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Bilanz der Regionalen Initiativen: Schutz und Hilfe für Deutschlands Bürger schon im Frieden




Nicht nur Spezialisten sind gefragt – jede Kreisgruppe hat genügend Potenzial!
Am ersten August-Wochenende trafen sie sich wieder in Halle: Die "Regionalen Initiativen" (RegIniRes) für Hilfeleistungen bei Katastrophen und Unglücksfällen, der Stellvertreter des Präsidenten Gerd Höfer MdB und – ganz entscheidend – die Bundeswehr. Denn sie hat das letzte Wort, ob die vor etwas mehr als einem Jahr im Mai 2008 gestartete und vom Generalinspekteur geförderte Modellerprobung nun im Ergebnis bundesweit eingeführt werden kann. Der Startschuss lag beim Inspekteur der Streitkräftebasis, Vizeadmiral Wolfram Kühn, die Schlussentscheidung trifft das BMVg.
Die höchste territoriale Kommandobehörde ist das Streitkräfteunterstützungskommando (SKUKdo). Mit Generalmajor Erich Staudacher hat das SKUKdo einen Stellvertretenden Befehlshaber, der die Modellerprobung Regionale Initiativen (ModRegIniRes) von Anfang an kennt. Ein großes "Plus" für die Akteure im VdRBw. Sie wissen bis zuletzt nicht, ob der nach verschiedenen Anlaufschwierigkeiten auf die Erfolgsschiene gehievte Truppenversuch mit seinen ganz unterschiedlichen, regional begründeten Initiativen auch als Modell für die Bundeswehr taugen wird. Denn ihre Messlatte liegt hoch: Vor genau 12 Jahren, auch an einem ersten August-Wochenende, standen Hilfeleistungen durch die Streitkräfte vor ihrer größten Bewährungsprobe – mit Erfolg, und mit 30.000 Soldaten und Reservisten hielten die Oder-Deiche stand! Wie das Rennen diesmal letztlich ausgeht, erfahren Oberstleutnant d.R. Ralf Heberer, Bereichsgeschäftsführer III als "Projektoffizier", und Oberst d.R. Dietrich Achim Kluge als verantwortlicher Vizepräsident auch erst während dieser Abschlusstagung in Halle. Doch besteht berechtigte Hoffnung, dass es ein positives Ergebnis sein wird.
"Mutter aller Initiativen" sind seit Mitte der 90er Jahre die Katastrophenschützer aus Hamburg und ab 2004 der Kompetenzzug Büdingen. Sachsen und Bayern sind aktiv, aber auch Niedersachsen, Bremen und zunehmend weitere Landesgruppen bringen Initiativen ein. Hochwasserabwehr, Deichschutz, Brandbekämpfung, Sanitätsdienst, ABC-Abwehr, Pioniere, Spezialisten von Rettungsmedizin bis Baustatik – diese ganze Palette hat der Verband inzwischen zu bieten. Deshalb ist es nur konsequent, dass die aktive Bundeswehr bei ihren Hilfeleistungen auf Reservisten zurückgreift. Umso besser, wenn die sich in einer truppentauglichen Gliederung mit ihrem militärischen Führer bei der aktiven Truppe melden. Oft ist das eine Brigade oder ein Bataillon, das bei länderübergreifenden Naturkatastrophen, besonders schweren Unglücksfällen oder zur Amtshilfe angefordert wurde.
Die Truppe unterstützen, mit einem gut eingespielten, militärisch gegliederten Zug aus Reservisten, der beste Ortskenntnisse hat – damit kann dann auch jeder aktive Führer etwas anfangen, gerade, wenn es um die eigene Durchhaltefähigkeit geht. Warum sprechen wir von Zugstärke? Weil das die einhellige Erfahrung aller bisher bestehenden Initiativen ist. Nicht jeder ist immer verfügbar, Einsätze kommen meist unvorbereitet. Ein kleines "Fähnlein der sieben Aufrechten" würde dann eher die weniger anspruchsvollen Aufträge bekommen. Genauso verhält es sich mit dem Dienstgrad des eingeteilten Führers: er soll durchsetzungsstark sein, auch bei aktiven Soldaten.
Die entscheidende Frage ist: Warum wird die Bundeswehr eingesetzt? Wann geht es bei Hilfeleistungen nicht mehr ohne die Streitkräfte? Was sind denn ihre Vorteile?
Sie haben ein vernetztes, funktionsfähiges Führungssystem, das auch bei Großlagen rasch eingerichtet werden kann, in Krisen notfalls andere Strukturen überlagert, sie sprechen "die gleiche Sprache", verfügen über kompatible Fernmeldeverbindungen, Aufklärungsmittel und eigene horizontale und vertikale (Luft-)Verlegefähigkeit zur Schwerpunktbildung sowie über schweres Gerät. Und schließlich: Immer gilt hier der Grundsatz von Befehl und Gehorsam – auch dann, wenn sie wie andere freiwillige Helfer nach sieben oder 10 Tagen doch lieber wieder nach Haus fahren würden.
Kommen wir auf den Punkt: Welche Unterstützung braucht die Bundeswehr?
Bei "besonders schweren Unglücksfällen" und "Naturkatastrophen" – den Fällen also, die Artikel 35 GG (Grundgesetz) für "subsidiäre" Hilfe durch die Bundeswehr vorsieht: Hier geht es nicht in erster Linie nur um Spezialisten und Experten, wie sie sich auch bisher im Verband formiert haben. Weil sie in gefährdeten Regionen leben und dabei im Status Soldat helfen wollen: Deichschutz im Norden, Hochwasserschutz im Süden, Waldbrandbekämpfung im Osten und Industriegefahren im Westen. Dass nun genau sie uns sagen: Wir brauchen die allgemeinen Fähigkeiten und die Grundfertigkeiten aus der Förderung Militärischer Fähigkeiten (FMF) – mit Betonung auf "militärisch", dann hat das schon besonderes Gewicht.
Denn das ist die Fachkompetenz, die nur Reservisten haben können. Nur sie können aus dem Stand nahtlos mit der aktiven Truppe zusammenarbeiten. Die gleiche Sprache, die gleiche Ausbildung, die gleichen Dienstgrade – Soldaten. Mit ihren regionalen Kenntnissen, ihrer zivilberuflichen Erfahrung. In Deutschland werden keine Brunnenbohrer und – bisher – auch keine Explosive-Device-Experten unterstützen müssen, dafür sind aber andere Fähigkeiten gefragt:

