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Reservist koodiniert Hilfsmaßnahmen in Konstanz




"ZMZ ist keine Einbahnstrasse" / Ein Kreisverbindungskommando wird aktiv
In der Nacht vom 2. auf den 3. Juni 2008 brach im Klinikum Konstanz ein verheerender Brand aus, der alle sechs OP-Räume zerstörte. Dank der unmittelbar geleisteten Unterstützung durch das Kreisverbindungskommando (KVK) Konstanz mit dessen Leiter Oberstleutnant d.R. Peter Renker sowie der Bundeswehr, konnte innerhalb von nur einem Tag ein Mobiles OP-Zentrum aufgebaut und an das Klinikum übergeben werden.
Die mit Reservisten besetzten Verbindungskommandos nehmen im Fall der Hilfeleistung vielfache Aufgaben wahr: von der Beratung der zivilen Kräfte über Möglichkeiten der Unterstützung durch die Bundeswehr, bis hin zur Führung des Lagebildes der eingesetzten Bundeswehrkräfte sind Reservisten des KVK der Knotenpunkt bei der Organisation und das Rückgrat eines jeden Einsatzes.
Doch wie sieht ein Einsatzablauf in der Praxis aus? Anhand der Hilfsleistung in Konstanz lässt sich ein Ablauf aufrollen:

3. Juni
00:30 Uhr                         Brand im Klinikum Konstanz
08:00 Uhr                         Information an den Leiter des KVK Konstanz
14:00 Uhr                         Antrag auf Unterstützung an das Landeskommando Baden-Württemberg und das Sanitätskommando IV durch Gestellung von mobilen OP-Kapazitäten
4. Juni      
11:20 Uhr                          Aufnahme des Erkundungskommandos (ErkKdo) vom Einsatzlazarett (EinsLaz) 411/412
5. Juni    
19:00 Uhr                          Meldung über Verlegebereitschaft des EinsLaz 411/412
6. Juni      
12:15 Uhr                          Befehl zum Einsatz durch Bundesminister der Verteidigung Dr. Franz Josef Jung
17:00 Uhr                          Eintreffen des ersten Kräfte vom EinsLaz 411/412 in Konstanz
20:00 Uhr                          Beginn Aufbau des mobilen medizinischen OP-Zentrums (MobMedOpZ)
11. Juni      
09:00 Uhr                           Beginn der Grunddesinfektion des OPs durch das 6./ABC-AbwReg 750 Bruchsal
11:00 Uhr                           Offizielle Schlüsselübergabe durch den Kommandeur des Sanitätskommandos IV, Generalarzt Dr. Frank Schindelhauer, und den Kommandeur des Landeskommandos Baden-Württemberg, Oberst Franz Arnold
13. Juni    
11:00 Uhr                           Der Aufbau und Einrichten des MobMedOpZ ist weitestgehend abgeschlossen
16. Juni – 19. Juni      
08:00 Uhr – 17:00 Uhr      Einweisung vom Personal des Klinikums Konstanz
20. Juni    
08:00 Uhr                           Aufnahme des OP-Betriebes durch das Klinikum Konstanz
"Betrachtet man den chronologischen Ablauf der Hilfeleistung", betont OTL Peter Renker, "so muss man den eingesetzten Kräften und den mit der Einsatzplanung und Vorbereitung befassten Stäben und Dienststellen der Bundeswehr Lob und Anerkennung für die schnelle Hilfeleistung aussprechen." Dies sei vor allem in Anbetracht der Tatsache angebracht, dass es sich hierbei um den ersten "scharfen" Einsatz eines solchen Mobilen Medizinischen Operationszentrums innerhalb Deutschlands handelte.
Oberstleutnant d.R. Peter Renker zum Einsatz:
Herr Renker, wie sind Sie persönlich auf diesen Einsatz vorbereitet gewesen?

