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Brief des scheidenden Wehrbeauftragten Reinhold Robbe an seine Reservisten




Reinhold Robbe wurde am 14. April 2005 als SPD-Bundestagsabgeordneter zum Wehrbeauftragten gewählt und hatte sein Amt am 12. Mai 2005 angetreten. Seine fünfjährige Amtszeit endet am 11. Mai diesen Jahres. Hellmut Königshaus, der designierte Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages, wird dieses Amt ab 12. Mai 2010 übernehmen.

Lesen Sie hier den Abschiedsbrief an die Reservisten:

Mitte Mai dieses Jahres endet meine Amtszeit als Wehrbeauftragter des Deutschen Bundestages. Für mich waren es fünf erfüllte Jahre, die für meinen politischen Werdegang sehr prägend waren. Ich habe versucht, als Mittler zwischen dem Deutschen Bundestag und den Streitkräften zu wirken und war darum bemüht, der Institution ein Gesicht zu geben. Meine Amtszeit war geprägt durch den tiefgreifenden Wandel der Bundeswehr vor dem Hintergrund der geänderten sicherheitspolitischen Anforderungen. Kennzeichnend hierfür ist der Begriff „Transformation“. Er charakterisiert die Umgestaltung der Bundeswehr von einer Territorialarmee hin zu einer Armee, die nicht nur Aufgaben der Landesverteidigung zu erfüllen hat, sondern auf der Grundlage eines Mandats des Deutschen Bundestages weltweit zum Einsatz gelangt.

Die Umgestaltung der Bundeswehr in eine Einsatzarmee hat auch das Anforderungsprofil und die Aufgaben der Reservistinnen und Reservisten nachhaltig verändert. Die Grundlagen hierfür wurden durch die Konzeption für die Reservisten und Reservistinnen der Bundeswehr vom 10. September 2003 gelegt und durch das Streitkräftereserve-Neuordnungsgesetz vom 22. April 2005 umgesetzt.

Mit der Umsetzung der Reservistenkonzeption sind den Reservistinnen und Reservisten neue Aufgabenbereiche übertragen worden. So nehmen sie heute verstärkt Aufgaben im Rahmen von Auslandseinsätzen der Bundeswehr wahr und leisten damit einen wesentlichen Beitrag zur internationalen Konfliktverhütung und Konfliktbewältigung. In vielen Einsatzbereichen ist ihr Engagement inzwischen unverzichtbar geworden. Benötigt werden vor allem Reservistinnen und Reservisten mit besonderen fachlichen Qualifikationen, über die die aktive Truppe entweder nicht oder nicht in ausreichendem Umfang verfügt. Hierbei sind nicht nur militärisch, sondern auch zivilberuflich erworbene Kenntnisse und Fähigkeiten gefragt.

Häufig vollzieht sich der Einsatz von Reservistinnen und Reservisten unter Lebensgefahr. Leider waren auch immer wieder schwer verwundete und gefallene Soldaten der Reserve zu beklagen. Umso wichtiger ist es, den Reservisten im Einsatz dieselbe gesellschaftliche Anerkennung und Anteilnahme zukommen zu lassen.

Auch im Inland hat sich der Aufgabenzuschnitt für Reservistinnen und Reservisten im Zuge des Transformationsprozesses wesentlich verändert. So übernehmen Reservisten zunehmend Aufgaben aktiver Soldatinnen und Soldaten, die im Auslandseinsatz gebunden sind. Ein weiterer Aufgabenschwerpunkt liegt in der neu gestalteten Zivil-Militärischen-Zusammenarbeit (ZMZ). Sie dokumentiert sich in dem im Jahr 2007 eingeführten neuen „Territorialen Netzwerk“ und hat sich in den letzten Jahren insbesondere im Rahmen der Katastrophenhilfe bewährt.

