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„Innere und äußere Sicherheit nicht mehr trennbar“




Um die Zukunft der inneren Sicherheit in Deutschland ging es beim Sicherheitspolitischen Forum in Berlin. Am Freitagnachmittag diskutierten Vertreter aus fünf Bundestagsfraktionen darüber, wie sich Terroranschläge oder Cyberattacken verhindern lassen und wie sich die Bundesrepublik aufstellen muss, um ihre Bürgerinnen und Bürger möglichst effizient zu schützen. Verbandspräsident Oberst d.R. Oswin Veith, Mitglied des Deutschen Bundestages und der Vizepräsident für Sicherheitspolitische Bildung im Reservistenverband, Christian Faul, begrüßten dazu knapp 400 Gäste.

Außer zur Verteidigung dürfen die Streitkräfte nur eingesetzt werden, soweit dieses Grundgesetz es ausdrücklich zulässt. Punkt. So steht es im Grundgesetz, Artikel 87a, zweiter Absatz. Klingt erst einmal trocken. Und ebenso trocken formulierte es Edzard Schmidt-Jortzig, von 1996 bis 1998 Bundesjustizminister: "Wenn ein Jurist vorträgt, dürfen Sie eben kein rhetorisches Feuerwerk erwarten", schmunzelte er. Aber so ist nun mal die Rechtslage.  

In der Praxis bedeutet das: Außer bei repräsentativen Anlässen, vor allem durch das Wachbataillon, oder bei Goodwill-Aktionen wie Benefizkonzerten, ist die Bundeswehr im Inneren nicht aktiv. Einzige Ausnahme: Amtshilfe gemäß Artikel 35, Absatz 1. Hier geht es um die viel zitierte Amtshilfe, etwa bei Hochwasser, in logistischen Fragen oder wie zuletzt bei Waldbränden. Aber darüber hinaus? „Rein rechtlich wage ich eine Ausweitung der Tatbestände, bei dem ein Bundeswehreinsatz im Inneren zulässig ist, zu bezweifeln“, sagte Schmidt-Jortzig.

"In die Sicherheit der Bevölkerung investieren"
"Innere und äußere Sicherheit ist nicht mehr voneinander zu trennen", sagte Henning Otte, Verteidigungspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag bei der anschließenden Podiumsdiskussion. "Wir müssen uns modernisieren und wir müssen feststellen, dass Terroranschläge überall möglich sein können. Wir müssen massiv investieren in die Sicherheit der Bevölkerung. Der Staat muss in der Lage sein, Gesetze sinnvoll anzupassen."

Aufhänger der Diskussion war unter anderem der Terroranschlag auf dem Berliner Weihnachtsmarkt durch Anis Amri. "Sicherheit ist das eine", sagte Dr. Tobias Lindner, Sicherheitspolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Grüne im Bundestag. "Allerdings dürfen Grundrechte dadurch nicht eingeschränkt werden. Wir haben die richtige Sicherheitsarchitektur, an der Statik würde ich nichts ändern, aber vielleicht mal renovieren."

Ähnlich sieht es Linda Teuteberg, Obfrau im Ausschuss für Inneres und Heimat der FDP-Bundestagsfraktion. "Wir brauchen dringend eine Verbesserung in der Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden." In den vergangenen Jahren seien sieben ernste Anschläge vereitelt worden, die entscheidenden Tipps hätten jedoch die Amerikaner gegeben.  

"Ständige Betrachtung dessen, was für unsere nationale Sicherheit nötig ist"
"Im Grunde brauchen wir eine ständige Betrachtung dessen, was für unsere nationale Sicherheit nötig ist", sagte Rüdiger Lucassen, Verteidigungspolitischer Sprecher der AfD-Fraktion im Bundestag. Er forderte eine sicherheitspolitische Debatte im Parlament, bei der die sicherheitsrelevanten Ministerien wie etwa das Verteidigungsministerium oder das Auswärtige Amt die Weltlage beschreiben. Zuvor hatte Lucassen über die gefühlten Ängste in der Bevölkerung gesprochen. Ferner könne es nicht sein, dass Polizeibeamte auf der Straße angegriffen würden.  Daraus entstehe das Gefühl, dass die Sicherheitsorgane quantitativ und qualitativ überfordert seien.