Die BeaBwZMZ ("Beauftragte der Bundeswehr für die Zivil-Militärische Zusammenarbeit") werden in speziellen Ausbildungsgängen an der Schule für Feldjäger und Stabsdienst in Sonthofen, an der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg, an der Akademie für Krisenmanagement, Notfallplanung und Zivilschutz (AKNZ) in Bad Neuenahr-Ahrweiler sowie in Seminaren und Fortbildungen durch das zuständige Landeskommando auf ihre Aufgaben vorbereitet.
Wie ist man an Sie herangetreten, wie kam die Zusammenarbeit zustande?
Am Morgen nach der Brandnacht, so gegen acht Uhr, wurde ich telefonisch vom Leiter des Feuerwehramtes der Stadt Konstanz gebeten, mich mit dem Klinikum in Verbindung zu setzen, da hier durch den Brand die OP-Räume in erheblichem Umfang geschädigt seien. Nach erster Kontaktaufnahme und Lageeinschätzung habe ich eine entsprechende Anfrage auf die Möglichkeit der Hilfeleistung durch die Gestellung von mobiler OP-Kapazität an das Landeskommando Baden-Württemberg in Stuttgart gerichtet. Dieser Anfrage folgte dann nach weiteren Gesprächen mit der Klinikleitung zur Präzisierung der Anforderung der förmliche Antrag auf Hilfeleistung.
Aufgrund der fachlichen Zuständigkeit wurden dann die weiteren Maßnahmen durch das SanKdo IV in Bogen koordiniert. Die Koordinierung der Hilfsmaßnahmen vor Ort mit den zuständigen Ämtern und Behörden, dem Klinikum und den eingesetzten Kräften der Bundeswehr erfolgte durch mich als Leiter des KVK Konstanz und Beauftragten der Bundeswehr für die Zivil-Militärische Zusammenarbeit im Landkreis Konstanz.
Was zeichnete diese Zusammenarbeit in Bezug auf die ZMZ besonders aus?
Durch die Neuordnung der ZMZ Inland und die Einrichtung direkt zugeordneter Verbindungskommandos ab dem 1. Januar 2007 bei den Landratsämtern, welche mit ortsansässigen Reservisten besetzt sind, hat sich eine deutliche Qualitätssteigerung in der Zusammenarbeit ergeben. Als besonders positiv ist hervorzuheben, dass der ortsansässige Reservist in der Regel über ein Netzwerk ziviler Kontakte verfügt, welches es ihm relativ einfach macht, den eingesetzten Kräften der Bundeswehr auch von ziviler Seite entsprechende Unterstützung zur Erledigung ihres Auftrages zukommen zu lassen bzw. dieses gegenseitige Ineinandergreifen von Unterstützungsleistungen zu koordinieren. Die Aussage "ZMZ ist keine Einbahnstrasse" hat sich auch in diesem Einsatz in Konstanz bewahrheitet.
Wie funktionierte die Zusammenarbeit?
Die Zusammenarbeit mit den Stäben und Kommandobehörden der Bundeswehr, den eingesetzten Kräften des EinsLaz 411/412 aus Dornstadt sowie dem Klinikum und den Ämtern und Behörden der Stadt Konstanz und des Landratsamtes Konstanz war ausgezeichnet und davon geprägt, dass auf allen Ebenen möglichst umfassend und schnell Hilfeleistung erbracht und Unterstützung gewährt werden wollte.
Wie erinnern Sie sich kurz umrissen an die ersten Tage in Konstanz?
Ganz kurz umrissen: An jedem Ohr ein Handy!
Was waren Ihre Aufgaben während des Einsatzes?
Neben einer ersten präzisen Lageerkundung und Einschätzung der Dringlichkeit der Hilfeleistung bestanden meine Aufgaben im Wesentlichen darin, das Landeskommando über die aktuellen Entwicklungen auf dem Laufenden zu halten und auf der anderen Seite auch das Klinikum über die eingeleiteten oder bereits getroffenen Entscheidungen und Maßnahmen von Seiten der Bundeswehr zu informieren. Außerdem waren vor dem Eintreffen der Unterstützungskräfte Absprachen mit den örtlichen Polizeibehörden und Ordnungsämtern, der Stadtverwaltung sowie dem Fährbetrieb bezüglich des Aufnehmens und Geleiten der Fahrzeugkolonne, dem Absperren von Verfügungsräumen für die Transportfahrzeuge und der Unterbringung und Verpflegung der eingesetzten Soldaten zu treffen.
Während der gesamten Aufbaudauer und Übergabephase war es meine Aufgabe, die Verbindung zwischen den eingesetzten Kräften der Bundeswehr und den betreffenden zivilen Stellen herzustellen und zu halten, sowie die gegenseitigen Hilfeleistungen zu koordinieren.
Werden Sie weiterhin vor Ort sein?
Nachdem am 20. Juni 2008 die ersten sechs Operationen im "Medical-Support-Center-Konstanz" durchgeführt wurden, ist meine Arbeit so ziemlich beendet und ich bin am 18. Juni 2008 wieder an meinen zivilen Arbeitsplatz zurückgekehrt, nachdem ich vom 3. bis 5. Juni zunächst in einer DVag und vom 6. bis 17. Juni in einer Wehrübung für die Hilfeleistung am Klinikum Konstanz im Einsatz war.
Was ist Ihre persönliche Einschätzung und Beurteilung der Lage und des Einsatzes?
Das Klinikum Konstanz ist ein Akutkrankenhaus der Zentralversorgung mit 425 Betten. Allgemein-, Thorax- und Gefäßchirurgie, Unfall-, Wiederherstellungs- und plastische Chirurgie, Gynäkologie, Urologie, Kiefer- und Gesichtschirurgie, HNO-Heilkunde und Augenheilkunde sind als Zentrum für Operative Medizin zusammengefasst. Durch den Brand wurden sämtliche OP-Räume (fünf aseptische und ein septischer), einschließlich der darin befindlichen medizinischen Geräte, unbrauchbar und sind auf bis auf Weiteres nicht nutzbar. Die OP-Kapazität im Landkreis Konstanz und dessen Einzugsgebiet hat sich dadurch um rund 50 Prozent verringert.
Auch durch die Kooperation mit den anderen Krankenhäusern konnte die Notversorgung der Bevölkerung im Landkreis Konstanz und dessen Umkreis nicht mehr sichergestellt werden. Eine zeitnahe Versorgung des Klinikums mit zivilem Ersatz der verlorenen OP-Kapazität war nicht möglich. Obwohl kein Katastrophenfall oder schwerwiegender Unglücksfall im Sinne der Einschränkungen des Grundgesetzes vorlag, wurde der Einsatz der Bundeswehr zur Hilfeleistung aufgrund der gegebenen Notsituation genehmigt. Den eingesetzten Kräften muss für diese schnelle Hilfeleistung Lob ausgesprochen werden.

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