Der geänderte Aufgabenzuschnitt für Reservistinnen und Reservisten hat sich in den letzten Jahren auch in ihren Eingaben an den Wehrbeauftragten bemerkbar gemacht. So beanstandeten viele Reservistinnen und Reservisten Unzulänglichkeiten oder Fehler bei der Einsatzplanung, z.B.: kurzfristige Änderungen der zeitlichen Rahmenbedingungen des Einsatzes, mangelnde Einplanung von Urlaubsansprüchen, unzureichende Berücksichtigung der Qualifikation einschließlich der zivilberuflich erworbenen Fähigkeiten und Ausrüstungsmängel. Besonders bei Auslandseinsätzen können Fehler bei der Einsatzplanung oder eine mangelnde Fürsorge gegenüber den Belangen der Reservistinnen und Reservisten deren Bereitschaft, sich für derartige Einsätze zur Verfügung zu stellen, empfindlich beeinträchtigen. Dies ist verständlich, wenn man berücksichtigt, mit welchem organisatorischen Aufwand im beruflichen und privaten Umfeld Auslandseinsätze in der Regel verbunden sind. Insofern kommt es darauf an, den Rahmenbedingungen für den Einsatz der Reservistinnen und Reservisten einschließlich ihrer beruflichen und familiären Verhältnisse besondere Aufmerksamkeit zu widmen.

Ausgebliebene Beförderungen waren ebenfalls für viele Reservistinnen und Reservisten Anlass, sich an mich zu wenden. Teilweise konnten sie auf Fehler bei der Bearbeitung der betreffenden Personalvorgänge zurückgeführt und entsprechend geheilt werden. Wiederholt haben mich auch Eingaben erreicht, in denen im Ausland eingesetzte bzw. für einen Auslandseinsatz eingeplante Zivilbeschäftigte der Bundeswehr ihre Unzufriedenheit über den verliehenen militärischen Dienstgrad sowie ihre Beförderungsperspektiven als Reservist zum Ausdruck brachten. Aufgrund einer am 17. August 2009 in Kraft getretenen Änderung der Zentralen Dienstvorschrift 20/3 konnte ihrem Begehren teilweise abgeholfen werden.

Demgegenüber waren es bei den beruflich selbstständigen Reservistinnen und Reservisten zumeist Probleme bei der Unterhaltssicherung, die sie veranlassten, sich an mich zu wenden. So beklagten sich Inhaber einer ärztlichen Praxis wiederholt darüber, dass ihnen nicht die beantragten Leistungen nach § 13a Unterhaltssicherungsgesetz (USG), sondern lediglich die Mindestleistungen nach § 13c USG zugesagt bzw. gewährt worden waren. Teilweise stellten sie deshalb sogar ihre Bereitschaft in Frage, sich weiterhin für den medizinischen Dienst in der Truppe zur Verfügung zu stellen.

Was die Neustrukturierung der ZMZ anbelangt, so wurden insbesondere personelle und materielle Unzulänglichkeiten beim Aufbau der neuen Strukturen beanstandet. Zahlreiche Eingaben richteten sich hierbei gegen Mängel und Verzögerungen bei der EDV-Ausstattung der regionalen Verbindungskommandos sowie deren elektronische Vernetzung mit dem IT-System der Bundeswehr. Erfreulicherweise hat sich die Situation hier inzwischen wesentlich gebessert.

Der Reservistenverband hat den Umstrukturierungsprozess der Bundeswehr, aber auch meine Arbeit als Wehrbeauftragter, stets in fachlich kompetenter und konstruktiver Weise begleitet. Mit Dankbarkeit blicke ich auf fünf Jahre enger und vertrauensvoller Zusammenarbeit zurück. Die intensiven Beziehungen zwischen dem Wehrbeauftragten und dem Reservistenverband sind nicht zuletzt das Ergebnis des Umstandes, dass die Bundeswehr eine Parlamentsarmee ist. Sie haben eine lange Tradition: Bereits bei der Gründungsversammlung des Reservistenverbandes am 22. Januar 1960 in Bonn war ein Vertreter des damaligen Wehrbeauftragten vertreten.

Der Reservistenverband wirkt laut Satzung im Auftrag des Deutschen Bundestages als Träger der freiwilligen Reservistenarbeit außerhalb der Bundeswehr. Er spricht satzungsgemäß für alle Reservistinnen und Reservisten der Bundeswehr und vertritt deren Interessen. Zugleich versteht er sich als Mittler für die Bundeswehr in die Gesellschaft. Daher kommt dem Reservistenverband auch eine erhebliche gesellschaftspolitische Bedeutung zu. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf sein Engagement für die Aus-, Fort- und Weiterbildung der Reservistinnen und Reservisten sowie für sein Wirken in der Öffentlichkeit durch seine Öffentlichkeitsarbeit.

