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Aus der aktuellen ‚loyal‘: Im Herzen der Logistik – Teil 2




Fortsetzung (Hier Teil 1 lesen):

Die Logistikbasis Einsatz, wie das NSE auch genannt wird, befindet sich in einer Zeltstadt nahe des Flughafens Oslo Gardermoen. Es ist der Dreh- und Angelpunkt für den deutschen Einsatz in Norwegen. Oberst d.R. Frank Preuß führt das deutsche National Support Element. "Ich empfinde das durchaus als Ehre", sagt der Reserveoffizier, der in seiner Laufbahn unter anderem als Bataillonskommandeur des schweren Pionierbataillons 160 Minden, als Dezernatsleiter beim Streitkräfteunterstützungskommando und als Inspizient für Ausbildung Streitkräfte gedient hat. An seiner Seite arbeiten als S-3-Stabsoffizier Oberstleutnant d.R. Thilo Utermark und vier weitere Reservisten: Oberleutnant zur See d.R. Timo Osterloh, Stabsfeldwebel d.R. Herbert Bäcker, Oberstabsfeldwebel d.R. Hans-Dieter Geiger d.R. und Oberstabsgefreiter Staes. Die Stabsarbeit der Reservisten wirkt nicht spektakulär, ist aber ein bedeutender Beitrag.

Von Benjamin Vorhölter und Julian Hückelheim

Zum NSE gehören das Logistikbataillon 172 aus Beelitz, einer Sanitätskompanie des Sanitätslehrregiments Feldkirchen, IT-Kräften und ein Feldjäger-Zug. Es ist dafür zuständig, die Logistik zu den Versorgungseinheiten in den Gefechtsräumen zu koordinieren, um diese mit Fahrzeugen, Material, Treibstoff und Ersatzteilen zu versorgen. Zudem betreibt das NSE die IT der Bundeswehr-Kräfte, hält Kontakt zu sämtlichen zivilen Behörden, zur norwegischen Polizei, zur Feuerwehr und zu Krankenhäusern vor Ort. Darüber hinaus ist das NSE zentraler Versorgungsdienstleister für den Bedarf aller Einheiten im Land. Die Versorgungskette von der Heimat über das NSE bis zum Einsatzraum wird von der Streitkräftebasis betrieben, während im Einsatzraum selbst die Heereslogistik übernimmt. Damit unterscheidet sich die Organisation der Logistik in Norwegen nicht von derjenigen bei einem Auslandseinsatz wie zum Beispiel Afghanistan.

Wir begeben uns auf einen Rundgang durch das Camp Gardermoen. In jedem Winkel der Zeltstadt liegt uns ein Brummen in den Ohren. Überall verteilt stehen an den Zelten Heizlüfter und Stromaggregate. In den großen Zelten sind beispielsweise das Materiallager, die Truppenküche, ein Fitnessstudio und eine Fahrzeugwerkstatt untergebracht. Das Zelt für die Truppenbetreuung ist so groß, dass darin locker eine Rockband auftreten könnte. Die Anlagen des Feldlagers gehen deutlich über ein flüchtiges Provisorium hinaus. Tankstelle wie Werkstatt verfügen über geteerte Flächen anstelle von Sand, Schotter oder Erde. Ihr Ölabscheider ist obligatorisch und Auflage der norwegischen Behörden. Bei den Feldtoiletten handelt es sich weder um zugige Donnerbalken noch wackelige Dixie-Toiletten. Ein Teil von ihnen steht in einem beheizten Zelt. Der Gefechtsstand des Logistikbataillons 172 aus Beelitz mit S-Drahtumfriedung wirkt als einzige Einrichtung feldmäßig.

Hier hat sich der Kommandeur des Bataillons, Oberstleutnant Thomas Henschke, mit seinem Stab eingerichtet. Bis zum Tag des Besuches durch die Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen am 31. Oktober hätten seine Logistiker 1,2 Millionen Liter Diesel, 2000 Container und 10000 Tonnen Güter umgeschlagen. "Wir sind damit in etwa bei der Hälfte dessen angelangt, was wir insgesamt bewegen werden", sagt er. Seine Soldatinnen und Soldaten seien dafür 435000 Kilometer gefahren und hätten 10000 Vorgänge im SAP-basierten digitalen Warenwirtschaftssystem gebucht. Denn, sobald ein gewisser Warenbestand – beispielsweise der einer Bremsscheibe – unterschritten wird, löst das System zwar automatisch eine Nachbestellung aus, diese bedarf aber noch einer manuellen Bestätigung, damit die Beschaffung von aktuellen Lageentwicklungen abhängig gemacht werden kann.

