DAS MAGAZIN

Monatlich informieren wir unsere Mitglieder mit der loyal über sicherheitspolitische Themen. Ab sofort können Mitglieder auch im Bereich Magazin die darin aufgeführten Artikel lesen!

Mehr dazu
DER VERBAND

Der Verband der Reservisten der Deutschen Bundeswehr (VdRBw) hat mehr als 115.000 Mitglieder. Wir vertreten die Reservisten in allen militärischen Angelegenheiten.

Mehr dazu
MITGLIEDSCHAFT

Werden Sie Teil einer starken Gemeinschaft

Mehr dazu

Kein Luschenhaufen: Die Reservisten der Heeresaufklärungstruppe




Zum Handwerkszeug des Soldaten gehört zuerst das Schießen. Die Schießausbildung der Bundeswehr ist in den vergangenen fünf Jahren vollständig reformiert worden. Auch Reservisten werden nun nach dem neuen Schießausbildungskonzept der Bundeswehr (neues SAK) professionell ausgebildet. Das Aufklärungslehrbataillon 3 "Lüneburg" hat hierzu die 5. Kompanie – ein Ergänzungstruppenteil bestehend nur aus Reservisten – zu einer zweiwöchigen Truppenübung (früher Truppenwehrübung) zusammengezogen, um sie nach den neuen Richtlinien auszubilden. Sie brauchen dabei den Vergleich mit aktiven Soldaten nicht scheuen. Außerdem fand eine Dienstpostenausbildung der Kompanieführung und des Spähzuges statt.

"Wir sind eine professionelle Reserve, die vernünftige Ausbildung betreibt", sagt Hauptmann Gregorij Wittgenstein über seine Einheit. Der 29 Jahre alte Reservist ist Kompaniechef des Ergänzungstruppenteils (ErgTrT) des Bataillons. Auffällig ist, dass in seiner Kompanie alles korrekt militärisch läuft. Der Beobachter sieht keinen Luschenhaufen. Die Reservisten der 5. Kompanie sind korrekt gekleidet, grüßen militärisch, sprechen sich mit Dienstgrad an. "Das ist mir wichtig. Es geht um das Ansehen innerhalb der aktiven Truppe. Wir wollen alle, dass wir uns auf Ballhöhe mit dem ganzen Bataillon bewegen", so der Student, der kurz vor seinem Abschluss steht. Im Umgang untereinander geht es jedoch sehr freundlich, zuvorkommend und kameradschaftlich zu. Die Männer der Kompanie sind fröhlich und motiviert. Sie alle sind freiwillig in Lüneburg. "Und ich will, dass sie wiederkommen. Deshalb erkläre ich vielleicht manches mehr, als es in der aktiven Truppe der Fall ist. Ich will jeden bei meinen Entscheidungen mitnehmen. Jeder soll einen Sinn in dem sehen, was er macht. Ich beziehe die Ideen aller in meine Entscheidungsfindung ein. Das schafft Vertrauen und wir werden so zu einem Team", sagt Wittgenstein nicht ohne Hintergedanken. Seine Kompanie ist erst am 3. Juli dieses Jahres aufgestellt worden. Insgesamt stehen 153 Dienstposten für Beorderungen zur Verfügung. Aktuell sind nur 70 besetzt – die meisten überführt aus dem Personal der ehemaligen Aufklärungskompanie 912 ErgTrT. Vor allem Mannschaften fehlen.

Reservisten werden dringend gesucht
"Wir können bei uns jeden Mannschaftssoldaten zum Oberstabsgefreiten fördern", sagt der Hauptmann, der selbst einen Major-Dienstposten innehat. Auch sein Vertreter kann Major der Reserve werden. "Wir suchen dringend Leute – vor allem diejenigen, die sich beruflich einmal im Jahr für zwei Wochen für Ausbildung und die Inübunghaltung freimachen können. Das Führungspersonal trifft sich zusätzlich einmal im Quartal am Wochenende zu Planungsrunden", so Gregorij Wittgenstein. Wie schwer es ist, die Leute zusammenzubekommen, zeigt sich an der aktuellen Ausbildung im Oktober. Nur 34 Männer konnten kommen – also immerhin 50 Prozent. Diese gute Quote erreichen andere Ergänzungstruppenteile oft nicht. An der Teilnehmerzahl zeigt sich die Motivation der Heeresaufklärer, aber auch die Probleme familiärer und privater Art eines jeden Reservisten.