Vor dem Hintergrund des Auftrags des Reservistenverbandes als Interessenvertreter der Reservistinnen und Reservisten sowie als Mittler zwischen den Belangen der Bundeswehr und der Gesellschaft möchte ich auf zwei Gesichtspunkte besonders eingehen: den mangelnden Rückhalt der Soldatinnen und Soldaten in der Gesellschaft sowie die häufig unzureichende Vereinbarkeit von zivilberuflicher Tätigkeit und Reservistentätigkeit.

Bekanntlich leiden unsere Soldatinnen und Soldaten darunter, zu wenig gesellschaftliche Unterstützung zu erhalten. Vor allem den im Ausland eingesetzten Soldatinnen und Soldaten lässt unsere Gesellschaft nicht die „moralische“ Unterstützung und Zuneigung zukommen, die sie angesichts ihrer Entsendung auf der Grundlage eines Mandats des Deutschen Bundestages, also der Volksvertretung, zu Recht für ihren oft lebensgefährlichen Einsatz erwarten dürfen. Die Ursachen für das mangelnde Einfühlungsvermögen in die Belange der Soldatinnen und Soldaten sind vielschichtig. Sie liegen zum Teil in den traumatischen Erfahrungen der deutschen Gesellschaft im 20. Jahrhundert, aber auch in aktuellen Informationsdefiziten über ihren Auftrag und ihre konkreten Lebensumstände im Einsatzland begründet. Um diese Informationsdefizite abzubauen und das gesellschaftliche Verständnis für die Belange der Soldatinnen und Soldaten im Einsatz zu stärken, bedarf es nicht nur entsprechender Initiativen seitens der Politik und der Medien, sondern auch der Mitarbeit der großen gesellschaftlichen Gruppen und der Interessenvertretungen der Soldatinnen und Soldaten einschließlich des Reservistenverbandes. Ich begrüße es daher sehr, dass sich der Reservistenverband bereit erklärt hat, das von mir angeregte Projekt eines Runden Tisches zur Stärkung der gesellschaftlichen Integration der Soldatinnen und Soldaten zu unterstützen.

Eines der Kernelemente der Reservistenkonzeption aus dem Jahr 2003 ist das Freiwilligkeitsprinzip. Reservistinnen und Reservisten werden demnach nur mit ihrer Zustimmung zu Wehrübungen herangezogen bzw. beordert. Darüber hinaus ist vor einer Wehrübung die Zustimmung des Arbeitgebers einzuholen, was nicht immer gelingt. Daher sehe ich eine bedeutende Herausforderung für die künftige Reservistenarbeit darin, in einem gemeinsamen Dialog das gegenseitige Verständnis für die Belange der Wirtschaft und die Belange der Reservistinnen und Reservisten weiter zu verbessern und zu fördern. Berufliche Qualifikationen, die von der Bundeswehr nachgefragt werden, sind im zivilberuflichen Arbeitsleben häufig kaum oder nur unter Inkaufnahme eines erheblichen finanziellen und organisatorischen Aufwandes zu entbehren. Insofern kommt es hier auf eine genaue Abstimmung der gegenseitigen Interessen an. Jedenfalls gilt es zu verhindern, dass eine mangelnde Freistellungsbereitschaft der zivilberuflichen Arbeitgeber die Möglichkeiten, Wehrübungen abzuleisten, wesentlich beeinträchtigt. Umgekehrt ist jedoch auch seitens der Bundeswehr mehr Flexibilität erforderlich, um die zivilberuflichen Qualifikationen der Reservistinnen und Reservisten stärker als bisher zu Gunsten der Streitkräfte einsetzen zu können.

Ich danke dem Reservistenverband nochmals von ganzem Herzen für die enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit in den letzten fünf Jahren. Ich bedanke mich besonders für die Verleihung des Ehrenabzeichens in Gold des Verbandes. Meinen Dank verbinde ich mit der Bitte, dass die gute Zusammenarbeit im Interesse der Reservistinnen und Reservisten auch unter meinem Nachfolger im Amt des Wehrbeauftragten fortbestehen möge.

 

Reinhold Robbe
Der Wehrbeauftragte
des Deutschen Bundestages


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