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Reservisten sind ein Kernelement des territorialen Netzwerkes




Reservisten sind wichtig für die Durchhaltefähigkeit der Bundeswehr. Gerade im Katastrophenfall benötigt die Truppe gut ausgebildetes Personal, um Helfer beizeiten austauschen zu können. Generalmajor Jürgen Knappe ist seit Juli 2015 Kommandeur des Kommandos Territoriale Aufgaben der Bundeswehr in Berlin. Im Interview mit reservistenverband.de äußert er sich zur Bedeutung der Reserve für die aktive Truppe. Seiner Meinung nach werden mehr Reservisten gebraucht. Der Reservistenverband könne bei der Werbung helfen.

reservistenverband.de: Herr General, Sie sind seit Juli Kommandeur des Kommandos Territoriale Aufgaben der Bundeswehr und haben gleich mit einer Bewährungsprobe – der Flüchtlingshilfe – Einstand gefeiert. Wie war das für Sie? Welche besonderen Herausforderungen hatten Sie zu bewältigen?

Generalmajor Jürgen Knappe: Es war doch etwas überraschend, im Grunde einen Tag nach der Übernahme des Kommandos, gleich auch die Steuerungs- und Koordinierungsaufgabe der Flüchtlingshilfe der Bundeswehr zu übernehmen. Gleichzeitig war es beeindruckend zu sehen, wie sich die eingeübten Verfahren in meinem Stab und in meinem nachgeordneten Bereich auch in dieser Ausnahmesituation bewährten. Sie hatten ja schon im Hochwassereinsatz 2013 und auch bei der Unterstützung der Vorbereitung des G7-Gipfels im vergangenen Jahr unter Beweis gestellt, dass sie sehr gut funktionierten.

reservistenverband.de: Personell wird der militärische Teil der Zivil-Militärischen Zusammenarbeit (ZMZ) in der Flüchtlingshilfe im Kommando Territoriale Aufgabe koordiniert. Wie kann man sich das vorstellen?

Knappe: Meine Aufgabe ist es, die praktische Umsetzung der Unterstützungsleistung der Bundeswehr in der Fläche zu steuern und zu koordinieren. Unser Aufgabenspektrum in der Flüchtlingshilfe ist weit gefächert: Wir unterstützen personell bei kurzfristigen Aufgaben wie Bettenaufbau oder Essensausgabe, aber auch bei längerfristigen Aufgaben, wie beispielsweise in Flüchtlingsunterkünften, wo wir den Betrieb unterstützen. Dies geschieht jedoch immer unter einer zivilen Leitung. Darüber hinaus stellen wir sanitätsdienstliche Unterstützung bereit, sowohl personell als auch materiell – zum Beispiel mit Röntgengeräten. Wir haben zudem Material wie Zelte und Betten, aber auch Verpflegung bereitgestellt, und wir haben Liegenschaften für die Nutzung zur Flüchtlingsunterbringung bereitgestellt. Auch dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge haben wir Personal zur Seite gestellt. Dort unterstützen Soldaten bei der Registrierung von Flüchtlingen. Die Bundeswehr übernimmt jedoch keine hoheitlichen Aufgaben und auch keine Leitungsaufgaben.

reservistenverband.de: Mit welchem Ziel wird die Bundeswehr in der Flüchtlingshilfe eingesetzt?

Knappe: Es ist eine temporäre Unterstützungsleistung für die Bundesländer im Rahmen der Amtshilfe. Ziel aller Unterstützungsleistungen ist es, den Bundesländern Zeit zu geben, sich so zu strukturieren, dass sie ihre Aufgaben schließlich eigenständig wahrnehmen können. Kurz gesagt: Die Bundeswehr ist schnell reaktionsfähig, das ist ihre Stärke. Sie verschafft den Behörden die Zeit, die sie brauchen, um eigene Strukturen aufzubauen, um die Herausforderung bewältigen zu können. Mein Stab und meine Landeskommandos sind gerade für diese Aufgabe vorgesehen;  die Zivil-Militärische Zusammenarbeit ist ein Kernelement unseres Auftrages. Die Truppensteller Heer, Luftwaffe, Marine, Sanitätsdienst, Streitkräftebasis und die zivilen Organisationsbereiche stellen dafür ihr Personal ab. Sie tun dies als Subsidiäraufgabe. Das heißt: im Rahmen verfügbarer Kapazitäten. Von daher gilt gerade ihnen das Lob für diese Leistungserbringung.

reservistenverband.de: Auch Reservisten sind in der Flüchtlingshilfe aktiv. Der Reservistenverband hatte zudem dazu aufgerufen, sich diesbezüglich zu melden. Was ist aus den Meldungen geworden?

Knappe: Reservisten waren vom ersten Tag an in der Flüchtlingshilfe eingesetzt. Die territoriale Organisation meines Kommandobereiches beruht ganz wesentlich auf dem Einsatz von Reservisten. Das betrifft die Verbindungselemente zu den Landesregierungen, die Bezirksverbindungskommandos, die Kreisverbindungskommandos sowie die Regionalen Sicherungs- und Unterstützungskompanien (RSUKp), aber auch die Stäbe in den Landeskommandos und in meinem eigenen Stab. Reservisten sind ein Kernelement des gesamten territorialen Netzwerkes; insbesondere auch mit Blick auf unsere Durchhaltefähigkeit. Die Reservisten, die sich auf der Grundlage des Aufrufs des Präsidenten des Reservistenverbandes gemeldet haben und die erforderlichen Kriterien mitbrachten, werden nun mit der aktiven Truppe eingesetzt.

reservistenverband.de: Werden mehr Reservisten gebraucht?

