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Layout in der Räucher-Kammer – Erinnerungen an die Geburtsstunde einer ungewöhnlichen Zeitung




Reservisten können die Bundeswehr besonders durch ihre zivilberuflichen Kenntnisse unterstützen. Ein Beispiel ist "Der Keiler", die erste Einsatzzeitung der deutschen Streitkräfte, die nach 555 Ausgaben im September 2007 eingestellt worden ist. Das war kein Grund zur Trauer, im Gegenteil: Die Bundeswehr hatte ihren Friedensstabilisierungseinsatz in Bosnien-Herzegowina nach mehr als zehn Jahren erfolgreich einstellen können, damit gab es für den inzwischen legendären "Keiler" keine Leser mehr. Der erste Chefredakteur Helmut Michelis, heute Redakteur der Tageszeitung "Rheinische Post" in Düsseldorf und Vorsitzender der VdRBw-Kreisgruppe Krefeld-Mönchengladbach, erinnert sich an diesen Auslandseinsatz: 
"Kaum Leben auf den Straßen, trübgrauer HiDer erste Keiler wird gedruckt - eine aufregende Angelegenheit.mmel, sich kreuzende Leuchtspurgeschosse am Horizont – Tristesse pur bot das übel zugerichtete Sarajevo zum Jahreswechsel 1996/97. Im Auftrag des Heeresführungskommandos galt es damals, in dieser trostlosen Trümmerwüste irgendwie eine "richtige" Zeitung aus dem Boden zu stampfen. Aber: Ein Bundeswehr-Soldat – ein Weg! Die ersten Texte schrieb ich in einer Ecke des Wohncontainers Z 14 auf meinen privaten Notebook, bei Stromausfall bei Kerzenlicht, für Fotos stand schon die professionelle Bundeswehrausrüstung zur Verfügung. Entwickelt wurde aber in einem örtlichen Fotogeschäft, das sich genauso in der Lernphase befand wie wir: Mal waren die Abzüge von einer Art Sandschicht überzogen, mal durch einen gewaltigen Blau-Stich verfärbt. Immerhin: Texte und Bilder vom Aufbau des Feldlagers gab es schon mal in Hülle und Fülle. Der Titel "Keiler", Sinnbild für unseren Auftrag, die Beseitigung tödlicher Kriegsgefahren, war auch recht schnell gefunden und genehmigt.
"Etwas" schwieriger verlief allerdings die Suche nach einer Druckerei, zumal "Der Keiler" in den Anfangstagen ausdrücklich nur als Nebentätigkeit erlaubt war. Hier half der Zufall: Eine frühere Düsseldorfer Zeitungskollegin, deren Mann vor dem Krieg häufig beruflich in Sarajevo tätig war, hatte mir ein paar "alte Bekannte" in der bosnischen Medienszene benannt. Die Namens- und Adressenliste war eine Art Türöffner bei der Suche nach Druckmöglichkeiten. Schließlich konnte ich in der Ruine des Pressehauses an der ehemaligen Sniper-Alley Kontakte knüpfen. Vorbei an durchlöcherten Lastwagen, zerbombten Druckstraßen und Büros mit Sperrholzwänden und Plastikplanen-Fenstern wurde ich zum Direktor von "Oko-Druck" geführt. Alles sah ähnlich aus wie in meinem früheren Verlag, doch übel demoliert. Es hat mich tief berührt.
Allen Sprachbarrieren zum Trotz wurde nach harten, aber sehr fairen Verhandlungen feierlich ein Vertrag abgeschlossen. Es war schon ein bewegender Moment und sogar von einem ARD-Fernsehteam begleitet, als die Druckmaschinen im Anschluss an die Tageszeitung "Oslobodjenje" den ersten zwölfseitigen Keiler druckten – unseren Keiler (ich hatte inzwischen drei Mann Verstärkung bekommen). Pünktlich zur Kommandoübergabe des Nationalen Befehlshabers GECONIFOR an GECONSFOR konnte das neue Blatt an Truppe und Besucher verteilt werden.
Am Anfang legten sich Stolpersteine in den Weg
Nach der jahrelangen Belagerung gestalteten sich die "Geburtswehen" der Feldzeitung indes sehr, sehr heftig: Ein Experiment mit Vierfarbdruck scheiterte – die Fotos sahen aus wie 3-D-Bilder. Ständige Risse der Papierrollen in der Rotation gehörten in den ersten Monaten zum Alltag, die unzähligen Fehldrucke übertrafen die Auflage bei weitem. Und beim Layouten vorab gab es schon deswegen böse Überraschungen, weil das bosnisch-amerikanische PC-Programm bei der Übernahme der deutschen Disketten ungewöhnliche "Korrekturen" vornahm: Es verwandelte ihm unbekannte Buchstaben hartnäckig in bosnische und tren-nte d-ie deutsc-hen W-orte, wo es gerad-e wo-llte. Jede Korrektur sorgte so für eine Kette neuer Fehler.
Außerdem arbeiteten die bosnischen Layouter von Oko damals noch unter unglaublichen Bedingungen in einem Hinterhof-Büro in der Altstadt: zwölf Stunden täglich ohne jede Pause und ohne Essen in einem überheizten, 4 x 5,30 Meter großen Raum mit insgesamt bis zu zwölf Personen – natürlich fast alle Kettenraucher. Den Härtetest komplett machten ständige Runden des starken bosnischen Kaffees, offensichtlich das Grundnahrungsmittel jener Layout-Truppe.
Warum es trotzdem innerhalb weniger Tage auf Anhieb klappte? Nun, weil wir bis in die damals ultrakurzen Haarspitzen motiviert waren. Und weil die sympathische Mannschaft von Oko nimmermüde und mit beeindruckendem Fachwissen regelrecht geschuftet hat – unter Bedingungen, die bei uns als unzumutbar gelten. Unseren Hang zum Perfektionismus trugen die Bosnier dabei mit Engelsgeduld.
Ein Quäntchen "Vitamin B" half übrigens auch beim Keiler-Kopf. Nachdem das ganze PIZ-Team unhöflicherweise vor Lachen unter dem Tisch lag, als ich meinen ersten Keiler-Entwurf vorlegte, war klar: Ein Profi muss her. Der Münchner Karikaturist Horst Haitzinger spendierte die bis zuletzt verwendete Wildsau-Zeichnung daraufhin via Fax seinem bayerischen Journalistenkollegen Claus Liesegang. Der Leutnant der Reserve hatte sich ebenfalls freiwillig fürs erste Kontingent SFOR gemeldet und prägte die Feldzeitung wesentlich mit. Zum ersten Team gehörten außerdem die Zeitsoldaten und Hauptgefreiten Stefan Wiecki und Michael Lorenz.
Die erste Ausgabe vom 27. Januar 1997 war schnell vergriffen und wurde später für horrende Liebhaberpreise auf dem "Schwarzmarkt" gehandelt. Nun war "Der Keiler" im deutschen Blätterwald eine ganz besondere Pflanze. Aber allzu hoch hängen sollte man unsere Leistung deshalb bitte nicht. Solche Pionierarbeit musste schließlich ganz allgemein im übel demolierten Feldlager Rajlovac geleistet werden. Während dieser Aufräumarbeiten in Schnee, Nebel und Regen wurde der Standort erstmals treffend als "Rajlomatsch" verballhornt. So hieß dann auch die Schlagzeile unserer ersten Ausgabe folgerichtig: "Schlammschlacht von Rajlomatsch gewonnen."

Text: Helmut Michelis
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