herr Präsident,
vielen Dank für das Gespräch.

 

Bild oben:
Oberst d.R. Oswin Veith MdB (l.)
ist Präsident des Reservistenverbandes.
Oberleutnant d.R. Peter Tauber ist Parlamentarischer
Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium.
(Foto: BMVg)

Bild Mitte:
Bundeswehrsoldaten in Gao (Mali): Die Medien
zeichnen häufig ausschließlich das Bild des Veteranen
als verwundeter Rückkehrer, sagt Verbandespräsident Oswin Veith.
Doch auch die anderen Soldaten dürften nicht veressen werden.
(Foto: Dominik Nahr/Bundeswehr)

Bild unten:
Gelöbnis auf dem Paradeplatz des Verteidigungsministeriums
in Berlin: Der Soldatenberuf ist außergewöhnlich und
fordert außergewöhnliche Opfer, egal, wie und wo er ausgeübt wird,
sat Staatssekretär Peter Tauber.
(Foto: Sebastian Wilke/Bundeswehr)

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