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„Ich bin dann mal UN!“ – Als Auge und Ohr im Südsudan




Afrika: Es ist einer der blutigsten Bürgerkriege der vergangenen Jahre. Zehntausende Tote, mehr als zwei Millionen Vertriebene – bis jetzt. Der Konflikt brodelt, der Staat kämpft um Stabilität. Die Rede ist vom Südsudan, gegründet im Jahr 2011. Schon damals brachen erste Scharmützel aus. Offiziell herrscht seit 2013 Bürgerkrieg. Seit 2011 unterstützt die United Nations Mission in the Republic of South Sudan (UNMISS) die junge Nation – derzeit mit bis zu 12.500 Blauhelmen. Auch Deutschland beteiligt sich mit bis zu 50 Soldaten – darunter 16 Militärbeobachter. Einer von ihnen ist Major der Reserve Michel Pusch. Der Kernauftrag ist es, die Zivilbevölkerung zu schützen, die Menschrechtssituation zu beobachten und den Zugang zu humanitärer Hilfe sicherzustellen. Die Situation ist fragil.

Ortswechsel: Berlin. Major der Reserve Michel Pusch steckt mitten in den Vorbereitungen. Hinter ihm liegt eine mehrwöchige Sanitäts- und Englischausbildung an der Infanterieschule in Hammelburg. Von Infusionen legen bis hin zu Entlastungspunktionen im Thorax-Bereich – es war alles dabei. Danach absolvierte er das letzte Modul seiner Ausbildung in Finnland: Gefahrensituationen durchspielen, Kommunikation mit der Bevölkerung. Nach diesem Modul ist der Major der Reserve "combat ready"; er erhält seine Einsatzzertifizierung als Militärbeobachter. Und dann geht es im Juli für ein halbes Jahr in den Südsudan.

Immer wieder Bundeswehr
Der Werdegang von Michel Pusch ist bunt, definitiv anders, irgendwie besonders. Seine erste Station nach der Schule sollte die Bundeswehr sein, das war sein Wunsch. Nicht aber der Wunsch der Eltern – damals begannen die ersten Auslandseinsätze der Bundeswehr. "Meine Mutter hatte Angst um mich und saß mit Tränen in den Augen vor mir", erinnert sich Pusch. Das konnte den Sohn umstimmen. Er absolvierte eine Lehre. Doch die Faszination blieb. Nach seiner Ausbildung war es wieder soweit. "2001 wurde ich als Wehrpflichtiger eingezogen. Man legte mir nahe, Soldat auf Zeit zu werden, das Abitur nachzumachen und in die Offizierslaufbahn zu wechseln – als Offiziersanwärter der Panzergrenadiertruppe", erzählt er. Nach acht Jahren war es wieder vorbei.

"Allerdings wollte ich unbedingt das Kerngeschäft der Bundeswehr – einen Auslandseinsatz – für das ich etliche junge Frauen und Männer ausgebildet habe, selbst erleben. Ich ging nach meiner aktiven Zeit als Reservist in den Kosovo. Dort war ich Einsatztagebuchführer – eine wirklich spannende Tätigkeit", sagt Pusch lächelnd. Der Zuhörer merkt, dass sein Herz für die Bundeswehr schlägt. Danach folgten einige Jahre lang Schritte im zivilen Arbeitsleben, doch es zog ihn wieder zurück zur Bundeswehr. "Ich war im vergangenen Jahr als Reservist im Rahmen der Flüchtlingskrise im Einsatzstab der Berliner Feuerwehr eingesetzt", berichtet der Reservestabsoffizier. Während dieser Zeit erfuhr er auch, dass seine Dienststelle Freiwillige zur Ausbildung zum UN-Militärbeobachter sucht. "Ich habe mich sofort gemeldet", sagt der 39-Jährige mit leuchtenden Augen.

Ein halbes Jahr ins Krisengebiet
Und nun also der Südsudan. Im Juli geht es für den Berliner los. Militärbeobachter sind Augen und Ohren der Vereinten Nationen vor Ort. Sie leisten durch reine Beobachtung – ohne Einsatz von Waffen – einen erheblichen Beitrag dazu, Konflikte unter Kontrolle zu halten. "Ich habe großen Respekt vor der Aufgabe", betont er. Dabei wird er ernst. "Als UN-Militärbeobachter darf ich nicht eingreifen, selbst wenn ich eine Situation sehe, die nach völkerrechtlichen Maßstäben jegliche Grenzen überschreitet." Solche Situationen muss man dann aushalten können, ohne daran zu zerbrechen. UN-Militärbeobachter sind Fühler in Krisenregionen.

Weltweit werden pro Jahr etwa 1.000 Militärbeobachter ausgebildet. Sie vermitteln zwischen Konfliktparteien, warnen vor aufflammenden Konflikten, überwachen Waffenstillstände und Friedensvereinbarungen. Dabei wird den Militärbeobachtern einiges abverlangt. Neben starken Nerven brauchen sie interkulturelle Kompetenz und müssen geschickt in Verhandlungen und Gesprächsführung sein. In den feuchten Sumpfgebieten des Südsudans müssen sie zudem auch gut improvisieren können. Vor Ort kann das Leben mitunter spartanisch sein – definitiv weit entfernt von europäischen Standards. "Es gibt dort Gegenden, in denen die Versorgung schwierig ist. Da muss man sich dann mit dem Behelfen, was die Region hergibt. Eine große Kiste Medikamente habe ich jedenfalls jetzt schon fertig", sagt Pusch mit einem Augenzwinkern. Er freut sich auf eine anspruchsvolle Mission, ein einzigartiges, kulturelles Erlebnis und auf ein Abenteuer. "Ich weiß aber, dass ich auch Demut vor den Dingen gewinnen werde, die hier so selbstverständlich sind“, sagt er. Eines weiß er schon jetzt: Nach den sechs Monaten wird er reicher an Erfahrung sein und der von ihm angestrebten Wiedereinstellung in den aktiven Dienst ein Stück näher.


Victoria Eicker

Archivbild oben: Michel Pusch (rechts) trainiert Gesprächsführung
(Foto: Sirpa Bani Naser, Finnish Defence Forces).

Bild unten: Michel Pusch im Interview über seine Tätigkeit
als UN-Militärbeobachter (Foto: Nadja Klöpping).

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