Auch alle anderen Teilnehmernationen müssen die Mobilität und Versorgung ihrer Streitkräfte sicherstellen. Dafür, dass es dabei nicht zu einem riesigen Chaos am Hafen in Fredrikstad oder auf den Straßen kommt, sorgt die Joint Logistics Support Group (JLSG) der Nato. Dabei handelt es sich um ein mit etwa 150 Personen multinationales Kommando, welches alle Truppenbewegungen in Norwegen koordiniert.

Die Hafenumschlagskompanie des Logistikbataillons 161 Delmenhorst entlädt die Schiffe unter Führung des JLSG im norwegischen Hafen Fredrikstad. Anschließend begleiten die Feldjäger die Militärkolonnen. Allerdings fahren sie dabei immer gemeinsam mit norwegischen Militärpolizisten. Denn die Bundeswehr ist während Trident Juncture zu Gast in einem Land, das eine relativ geringe Bevölkerungsanzahl hat und sich im friedlichen Zustand befindet. "Wir haben hier keine Sonderrechte", sagt Oberst d.R. Preuß. Der Kontakt zur Militärpolizei und die Zusammenarbeit sei jedoch hervorragend.

Während der Übung leben die Soldaten im NSE in der Lage. Wenn die Panzerlehrbrigade einen Bedarf anmeldet, muss dieser bedient werden. Beim Transport läuft es nicht immer nach Plan. Frank Preuß nennt ein paar Beispiele: "Bei einem Unwetter kommt das Schiff mit Fahrzeugen und Container acht Stunden später am Hafen an. Es gibt nicht viele Straßen, die nach Norden führen. Bei einem Unfall müssen Umwege gefahren werden. Wenn die Straße vereist ist, können bestimmte Geschwindigkeiten nicht eingehalten werden. Das bedeutet für militärischen Führer eine Einschränkung." Das NSE reagiert auf solche unvorhersehbaren Ereignisse und unterrichtet die norwegische Polizei und die Militärpolizei zum Beispiel darüber, dass sich ein Schwertransport, der in einem bestimmten Zeitfenster eine Strecke passieren soll, verzögert. "Wir stellen fest, wo es ein Problem gibt und lösen es", sagt Oberst d.R. Frank Preuß.
 

Erste Lehren aus Trident Juncture

Er ist 1980 in die Bundeswehr eingetreten, leistete Wehrdienst in der vierten Kompanie des Pionierbataillons 3 und schlug eine Laufbahn als Reserveoffizier ein. Damals nahm er an den großen Nato-Übungen in Deutschland teil. Preuß kennt noch die Bundeswehr zur Zeit des Kalten Krieges, ebenso die einer modernen Einsatzarmee. Er war zweimal in Afghanistan und einmal im Kosovo in einem Auslandseinsatz.

In den vergangenen Jahren habe sich die Bundeswehr auf Auslandseinsätze fokussiert. Die Landes- und Bündnisverteidigung sei etwas weiter in den Hintergrund gerückt, erläutert Preuß "In der heutigen Bewertung ist die Landesverteidigung wieder ein Punkt und wir stellen fest, dass gewisse Sachen nicht mehr vorhanden sind, weil es nicht mehr trainiert wurde. Zum Beispiel bei einem Marsch mit Fahrzeugen: wie plant man das? Wer koordiniert das? Kann der einzelne Fahrer das noch fahren? Wie führt man mehrere Marschgruppen? Welche Geschwindigkeiten halten sie ein? Wie halten die untereinander Kontakt?"

Logistik-Einheiten waren zum Beispiel beim Aufmarsch in Marschpäckchen eingeteilt, die einen beispielsweise mit einem schweren Kran, die anderen mit Kleinfahrzeugen. Letztere sind in einem Fall schneller unterwegs gewesen und daher auf die Marschkolonne vor ihnen aufgefahren. "Man hat ihnen gesagt, wann der Start und wann das Ende ist, aber es gab zwischendurch nicht die Möglichkeit, Durchlaufzeiten zu kontrollieren", erläutert Oberst d.R. Preuß. Die Teileinheitsführer konnten demnach schwer einschätzen, ob sie langsamer oder schneller unterwegs sein müssen. Diese Fehler seien nun erkannt und können abgeändert werden.