Knappe: Ja, denn Reservisten sind schon heute ein wichtiger Bestandteil in meinem Kommandobereich. Daher wollen wir ja auch zielgerichtet auf sie zugehen, um sie für ganz konkrete Aufgaben zu gewinnen. Ich habe für meinen Stab und für die Landeskommandos weitere Tätigkeiten in den Lagezentren identifiziert, die von Reservisten übernommen werden können. Vor allem geht es dabei um die Durchhaltefähigkeit. Nach Abstimmung mit dem Bundesamt für Personalmanagement und dem Reservistenverband haben wir beispielsweise Ende vergangenen Jahres gezielt 800 Reservisten angeschrieben, um sie für den Reservistendienst zu motivieren.

reservistenverband.de: Wird das reichen?

Knappe: Das werden wir sehen. Aber Ziel ist es, möglichst viele Menschen aus der allgemeinen Reserve zu erreichen. Im Februar planen wir dazu eine Informationsveranstaltung für die Interessierten der allgemeinen Reserve, die wir jetzt konkret angesprochen haben. Dort wollen wir vorstellen, welche Tätigkeiten sie bei uns wahrnehmen können und wie der Weg in eine Reservistendienstleistung – früher nannte sich das Wehrübung – konkret ist. Im vergangenen Jahr habe ich zudem zwei Reserveoffiziere in meinem Stab mit der Aufgabe betraut, sich nur um die Koordinierung der allgemeinen Reserve zu kümmern.

reservistenverband.de: Bundesweit steht Ihrem Kommando eine territoriale Reserve in Form von 30 Regionalen Sicherungs- und Unterstützungskompanien zur Verfügung. Werden diese Reservisten derzeit in der Flüchtlingshilfe eingesetzt?

Knappe: Da muss ich etwas ausholen: Die Regionalen Sicherungs- und Unterstützungskompanien wurden 2013 aufgestellt. Das heißt, sie sind noch dabei, ihre Ausbildung zu komplettieren und nötige Qualifizierungen zu erwerben. Wir haben schon RSU-Kompanien oder Teile davon eingesetzt. Dazu habe ich festgelegt, dass Soldaten, die im Rahmen der Flüchtlingsunterstützung eingesetzt werden, keine Nachteile bezüglich des Erreichens ihrer Ausbildungsziele haben dürfen. Das gilt insbesondere für zeitliche Verzögerungen. Dieses wird jetzt durch die Kommandeure der Landeskommandos umgesetzt.

reservistenverband.de: Welche Rolle wird die Reserve in Zukunft für die Bundeswehr spielen – auch in Bezug auf zunehmende Einsätze?

Knappe: Dem Kommando Territoriale Aufgaben unterstehen truppendienstlich ja auch das Kommando Feldjäger, das Kommando ABC und das Zentrum Operative Kommunikation sowie das Zentrum Zivil-Militärische Zusammenarbeit. Mit diesen Organisationselementen bin ich Truppensteller für Einsätze. Je größer die Einsatzverpflichtungen sind und damit die Abwesenheit des Personals, umso wichtiger ist es, wenn Reservisten Aufgaben übernehmen können. Beispielsweise werden meine Soldaten, die im Auslandseinsatz sind, durch Vertreter aus dem Bereich der Reservisten ersetzt. Wir haben damit sehr gute Erfahrungen gemacht, und ich würde mir wünschen, dass wir dieses noch weiter intensivieren können.

reservistenverband.de: Was bräuchte es denn, um das zu intensivieren?

Knappe: Dazu muss es uns gelingen, die allgemeine Reserve gezielter anzusprechen. Im Moment stützen wir uns auf die, die sich bei uns melden, oder die, die aus der Bundeswehr ausscheiden. Durch die Aussetzung des Grundwehrdienstes werden das aber weniger. Von daher ist es wichtig, ausscheidende Soldaten bereits dienstzeitbegleitend auf den Dienst als Reservisten anzusprechen und nicht erst am Ende der Dienstzeit. Zudem wäre es schön, wenn es gelänge auch Frauen und Männer anzusprechen, die nicht in der Bundeswehr gedient haben, um sie für das Thema Reserve zu interessieren. Der Reservistenverband ist zuständig für die Betreuung der Reservisten. Ich glaube, dass es wichtig ist, neben dem militärischen Bereich auch auf der zivilen Seite einen Partner zu haben. Der Vereinsstatus ist dabei sicherlich eine große Hilfe, denn damit kann auch eine andere Form der Ansprache gewählt werden. Das kann nur bereichernd sein. Eventuell kann die Bundeswehr auch über "Schnupperveranstaltungen" des Verbandes schmackhaft gemacht werden. Es geht darum, Menschen über die Bundeswehr zu informieren und ihr Interesse dafür zu wecken. Der Reservistenverband hat hier eine ganz wichtige Aufgabe. Er bietet eine Plattform, die Interessen bündeln und kanalisieren kann.

reservistenverband.de: Welche Herausforderung sehen Sie für die Zukunft?

Knappe: In der territorialen Organisation haben wir Reservisten schon immer eingesetzt. Die Herausforderung ist, die allgemeine Reserve stärker als bisher auch für die Beorderung zu aktivieren. Die RSU-Kompanien sind doch ein Beispiel dafür, wie dieses gemeinsam funktionieren kann.


Das Interview führte Victoria Eicker

Archivbild oben: Reservisten der Regionalen Sicherungs-
und Unterstützungskompanie Thüringen halfen
im Jahr 2013 bei der Bewältigung der Flutkatastrophe
in Dresden (Foto: Nadja Klöpping).

Bild unten: Generalmajor Jürgen Knappe ist Kommandeur
des Kommandos Territoriale Aufgaben der Bundeswehr in Berlin
(Foto: Kommando Territoriale Aufgaben, Kehrberg).

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