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Gefallener Kamerad: Reservisten setzen sich für einen Gedenkort ein




Martin Augustyniak bekommt einen Gedenkort. Das Andenken an den in Afghanistan gefallenen Bundeswehrsoldaten können Angehörige und Freunde in dessen Heimatort hochhalten. Die Entscheidung der Bezirksvertretung Brackwede für die Errichtung eines Gedenksteines zu Ehren des Hauptgefreiten aus Bielefeld ging auf eine Initiative eines Reservisten und des Reservistenverbandes zurück.

Volker Lehmann von der Reservistenkameradschaft (RK) Gütersloh stellte zusammen mit der Mutter des Gefallenen, Ursula Wolf, einen Bürgerantrag an den Oberbürgermeister der Stadt Bielefeld. Seine Forderung: eine Straße, einen Platz, ein Gebäude oder eine Sporthalle nach dem Soldaten zu benennen, der im Stadtteil Quelle aufwuchs. Der Ort Stadtallendorf hat im vergangenen Jahr eine Straße nach dem im Mai 2011 in Kundus gefallenen Hauptmann Markus Matthes benannt. Das sei die Initialzündung für den Bürgerantrag gewesen, schildert Stabsgefreiter d.R. Lehmann und fügt hinzu: "Soldaten wie Martin Augustyniak sind Friedenshelden. Sie haben ihr Leben im Kampf für den Frieden verloren."

Hauptgefreiter Augustyniak kam am 2. April 2010 ums Leben. Er gehörte zum Zug des Fallschirmjägerbataillons 373 aus Seedorf, der an diesem unheilvollen Karfreitag das Gebiet um Kundus nach Sprengfallen aufklären sollte. Dazu setzten die Soldaten eine Drohne ein. Doch das Gerät stürzte ab. Die wertvolle Aufklärungstechnik sollte nicht in die Hände des Feindes gelangen. Deshalb streiften Martin Augustyniak und drei weitere Kameraden durch ein Feld. Ohne Deckung. Als die ersten Schüsse fielen, warfen sie sich zu Boden. Sie versuchten, sich hinter einer Mauer eines Gehöfts in Deckung zu bringen, als der Gruppenführer getroffen wurde. Die Kugeln bohrten sich durch seinen rechten Ober- und Unterschenkel und streiften seine linke Ferse. Drei Kameraden packten an und schleppten den Verletzten vom Feld. Währenddessen hockte Augustyniak an der Mauer des Gehöfts und feuerte unaufhörlich. Eine Kugel traf seinen Helm, durchschlug ihn und hinterließ eine Platzwunde am Kopf. "Heute ist mein Glückstag", rief Augustyniak. Seine Kameraden versorgten den verletzten Gruppenführer. Er überlebte. Martin Augustyniak starb bei dem Versuch, seinem Kameraden das Leben zu retten. Der Hauptgefreite aus Bielefeld starb, als bei einem Wendemanöver eines Dingos eine Sprengfalle explodierte. Das Karfreitagsgefecht forderte zwei weitere Opfer und drei schwer verwundete Soldaten.

Mehr Achtung und Anerkennung für Soldaten
Aus der Sicht von Volker Lehmann hat Martin Augustyniak Herausragendes geleistet. "Wir brauchen in Deutschland mehr Achtung und Anerkennung für Soldaten. Dazu gehört auch, dass in der Öffentlichkeit der gefallenen Kameraden respektvoll und gebührend gedacht wird", sagt das Mitglied der RK Gütersloh. Christian Faul, Vizepräsident für Sicherheitspolitische Bildung des Reservistenverbandes, stimmt ihm zu. Er sprach sämtliche Mandatsträger des Reservistenverbandes in Bielefeld und Umgebung, den Verein Combat Veteranen und das Panzergrenadierbataillon 212 in Augustdorf an und warb dafür, den Bürgerantrag von Volker Lehmann zu unterstützen.

Darin äußerte Volker Lehmann auch den Wunsch, dass eine Straße oder ein Platz nach dem im Jahr 2011 gefallenen Bielefelder Soldaten Alexej Kobelew umbenannt wird. Der Oberstabsgefreite starb, als eine Sprengfalle den Schützenpanzer Marder, den er lenkte, auseinanderriss. Die Zeichen für eine Ehrung des Soldaten Augustyniak standen gut. Der Stadtrat der Stadt Bielefeld hatte sich bei den Beratungen zunächst positiv geäußert. Dennoch vertagte die für die Umsetzung zuständige Bezirksvertretung die Entscheidung. Die Grünen bezeichneten die Bundeswehr als "Bundesangelegenheit". Man fühlte sich wohl nicht zuständig. Die Linke lehnte den Bürgerantrag mit der Andeutung ab, die Bundeswehr führe einen Angriffskrieg in Afghanistan. Darüber hinaus bevorzugten die Vertreter der Linken ein Namensschild auf einem Kriegerdenkmal im Ortsteil Quelle.

