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„Kompetenz und Motivation der Reservisten unverzichtbar“




Prof. Dr. Dr. h.c. Ulli Arnold ist Mitglied des Beirates Innere Führung beim Bundesminister der Verteidigung. Die Redaktion des Reservistenverbandes traf den 68-jährigen während eines Besuchs in der Republik Kosovo. Im Interview spricht der Oberst der Reserve über seine Aufgaben, über seine Eindrücke und über die Rolle der Reservisten im KFOR-Einsatz.

reservistenverband.de: Herr Professor Arnold, was macht eigentlich ein Mitglied des Beirates Innere Führung?

Prof. Ulli Arnold: Die Innere Führung ist  das Führungskonzept der Bundeswehr das auf rechtsstaatlichen Grundpfeilern beruht. Demnach sind Soldaten Staatsbürger in Uniform und sie behalten ihre staatsbürgerlichen Rechte. Dieses Konzept muss natürlich weiterentwickelt werden, in dem Maße, wie sich auch die Welt drumherum verändert. Wichtige Veränderungsfaktoren sind die Transformation der Bundeswehr von einer Verteidigungs- zu einer Einsatzarmee und von einer Wehrpflicht- zu einer Freiwilligenarmee. Dazu beraten wir den Minister und werden angehört.

reservistenverband.de: Sie sind Wirtschaftswissenschaftler an der Universität Stuttgart und Oberst der Reserve. Wie sind Sie Mitglied des Beirates geworden?

Arnold: Der Minister beruft die Mitglieder. In meinem Fall war das noch Verteidigungsminister Volker Rühe. Im Wesentlichen sind im Beirat zwei Gruppen vertreten. Zum einen Persönlichkeiten aus Verbänden, die auch von den Verbänden vorgeschlagen werden, zum anderen sind es Männer und Frauen die aufgrund ihres beruflichen Umfeldes benannt werden, so wie ich. Bei mir hat vielleicht eine Rolle gespielt, dass ich mich als Betriebswirt auch intensiv mit ökonomischen Fragen von Organisationen – die mein Forschungsfeld darstellen – befasse. Auch meine Erfahrung als langgedienter Reservist dürften dazu beigetragen haben. Darüber, dass ich mehrfach wieder berufen werde, freue ich mich. Es ist ein Zeichen dafür, dass meine Arbeit offensichtlich wertgeschätzt wird.

reservistenverband.de: Waren Sie Zeitsoldat?

Arnold: Ja. Ich hatte mich 1964 für zwei Jahre verpflichtet. Zum Ende meiner aktiven Reservistenlaufzeit war ich sieben Jahre lang Kommandeur eines nicht aktiven Logistikregiments. Bereits seit 1966 bin ich zahlendes Mitglied im Reservistenverband, bin aber nicht als Mandatsträger aktiv tätig.

reservistenverband.de: Sie haben Bundestagsabgeordneten Rainer Erdel, einen unserer beiden Stellvertreter des Präsidenten des Reservistenverbandes, in die Republik Kosovo begleitet. Was war Zweck Ihrer Reise?

Arnold: Herr Erdel wollte einem Mitglied des Beirates die Möglichkeit geben, sich mit den Gegebenheiten und Bedingungen für die deutschen KFOR-Soldaten vor Ort vertraut zu machen. Herrn Erdel kenne ich schon sehr lange. Er war einer meiner Bataillonskommandeure. Wir tauschen uns regelmäßig zu Fragen, die die Bundeswehr oder die Sicherheitspolitik betreffen aus. Vor 13 Jahren war ich schon einmal mit einer Bundestagsdelegation in Prizren. Deshalb war es jetzt gut, die Situation von damals mit den heutigen Gegebenheiten und Entwicklungen vergleichen zu können.

reservistenverband.de: Dann kommen wir doch zu den Soldaten, die Sie besucht haben. Sie haben in Prizren Reservisten getroffen. Wie haben Sie die Reservisten erlebt, die im Kosovo immerhin zehn Prozent der deutschen KFOR-Soldaten stellen?

Arnold: Sie nennen bereits die erste Wahrnehmung, die mich dort positiv beeindruckt hat. Die zehn Prozent sind doch eine beachtliche Anzahl von Kameradinnen und Kameraden die dort den Einsatz unterstützen. Der Kommandeur Oberst Hartwig Stork – selbst ein Reservist – hatte uns gesagt, dass es in manchen Bereichen ohne die Reservisten gar nicht gehen würde. Ich denke hier insbesondere an die Feldpost aber auch an einige administrative Aufgaben der Wehrverwaltung. Die zweite Beobachtung: Mich hat ebenfalls überrascht, mit welcher militärfachlichen Kompetenz und auch mit welcher Motivation die Reservisten dort ihre Arbeit machen. Das klingt an der Stelle vielleicht wie ein blöder Stereotyp. Ich muss aber hier in diesem Interview keine Sonntagsreden halten. Ich kann frei sagen, was meiner Wahrnehmung entspricht. Ich hatte eine ganze Reihe von interessanten Gesprächen mit Reservisten und aktiven Soldaten. Die Aussagen der Kameradinnen und Kameraden waren sehr eindrucksvoll.

reservistenverband.de: Was nehmen Sie jetzt daraus für Ihre Arbeit im Beirat mit?