  • Pfadfinder- (Scout-) Funktion
  • Aufklärung und Verbindungsfunktion
  • Stabs- und Gefechtsstands(schicht)arbeit
  • Information und Kommunikation zur Bevölkerung
  • Logistik und Versorgung

Zusätzlich zu der zivilberuflichen Stellung – hier kann von Energieversorger oder Verwaltung bis zur Spedition oder Kiesgrube alles krisenrelevant sein – gilt dabei die klassische FMF: Fernmelde-, Pionier-, Sanitätsdienstausbildung, Retten und Bergen. Und im Extremfall, wenn terroristische Anschläge erfolgt sind oder auch unmittelbar bevorstehen – wer außer Polizei, Bundeswehr, Reservisten kann den Schutz Deutschlands, seiner Bürger und Kritischer Infrastrukturen dann sicher gewährleisten?
Stichwort Konkurrenzdenken zu den anderen Hilfeleistern. Auf der Arbeitsebene – Fehlanzeige! Denn gerade im Reservistenverband gibt es zahlreiche Doppel- und Dreifachmitgliedschaften. Viele Kameraden sind bei der DLRG, beim THW, bei Rettungsdiensten oder Feuerwehren aktiv. In den bestehenden Initiativen werden diese unterschiedlichen Ausbildungsschwerpunkte längst gegenseitig genutzt. Die Reservisten werden am Spezialgerät eingewiesen – sie bilden umgekehrt Kfz-Marsch, Führen von Lagekarten oder Gefechtsstandarbeit aus. Beide Seiten profitieren davon. Darüber wollen wir in loyal noch ausführlicher berichten: Ein Land wie Deutschland kann in Krisen auf keine seiner begrenzten Ressourcen verzichten – schon gar nicht auf sein Humankapital. Vor dem Hintergrund geburtenschwacher Jahrgänge kommt der verfügbaren Man-Power zusätzliche Bedeutung zu. Knapp 130.000 Reservisten im Verband – das ist zahlenmäßig immerhin die Hälfte der aktiven Bundeswehr.
BOS-Kräfte (Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben) und die freiwilligen Hilfeleister haben gerade in den letzten Jahren enorme Anstrengungen unternommen, um erkannte Defizite zu beseitigen. Trotzdem bestehen grundlegende Probleme: bei der Einführung des Digitalfunks, verbindlichen Führungsvorschriften, der Durchhaltefähigkeit und mit unterschiedlichster Ausrüstung. Oder Fähigkeiten sind nur "light" ausgeprägt wie bei der ABC-(NCBR-)Aufklärung, die nicht durch kontaminiertes Gelände fahren kann.
Der Bundesinnenminister Dr. Wolfgang Schäuble hat es auf den Punkt gebracht:
Die aktive Truppe ist für Hilfeleistungen unverzichtbar, aber nicht mehr jederzeit verfügbar und auch nicht flächendeckend disloziert. Reservisten, die gut organisiert – oft sogar vor der aktiven Truppe – überall zur Verfügung stehen, sind deshalb ein großes Plus für den Schutz Deutschlands und seiner Bürger. Sie sind auf beiden Seiten verwurzelt, so Minister Dr. Schäuble 2009 beim Parlamentarischen Abend des Reservistenverbandes, haben zivilgesellschaftliche Expertise genauso zu bieten wie militärische Kompetenz.
Zum Schluss ein persönliches Wort: Unsere Landesgruppen haben es in der Hand, ob in der Zukunft regionale Gefahren erkannt, qualifizierte Reservisten identifiziert und die Neugründung Regionaler Initiativen gefördert wird oder nicht. Denn unser Präsident, Ernst-Reinhard Beck MdB, sieht darin eine der großen Zukunftsaufgaben für den Verband, nicht zuletzt auch im Zeitalter terroristischer und asymmetrischer Bedrohungen. Hier können die Reservisten "beweisen, was sie auf die Beine stellen können", wie Vizeadmiral Kühn es zu Anfang formuliert hatte.
Der "Kriterienkatalog" zur Gründung von Regionalen Initiativen: Hier fasst die Bundeswehr die Basis-Anforderungen zusammen, die eine neue Regionale Initiative erfüllen muss. Im Kern sind das der mittelfristige Ausbildungsplan, Grundgliederung und militärische Fähigkeiten und sonstige Fachexpertise für die gestellte Aufgabe. 
Dieser Kriterienkatalog soll von allen Interessierten nach Abschluss der Erprobung schnellstmöglich von der Webseite des Verbandes heruntergeladen werden können. So wollen wir effektive Hilfeleistungen von Reservisten für und mit den Streitkräften bei Katastrophen und Großschadenslagen in vielen Regionen durch Neugründung von Initiativen fördern.

Text: Dietrich Achim Kluge
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