Die Norweger haben als gastgebende Nation, als sogenannte Host Nation, einen Katalog an Dienstleistungen erstellt, den die Bundeswehr über ein elektronisches System abrufen kann. Darin sind Leistungen wie Catering, Wäscheservice und die Bereitstellung von Zelten und WC-Containern enthalten. Die Zusammenarbeit mit den Norwegern sei hervorragend, sagt Frank Preuß. Was die Norweger leisten, sei perfekt. Er ist sich sicher, die Bundeswehr kann Host Nation Support in ähnlicher Weise, nur die Strukturen sind anders.

Dem stimmt Brigadegeneral Michael Matz, stellvertretender Kommandeur der 1. Panzerdivision und Senior National Representative (zu Deutsch: dienstältester deutscher Offizier in Norwegen) zu. Wir treffen ihn in einem unscheinbaren Hotel in der Nähe des Flughafens. Der schlanke, hochgewachsene Soldat mit kerzengerader Statur und Bergmütze auf dem Kopf empfängt uns in einem zum Dienstzimmer umfunktionierten Raum. Die Deutschlandfahne und das Wappen der 1. Panzerdivision dominieren die zweckdienlich gehaltene Einrichtung.

Der Brigadegeneral beschreibt sich als Bindeglied zwischen dem Verteidigungsministerium in Deutschland und Dienststellen und Einheiten der Bundeswehr in Norwegen. Er führt die deutschen Kräfte, trifft aber auch alle Absprachen mit der Gastnation. Dafür hält er Verbindung zu den zuarbeitenden und unterstützenden militärischen und zivilen Stellen. Neben der Errichtung der Lager würden die Norweger beispielsweise auch die Truppenversorgung an einigen Standorten übernehmen. Doch der Host Nation Support geht weit über das Bereitstellen von Infrastruktur hinaus. Beispielsweise leisteten die Norweger Unterstützung beim Anlanden der Fahrzeuge. Die Hafenanlagen in Fredrikstad würden durch die Nationalgarde bewacht.

Besonders die Logistik spielt bei Trident Juncture eine besondere Rolle. Während zur Zeit des Kalten Krieges die Manöver der Bundeswehr im eigenen Land abgehalten wurden, wird sie nun das erste Mal zu einem solchen Anlass mit einer Verlegung großer Truppenteile ins Ausland konfrontiert. "Wenn wir Landes- und Bündnisverteidigung wieder in den Fokus rücken, dann müssen große Truppenbewegungen gedacht und trainiert werden", sagt Matz. Ein Übungsziel sei deshalb die strategische Verlegung eines großen Truppenkontingents. "Wir haben alles auf die Minute nach Norwegen gebracht und das völlig problemlos, das ist ein erster Übungserfolg", zieht er sein Zwischenfazit.

Der Norden verschluckt das Tageslicht bereits um 16 Uhr. Während sich die Dunkelheit über das kalte, feuchte Land legt, steigen wir ins Auto und fahren zurück in unser Hotel. Nicht mehr lange und die mobilen Beleuchtungsanlagen tauchen das Lager Gardermoen in künstliches Licht. Wir kümmern uns nun um die eigene Logistik und bereiten unsere Abreise vor – so ganz ohne Marschkredit und Feldjägerbegleitung.

 

Bild 1: Wäscheknecht und Brieftaube.
Auch im Auslandseinsatz sind saubere Wäsche
und der Kontakt in die Heimat ein Muss.
(Foto: Julian Hückelheim)

Bild 2: Das sind die Reservisten, die während der Übung
im National Support Element dienen.
(Foto: Julian Hückelheim)

Bild 3: Mit diesen Tankfahrzeugen wurde ein Teil
der 1,2 Millionen Liter Diesel bewegt.
(Foto: Julian Hückelheim)

Bild 4: Umweltschutz in der Instandsetzungshalle
im Camp Gardermoen:
dort ist der Boden asphaltiert und
mit einem Ölabscheider versehen.
(Foto: Julian Hückelheim)

Bild 5: Die Versorgungskette bei Trident Juncture 2018.
(Grafik: Ruwen Kopp)

Bild 6: Trident Juncture bot eine gute Gelegenheit,
den Betrieb einer Feldküche zu üben.
(Foto: Benjamin Vorhölter)

Bild 7: Oberst d.R. Frank Preuß ist Kommandeur
des deutschen National Support Element
bei der Übung Trident Juncture 2018.
(Foto: Julian Hückelheim
)

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