Arnold: Es sind zwei Beobachtungen. Die erste Beobachtung ist die, dass die Soldaten die im deutschen Camp in Prizren angesiedelt sind und dort mehrere Monate leben, offensichtlich ganz ordentliche Infrastrukturbedingungen vorfinden. Auch die Freizeitbedingungen sind ordentlich ausgebaut – zum Beispiel im Fitnessbereich oder die Betreuungseinrichtungen. Uns wurde jedoch gesagt, dass es die Soldaten als Einschränkung empfinden, wenn sie zu wenig Möglichkeiten erhalten, das Land und die Lebensweisen der Bevölkerung kennenzulernen. Darüber wird jedoch von der Kontingentführung intensiv nachgedacht, um hierfür Lösungen zu finden und zum Beispiel die Ausgangsregelungen zu lockern. Ich hielte es für sinnvoll und angebracht, wenn unsere Soldaten zum Zwecke ihres interkulturellen und ihres ethnischen Verständnisses die Möglichkeit dafür bekämen; zum Beispiel nach Dienst oder am Wochenende.

reservistenverband.de: Im Gegensatz zu den meisten Soldaten sind sie in nur vier Tagen viel herumgekommen. Sie haben Pristina gesehen, das "Gate One" im Norden an der serbischen Grenze und Sie waren in Prizren unterwegs. Was beschäftigt Sie von alledem nach Ihrem Besuch am meisten?

Arnold: Daraus resultiert auch meine zweite Beobachtung: Im "Gate One" im Norden sind die Bedingungen für die Soldaten sehr improvisiert und sehr eingeschränkt. Wenn sich Deutschland darauf einstellt, dass der Einsatz dort noch einige Zeit notwendig ist, dann möchte ich doch sehr empfehlen, auf Zelte, die auf irgendwelchen Paletten aufgestellt sind, zu verzichten und bessere Unterkunftsmöglichkeiten zu schaffen.

reservistenverband.de: Bei einem Rundgang durch ein Dorf in der Nähe des „Gates One“ wurden die Soldaten und Sie als Besatzer beschimpft. Wie haben Sie das empfunden?

Arnold: Sie nannten uns Faschisten. Ich hatte den Eindruck, dass die Bevölkerung unseren Besuch zwischen einer abwartend distanzierten und feindlichen Haltung wahrgenommen hat. Ob es so geschickt war – ich sage das mal selbstkritisch – dort so militärisch in Erscheinung zu treten, wie wir das gemacht haben, darüber könnte man sicherlich diskutieren. Ich habe versucht, mich in die Lage der Leute zu versetzen: Ich sitze im Café und da kommen dann bewaffnete Soldaten mit Gewehren unterm Arm vorbei und sichern nach allen Seiten ein paar Zivilisten ab. Da würde ich wohl auch eher reserviert reagieren. Ich verstehe schon, dass die Bundeswehr das auch zu unserer Sicherheit als Besucher getan hat. Es ist nur eine Feststellung im Kontext dieser deutlich feindlichen Beschimpfung. Also ich glaube, dass die Situation noch weit entfernt ist von Normalität. Und ob die verschiedenen Ethnien mit ihren politischen Antreibern dazu in der Lage sind, einen Konsens zum friedlichen Miteinander zu finden, das ist bei mir mit einem Fragezeichen versehen.

reservistenverband.de: Was würden Sie sagen, wie lange noch deutsche Soldaten dort sein müssen?

Arnold: Dazu müsste ich die gesamte komplexe politische Lage im Detail genau kennen. Aber der derzeitige Zustand – wie ich ihn gerade im Norden erlebt habe – ist nicht gerade das, was man als normal bezeichnen könnte. Erst wenn wir von einem normalen Miteinander in dem noch jungen Staat reden können, ist die Präsenz der Nato verzichtbar.

reservistenverband.de: Vielen Dank für Ihre Ausführungen und Ihre Einschätzungen.


Das Interview führte
Detlef Struckhof

Bild oben: Oberst d.R. Prof. Ulli Arnold, Mitglied des Beirates Innere Führung,
besuchte Anfang des Monats die Republik Kosovo, hier in Prizren.
(Foto: Detlef Struckhof)

Bild unten: Prof. Ulli Arnold ist Oberst d.R. und Mitglied des Beirates Innere Führung beim
Bundesminister der Verteidigung. Auf dem Bild sitzt er im Büro des kosovarischen
Innenministers Bajram Rexhepi. Arnold begleitete Rainer Erdel MdB in die Republik Kosovo.
(Foto: Detlef Struckhof)

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