Am letzten Wochenende des Februars fand das traditionelle Treffen von Reservisten aus Deutschland und Finnland in Hohenlockstedt wieder als Präsenzveranstaltung statt. Da die grassierende Pandemie noch nicht als eingedämmt gilt, war der Teilnehmerkreis naturgemäß begrenzt.
Die Delegation aus Berlin hatte bei der Verteilung der Teilnehmerplätze Glück und konnte mit sechs (6) Personen anreisen.
Unsere Anreise am Freitag, 25. Februar 2022, verlief reibungslos, sodass wir noch an der Abendveranstaltung (einem zwanglosen Treffen) teilnehmen konnten. Hier konnten wir dann schon erste Bekannte – deutsche und finnische Kameraden – begrüßen. Da die Veranstaltung 2021 aus bekannten Gründen (Pandemie) nur virtuell durchgeführt wurde, war die Wiedersehensfreude natürlich groß.
Am Sonnabend, 26. Februar 2022, hörten wir im Museum am Wasserturm zunächst einen Vortrag über das Soldatenheim der Garnison Lokstedter Lager (LoLa). Zur geschichtlichen Erinnerung, das Lokstedter Lager war der Truppenübungsplatz des IX. königlich preußischen Armeekorps (Sitz des Generalkommandos war Altona). Warum ich dies erwähne – dieses Soldatenheim war Vorbild für die Soldatenheime der Armee Finnlands.
Im Anschluss daran ging es zur Jahreshauptversammlung mit Vorstandswahlen der Reservistenarbeitsgemeinschaft Deutschland-Finnland in den Räumlichkeiten der Freiwilligen Feuerwehr Hohenlockstedt. Mitglieder sind sowohl deutsche als auch finnische Reservisten (die somit auch Mitglieder des Reservistenverbandes sind).
Die wichtigste Veranstaltung fand dann im Ehrenhain an der Finnischen Allee statt. Am finnischen Ehrenmal wurde Kränze niedergelegt und Grußworte von Repräsentanten Deutschlands und Finnlands gesprochen. Als Übersetzer fungierte Herr Oberst der Reserve Mark Aretz (Beauftragter des Bundes Deutscher Infanterie zu den Streitkräften Finnlands). Hauptredner war Herr Brigadegeneral Michael Matz, Kommandeur der Infanterieschule der Deutschen Bundeswehr und General der Infanterie.
Die weiteren Veranstaltungen – Kaffeetafel, der Sektempfang eines Kameraden, der das Bundesverdienstkreuz am Bande erhalten hatte, und der Jägerabend (ein zwangloses Beisammensein zum besseren gegenseitigen Kennenlernen) fanden in der „Kartoffelhalle statt. Höhepunkt des Abends war eine Rede des Militärattachés der Republik Finnland zur gegenwärtigen militärischen Lage aus der Sicht Finnlands.
Was ist nun das Besondere an den deutsch-finnischen Reservistentreffen?
Noch zu Beginn der 20. Jahrhunderts war Finnland Teil des russischen Reichs, allerdings mit weitgehender Autonomie. Diese wurde dann nach und nach durch die Russen beschnitte, sodass sich bei den freiheitsliebenden Finnen Widerstand regte. Da Finnland keine Armee haben durfte und die Finnen von der russischen Wehrpflicht befreit waren (Soldat konnte man nur aufgrund einer freiwilligen Meldung in den kaiserlich russischen Streitkräften werden) suchte man Staaten die bereit waren, die soldatische Unterweisung der Finnen zu übernehmen. Die Nachbarn Schweden und Dänemark lehnten ab, aber das Königreich Preußen erklärte sich dazu bereit. Der Beginn des Ersten Weltkriegs ließ in Finnland die Hoffnung keimen, dass eine Befreiung vom russischen Joch im Kriegsverlauf möglich ist. So kamen auf verschlungenen Pfaden über Schweden die ersten Freiwilligen nach Deutschland. Am 25. Februar 1915 zogen dann diese Freiwilligen in das Lokstedter Lager ein. Da die Sache natürlich äußerst geheim war, begann die militärische Ausbildung aus Gründen der Tarnung als Pfandfinderlehrgang. Dies war deshalb gut und glaubwürdig, da der Kommandeur der Ausbildung – Major Maximilian Bayer – zugleich Deutscher Pfadfinderführer war. Am 30. Mai 1916 wurde aus den Feldmeisterlehrgängen der Pfadfinder – deren Stärke auf fast 1900 Mann angewachsen war – das königlich preußische Jägerbataillon 27 (Finnische Jäger) gebildet.
Um auch Kampferfahrung zu sammeln, wurde das Bataillon an die Kurlandfront verlegt, und zwar in einen verhältnismäßig ruhigen Frontabschnitt bei Mitau.
Bei den Einsätzen an der Ostfront starben 26 Jäger, davon 15 an Krankheiten, 49 Jäger wurden verwundet.
Nachdem Finnland sich am 05. Dezember 1917 für unabhängig erklärt hatte, wurde es auch für das Jägerbataillon klar, dass es bald in die Heimat ging, um dort gegen die Feinde der Unabhängigkeit zu kämpfen.
Am 13.Februar 1918 wurden das Jägerbataillon 27 und der Ausbildungstruppenteil Lokstedter Lager offiziell aufgelöst. Am 25. Februar 1918 ging das Bataillon in Vaasa im Mittelfinnland an Land, um ihren Teil zum Freiheitskampf der Finnen beizutragen.
Klaus-Dieter Ohström