Das fanden SPD und CDU unpassend. Man könne und solle Augustyniak nicht auf eine Stufe mit den Gefallenen des Ersten und Zweiten Weltkriegs stellen, waren sich Hans-Werner Plaßmann (SPD) und Carsten Krumhöfner (CDU) einig. Volker Lehmann sieht das ähnlich. Martin Augustyniak und Alexej Kobelew hatten einen friedenssichernden Auftrag. Sie heben sich insofern von den Gefallenen des Ersten und Zweiten Weltkrieges ab. Deshalb sei es sachgerecht, der Bundeswehr-Soldaten mit eigenen Gedenkorten angemessen zu gedenken. "Es geht auch darum, in der Öffentlichkeit ein Bewusstsein für den Einsatz der Kameraden sowie für die Sorgen und Nöte der Hinterbliebenen gefallener Staatsbürger zu schaffen. Das Gedenken und die Anerkennung der Soldaten gehören in die Mitte der Gesellschaft", sagt Volker Lehmann.

Die Bezirksbürgermeisterin, eine Sozialdemokratin, signalisierte Zustimmung zum Bürgerantrag. Allerdings gab es in der Bezirksvertretung noch Diskussionsbedarf. Einige Politiker mahnten an, dass bei einer Straßen-Umbenennung die Anwohner gezwungen wären, ihre Adressen zu ändern. Das hätte mitunter einen erheblichen Aufwand und Kosten für die Anwohner bedeutet. Das war nicht politisch durchsetzbar. Statt einer Straßen-Umbenennung einigten sich die Bezirksvertreter auf einen Kompromiss: Ein Gedenkort soll nahe des Elternhauses Martin Augustyniaks entstehen. An diesem Ort soll ein Gedenkstein aufgestellt werden. Ob dieser Gedenkort nach dem gefallenen Soldaten benannt wird, ist noch nicht beschlossen. Möglich wäre dies allerdings.

Wendepunkt in der Gedenkkultur
Das Steinmetz-Unternehmen von Ulrich Galling hat sich bereit erklärt, einen materiellen Beitrag zum Gedenkort zu leisten. Auch der Reservistenverband möchte mit einem Spendenaufruf unterstützen. "Wir sollten das machen, weil ich das für stilbildend halte", sagt Vizepräsident Faul. Ein Gedenkort wie dieser sei ein Fingerzeig, auch für andere Städte und Kommunen, über das Verhältnis Bundeswehr und Gesellschaft nachzudenken.

Volker Lehmann und Ursula Wolf freuen sich über den erfolgreichen Bürgerantrag. Sie bedanken sich bei allen Beteiligten für die Unterstützung. "Das ist ein Wendepunkt in der Gedenkkultur. Das hat die Kommunalpolitik erkannt und parteiübergreifend für einen Gedenkort entschieden", sagt Lehmann. Vielleicht geschieht dies auch für den Fall Alexej Kobelew.

Danksagung
Volker Lehmann bedankt sich bei allen Beteiligten, die sich für einen Gedenkort für Martin Augustyniak einsetzen und eingesetzt haben, insbesondere Christian Faul, Vizepräsident des Reservistenverbandes für Sicherheitspolitische Bildung, Hauptmann d.R. Adrian Korf, Stabsunteroffizier d.R. Adrian Stein, Marie Therese und Obergefreiter d.R. Herwart Brockmann aus der Reservistenkameradschaft Gütersloh, Alex Loher und Christophe Böckling vom Verein Combat Veteran e.V., Major Stephan Wüsthoff von der FUAV Versehrtenhilfe Warendorf, Hauptfeldwebel Holger Berghaus, Manuela Heinrich und Ursula Wolf.
 

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Benjamin Vorhölter

Bild oben:
Hauptgefreiter Martin Augustyniak ist beim Karfreitagsgefecht in Kundus
beim Versuch, einem Kameraden das Leben zu retten, gestorben. Ihm
soll nun ein Gedenkort in der Nähe seines Elternhauses gewidmet werden.
(Foto: Bundeswehr/Neumann)

Bild unten:
Ehrenhain Kabul in der Gedenkstätte "Wald der Erinnerung" in der
Henning-von-Tresckow-Kaserne in Potsdam. Auf einer der Platten
auf der rechten Seite ist Martin Augustyniak verewigt.
(Foto: Bundeswehr/Hannemann)

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