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Lebensretter Gleffe: „Nur getan, was in der Situation zu tun war“




Marcel Gleffe gilt vielen als Held. Der 32-jährige Deutsche hat mindestens 20 jungen Norwegern das Leben gerettet. Dabei schoss der Massenmörder Anders Behring Breivik auch auf ihn. Gleffe brach seine Rettungsaktion mit einem kleinen Boot dennoch nicht ab. Unbeirrt fuhr er viermal auf den Fjörd hinaus. Die Medien feierten ihn als den Helden von Utøya. Da Gleffe Hauptgefreiter der Reserve ist, zeichnete ihn der Reservistenverband am Dienstag für seine mutige Tat mit dem Ehrenabzeichen des Verbandes in Gold aus. Er selbst ist seit dem Massaker krankgeschrieben – sucht zu sich selbst zurück.

"Sie haben gezeigt, was sie bei der Bundeswehr gelernt haben: Sie haben ihr eigenes Leben eingesetzt, um das Leben vieler anderer Menschen zu retten. Sie sind ein Vorbild", sagte Roderich Kiesewetter, Stellvertreter des Präsidenten des Reservistenverbandes. Der Bundestagsabgeordnete verlieh die höchste Auszeichnung des Verbandes in würdigem Umfeld vor dem Reichstagsgebäude. An der Zeremonie nahmen Berliner Reservisten in Uniform teil. Marcel Gleffe war sichtlich gerührt: "Diese Auszeichnung ist eine besondere Ehre und erfüllt mich mit Stolz."

Von März 1999 bis Juli 2000 absolvierte Marcel Gleffe seinen Grundwehrdienst bei der Heeresflugabwehrtruppe. Doch anstatt anschließend in den zivilen Beruf zu wechseln, entschied er sich für eine Verlängerung seines Grundwehrdienstes und somit für einen fünfmonatigen Auslandseinsatz im Kosovo. "Die Zeit bei der Bundeswehr hat mich sehr geprägt und mich zu dem Menschen gemacht, der ich heute bin", sagt er rückblickend. Und vor allem die Ausbildung für den Auslandseinsatz habe ihm geholfen, so zu reagieren, wie er es getan hat: "Ich habe alle Bilder und Geräusche ausgeblendet und mich nur darauf konzentriert, möglichst viele Menschen aus dem Wasser zu ziehen. Jeder Handgriff musste sitzen – das habe ich beim Bund gelernt."

Das Protokoll einer mutigen Tat
Zum Zeitpunkt des Massakers machte er gemeinsam mit seiner Familie Urlaub auf dem Campingplatz von Utvika gegenüber der Insel Utøya. Als er die Schüsse hörte, stieg er in ein kleines rotes Boot mit Außenbordmotor, steuerte die Insel an und zog auf vier Fahrten nacheinander mindestens 20 Jugendliche aus dem kalten Wasser. Dabei habe der Amokläufer sein Boot beschossen, sagt der Dachdecker aus Teterow. "Die Jugendlichen hatten Panik und schwammen erst einmal von meinem Boot weg. Lieber wollten sie ertrinken." Er warf Rettungswesten ins Wasser, um den Jugendlichen zu zeigen, dass er ihnen helfen wollte. Erst danach trauten sie sich, in sein Boot zu klettern. "Wenn es diesen Tag doch bloß nie gegeben hätte", sagt Gleffe sichtlich berührt.

Doch es gab diesen Tag, diesen 22. Juli 2011. Der Tag, an dem Norwegen die schlimmste Katastrophe seit dem Zweiten Weltkrieg erlebte. Der Tag, an dem der gleichaltrige Anders Behring Breivik 77 Menschen kaltblütig tötete. Zuerst zündete der rechtsradikale Breivik im Regierungsviertel von Oslo eine Autobombe und riss acht Menschen in den Tod. Anschließend erschoss er 69 Menschen, die an einem Sommer der regierenden Arbeiterpartei auf der Insel Utøya teilnahmen.

Die Bilder der Bluttat lassen ihn nicht los
Seit dem Massaker ist Marcel Gleffe krankgeschrieben. Die Schreckensbilder lassen ihn nicht mehr los: "Es läuft immer noch wie im Film ab." Es sei schwierig, das Erlebte zu verarbeiten. Kontakt zu den Jugendlichen, die er gerettet hat, hat er bislang nicht. "Es ging alles so schnell, alles war so durcheinander", sagt er. Aber er will versuchen, diese Menschen zu finden, denen er in schwerster Not helfen konnte – später, wenn er wieder bei sich selber angekommen ist. Wenn er verstanden hat, dass er nie mehr der sein wird, der er einmal war. Jetzt sucht er Ruhe. "Diese Woche ist sehr anstrengend für mich. Es ist überwältigend, was ich derzeit erlebe. Dabei habe ich doch nur getan, was in einer solchen Situation zu tun war", sagt Gleffe. Der ganze Rummel um seine Person freut ihn und verunsichert ihn zugleich. Deshalb wolle er weitere Pressetermine erst wieder im Oktober wahrnehmen.

Am heutigen Mittwoch nimmt Marcel Gleffe den Medienpreis "Goldene Henne" der Superillu entgegen, am 4. Oktober wird ihm von Bundespräsident Christian Wulff das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse verliehen. Außerdem erhält der Deutsche bald den "XY-Sonderpreis". Das teilte das ZDF am Dienstag mit.

Link zu RTL Aktuell vom 27. September 2011

Link zu ntv-Beitrag vom 27. September 2011


Christina Betting

Bild oben: Roderich Kiesewetter MdB (rechts), Stellvertreter des
Präsidenten des Reservistenverbandes, verleiht Marcel Gleffe (links)
das Ehrenabzeichen in Gold des Verbandes vor dem Reichstagsgebäude
in Berlin. Reservisten aus der Hauptstadt waren bei der würdigen
Zeremonie dabei (Foto: Christina Betting).

Bild Mitte: Nach der Ehrung – völlig gerührt:
Marcel Gleffe (Foto: Christina Betting).

Bild unten: Ruhepause auf einer Berghütte. Nach dem Amoklauf
suchte Marcel Gleffe Abstand von dem Erlebten und wanderte
gemeinsam mit Freunden eine Woche durch die norwegischen Berge
(Foto: privat).

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