Kampfentfernung im Gefecht unter 30 Metern
Einer der Reservisten auf der Standortschießanlage ist Oberstabsgefreiter Sebastian Külsheimer aus dem leichten Spähzug. Ihm und seinem Zug wird in den zwei Wochen das neue Schießausbildungskonzept der Bundeswehr vermittelt. (Hier geht es zu einem vierminütigen Video über das neue SAK.) Er lernt von einem erfahrenen Schießlehrer der aktiven Truppe, wie er sich dem Gegner mit seinem vollen Körper entgegenstellt und ihm so seine durch die Schutzweste geschützte Seite im Feuerkampf anbietet. Die Erfahrungen aus Afghanistan haben das neue Schießausbildungskonzept geprägt. Die Kampfentfernungen lagen dort im Durchschnitt unter 30 Metern. "In den Jahren 2003 und 2005 war ich noch als aktiver Soldat in Afghanistan. Zum Glück habe ich kein Gefecht erlebt", sagt der Dachdecker aus Werbach in Baden-Württemberg. Der heute 32-Jährige ist froh, dass er diese fordernde Ausbildung nun durchlaufen kann. "Im Jahr 2010 bekam ich Post aus Lüneburg. Ich wurde gefragt, ob ich mich beordern lassen wolle. Ich sagte sofort ja und habe es nicht bereut. Ich werde das noch so lange machen, wie ich Spaß daran habe und nicht verheiratet bin", so der Reservist mit inzwischen 183 Übungstagen.
Sein Arbeitgeber ist zwar nicht begeistert von dem militärischen Engagement, lässt Külsheimer dennoch ziehen. Er hat keine Kosten. Das Gehalt zahlt die Bundeswehr. Allerdings fehlt dem Arbeitgeber eine wichtige Arbeitskraft. Aufträge bleiben unerledigt. Das bringt dem Unternehmer Ärger mit Kunden.

Arbeitgeber einbinden
"Genau hier müssen wir ansetzen", sagt Kompaniechef Wittgenstein. "Wir müssen Lösungen finden, wie wir die Arbeitgeber ins Boot holen. Wir denken darüber nach, die Arbeitgeber der Soldaten mal einzuladen oder etwas ähnliches. Doch auch das bedarf einer gründlichen Vorbereitung. Wir müssen bei der Präsentation ein professionelles Bild abgeben. Deshalb denken wir noch über die Umsetzbarkeit nach, die dann ebenfalls in Übungen – also Freistellungen von der Arbeit – vorbereitet werden muss."

Alle ausgebildeten Soldaten sind wertvoll
Die Ausbildung in Lüneburg sah sich auch der gespiegelte Inspizient für Reservistenangelegenheiten des Kommandos Heer in Strausberg an. Oberst Dr. Falk Olbrich ist ebenfalls Reservist. Er vertritt und ergänzt den hauptamtlichen Inspizienten, wenn dieser Urlaub hat oder anderweitig gebunden ist. Olbrich kennt die Sorgen und Nöte der Reservisten aus eigener Erfahrung, fragt aber jeden Soldaten nach den seinen. "Für uns sind die Soldaten wertvoll. Wir wollen sie langfristig an uns binden – brauchen vor allem die motivierten, die voll ausgebildeten Männer und Frauen. Wir denken auch über E-Learning-Verfahren – also Fernausbildungsmöglichkeiten – nach, wie die Luftwaffe sie schon anwendet. "Denn die theoretische Ausbildung mit Vorschriften ist komplex und muss im Selbststudium vorangetrieben werden", sagt der ausgebildete Pionierstabsoffizier einsichtig.

Wehrdienst bringt was
Grundlagen der Vorschriften über den Kompaniegefechtsstand für die Heeresaufklärungstruppe lehrt in Lüneburg Oberleutnant Maximilian Schwierz. Er ist der Kompanieeinsatzoffizier und führt im Einsatz im Schichtbetrieb mit dem Kompaniechef den Kompaniegefechtsstand: "Viele Vorschriften nutzen englische Fachausdrücke. Die Abkürzungen waren selbst mir unbekannt. Da musste ich viel Zeit investieren, um mich auf den aktuellen Stand zu bringen." Der Aachener ist einer der wenigen Reservisten dieser Kompanie, die bereits in ihrer aktiven Dienstzeit am Spähwagen vom Typ Fennek ausgebildet worden sind. Als Reserveoffiziersanwärter hatte er sich für zwei Jahre verpflichtet. Das ist sechs Jahre her. Mit Übungen hält sich der Student für Wirtschaftsingenieurwesen fit für die Bundeswehr. "Bei der Bundeswehr habe ich als 19-Jähriger sicheres Auftreten, Planung und das Ausbilden junger Erwachsener gelernt. Das kommt mir im späteren Berufsleben bestimmt zu Gute". Da er noch ledig sei, könne er flexibel zu den Ausbildungen nach Lüneburg kommen. "Und ich komme sehr gerne her", so der 25-Jährige.