Dass es in Deutschland rechtsfreie Räume gibt, bestritt Fritz Felgentreu, Verteidigungs- und Sicherheitspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion. "Wir haben starke Sicherheitskräfte, allerdings auch ein Umsetzungsproblem. Wir haben im Jahr 2015 den Überblick verloren, wer in unser Land kommt." Gleichzeitig versicherte er aber auch, dass sich die Rahmenbedingungen zur Registrierung von Einwanderern und Geflüchteten deutlich verbessert hätten: "Wir haben ein System installiert, das funktioniert. So müssen wir Projekt für Projekt durchführen."

Die geladene Vertreterin der Fraktion Die Linke, Ulla Jelpke, musste ihre Teilnahme aus privaten Gründen leider absagen.  

Reservesysteme und der Einsatz im Inneren in der westlichen Welt
Über die Reservesysteme in den westlichen Streitkräften referierte unter anderem Scott Kostal von der U.S. Army Europe’s Mobilization and Reserve Division. Dort üben Reservisten an zwölf Wochenenden im Jahr, also jeden Monat einen Samstag und Sonntag;  zudem an 15 zusammenhängenden Tagen, meist im Sommer. Schlecht für Großbritannien, aber gut für die Reserve – der Brexit. "Aktuell ist es schwierig, bei der recht gut laufenden Wirtschaft Freistellungen zu erwirken, das wird sich nach dem Austritt aus der EU vermutlich ändern", sagte Brigadegeneral Robert Rider, Verteidigungsattaché des Vereinigten Königreichs, mit einem Schuss Sarkasmus. Dort gibt es eine reguläre Reserve, meist aus ehemaligen Soldaten auf Zeit und Berufssoldaten, sowie eine freiwillige Reserve, die auch Ungediente umfassen kann. In der Praxis ist es jedoch so, dass sich die Streitkräfte auf die "Regular Reserve" stützen. "Die Reserve ist uns sehr wichtig." In Frankreich ist es nach den Terroranschlägen von Paris im November 2015 gelungen, binnen drei Monaten rund 30.000 Nationalgardisten zu rekrutieren, die nun Sicherungsaufgaben übernehmen. "Wer in Paris über die Straße geht und dort Soldaten sieht, kann davon ausgehen, dass es sich hierbei um Nationalgardisten handelt", sagte Oberstleutnant Alain Bourderau von der Garde nationale.

Hintergrund
Das Sicherheitspolitische Forum in Berlin war nach dem Auftakt im Jahr 2015, bei dem der Reservistenverband erstmals das Thema „Dienstpflicht“ platziert hatte, das zweite seiner Art. Es soll die sicherheitspolitische Debatte in der Hauptstadt fördern und gleichzeitig den Untergliederungen des Reservistenverbandes Anknüpfungspunkte für eigene Veranstaltungen zum Thema geben.

Bild oben (Podium v.l.n.r.):
Dr. Fritz Felgentreu (SPD), Henning Otte (CDU),
Linda Teuteberg (FDP), Moderator Ulrich Meyer,
Christian Thiels (ARD-Hauptstadtstudio), Rüdiger
Lucassen (AfD) und Tobias Lindner (Grüne).
(Foto: Sören Peters)

Zweites Bild:  
Der ehemalige Bundesjustizminister Edzard
Schmidt-Jortzig ordnete das Thema Innere
Sicherheit zu Beginn juristisch ein.
(Foto: Sören Peters)

Drittes Bild:
Blick in den Hörsaal beim
Sicherheitspolitischen Forum Berlin.
(Foto: Sören Peters)

Bild unten (v.l.n.r.):
Oberstleutnant Alain Bourderau (Frankreich),
Oberstabsfeldwebel Scott Kostal (USA), Moderator
Ulrich Meyer, Brigadegeneral a.D. Rainer Meyer zum
Felde und Brigadegeneral Robert Rider (Großbritannien).
(Foto: Sören Peters)

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