Freunde finden Engagement gut
Der Fennek ist das gepanzerte Fahrzeug der Heeresaufklärungstruppe, welches auch von den  Reservisten bewegt werden muss. Deshalb sucht die Kompanie dringend Fahrer mit den Führerscheinen BCE. Auf der Standortschießanlage bei Lüneburg schossen alle Soldaten des Spähzuges die "Schulschießübungen mit dem Maschinengewehr MG3 von gepanzerten Fahrzeugen". Das Maschinengewehr wird aus dem geschützten Innenraum bedient. (Hier geht es zu einem sechsminütigen Video über das Schießen mit dem Fennek.) Die Reservisten haben Spaß an der Schießübung. Einer der Schützen ist Helge Danielsen. Er war Soldat auf Zeit und hatte sich für zwölf Jahre bei der Bundeswehr verpflichtet. Heute ist er 43 Jahre alt, Stabsfeldwebel der Reserve und Spähtruppführer. Zivilberuflich ist er in Kiel als Projektingenieur tätig. Sein Arbeitgeber stellt ihn für den Reservistendienst frei, denn Danielsen arbeitet in der Rüstungsindustrie. "Meine Projekte ermöglichen es mir, vor- oder nachzuarbeiten. Deshalb geht das gut zusammen."

Seine Motivation sind die Kameraden und die Tätigkeiten, die er auch als Zeitsoldat gerne gemacht hat. "Ich bin einfach glücklich mit dem, was ich mache. Das passt einfach super zusammen", so der Patch-Work-Familienvater von vier Kindern. Auch seine Freunde finden das Engagement des Schleswig-Holsteiners gut. Danielsen schmunzelt: "Sie sagen zu mir: Wenn du wachst, können wir wenigstens beruhigt schlafen."

Reservisten sind willkommen
Die 5. Kompanie sucht für die 83 freien Dienstposten vor allem ehemalige Aufklärer, auch ehemalige Jäger. Militärkraftfahrer mit Führerschein BCE und Stabsdienstsoldaten mit Führerschein Klasse B werden gerne genommen. "Natürlich sollten die notwendigen Ausbildungsnachweise vorhanden sein. Manches können wir bei einer Ausbildung am Arbeitsplatz in zusätzlichen Einzelübungen nachschulen. Englisch ist je nach Dienstposten sehr wünschenswert und grundsätzlich immer von Vorteil", sagt Kompaniechef Wittgenstein. Bewerbungen für eine Beorderung in der 5. Kompanie ErgTrT des Aufklärungslehrbataillons 3 "Lüneburg" können per E-Mail hier abgegeben werden: AufklLehrBtl35KpErgTrT@bundeswehr.org.


Detlef Struckhof

Bild oben: Reservisten der 5. Kompanie ErgTrT
des Aufklärungslehrbataillons 3 "Lüneburg" werden
im neuen Schießausbildungskonzept der Bundeswehr trainiert
(Foto: Detlef Struckhof).

Bild 2: Hauptmann der Reserve Gregorij Wittgenstein ist
Kompaniechef des Ergänzungstruppenteils aus Lüneburg
(Foto: Detlef Struckhof).

Bild 3: Oberstabsgefreiter der Reserve Sebastian Külsheimer ist in
Lüneburg im neuen Schießausbildungskonzept der
Bundeswehr trainiert worden (Foto: Detlef Struckhof).

Bild 4: Die Schützen schauen nach hinten zum Ziel
bevor sie sich umdrehen werden (Foto: Detlef Struckhof).

Bild 5: Oberst der Reserve Dr. Falk Olbrich ist der gespiegelte Inspizient
für Reservistenangelegenheiten des Kommandos Heer in Strausberg.
Er sah sich in Lüneburg die fordernde Ausbildung der Reservisten an
(Foto: Detlef Struckhof).

Bild 6: Oberleutnant der Reserve Maximilian Schwierz ist
Kompanieeinsatzoffizier in der 5. Kompanie ErgTrT
des Aufklärungslehrbataillons 3 "Lüneburg" (Foto: Detlef Struckhof).

Bild 7: Schießen mit dem Maschinengewehr MG3 aus dem Fennek heraus.
Die Patronenhülsen fallen nach rechts auf den Boden. Blauer Dunst
zeigt die Schussrichtung (Foto: Detlef Struckhof).

Bild 8: Stabsfeldwebel der Reserve Helge Danielsen
ist Spähtruppführer (Foto: Detlef Struckhof).

Bild 9: Trefferaufnahme (rechts) nach dem Schießen mit dem
Maschinengewehr MG3 aus dem Fennek heraus (Foto: Detlef Struckhof).

Verwandte Artikel
Die Reserve

Die neue loyal blickt auf 75 Jahre NATO

Mitglieder des Reservistenverbandes finden in diesen Tagen die neue Ausgabe der loyal in ihrem Briefkasten. Wer die Ausgabe noch nicht...

28.03.2024 Von Redaktion / spe
Allgemein

Bundeswehr und Reserve - Newsblog KW 13

Was berichten die Medien in dieser Woche über die Bundeswehr und ihre Reserve? Welche Themen stehen auf der sicherheitspolitischen Agenda?...

28.03.2024 Von Redaktion
Die Reserve

Das Heimatschutzregiment 4 – ein Verband der Territorialen Reserve

Ab dem 1. April 2024 will die Bundeswehr das Heimatschutzregiment Mecklenburg-Vorpommern aufstellen. Dessen Kommandeur, Brigadegeneral Uwe Nerger, wirbt in diesem...

27.03.2024 Von Brigadegeneral Uwe Nerger