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„Seine Erfahrungen hätten für zehn Leben gereicht“

Sein Leben könnte Stoff für dicke Bücher liefern. Er wurde Hubschrauberpilot aus Leidenschaft bei der US-Armee und war in vielen Krisengebieten auf der Welt eingesetzt. Nun ist Walter Schramm aus Heilgersdorf (Landkreis Coburg) im Alter von 92 Jahren verstorben. Die Reservisten der Landesgruppe Bayern blicken auf sein bewegtes Leben zurück.

Bell UH-1D des 2. Bataillons des 14. Infanterieregiments der U.S. Army nehmen in Südvietnam Truppen auf. Die Aufnahme stammt aus dem Jahr 1966. Einsätze wie diesen hier flog auch Walter Schramm.

Foto: gemeinfrei (via wikimedia commons)

BayernkoreaNachrufUSAvietnam

Er war ein Pilot und Kriegsheld, geschätzter Freund und Kamerad, liebevoller Ehemann und Vater: Walter Schramm wurde in Heilgersdorf unter großer Anteilnahme unter dem Sternenbanner beigesetzt. „Nach 92 Jahren ist ein beeindruckendes Leben zwischen Himmel und Erde, Leben und Tod, Deutschland, den USA und der ganzen Welt zu Ende gegangen“, sagte Pfarrer Tobias Knötig in seiner Traueransprache. Nun gelte es, Abschied zu nehmen „von einem respektierten Mitglied der Gesellschaft, dessen Gesinnung und Taten uns mit Dankbarkeit und höchster Achtung erfüllen“.

Schramms Leben sei „so voller Erfahrungen und Ereignisse gewesen, dass es wohl leicht für zehn Leben gereicht hätte“, hatte ein Freund dem Geistlichen gesagt. Schon in seiner Kindheit blieb der im Juni 1930 in Bautzen Geborene nicht von dem Wahnsinn des Krieges verschont: Mit gerade mal 14 Jahren wurde er eingezogen und an Waffen ausgebildet. Mit 15 wurde er Teil des Volkssturms und kam so 1945 in russische Gefangenschaft. „Nur seiner Jugend und seiner inneren Kraft ist es wohl zu verdanken, dass er an dem Grauen nicht zerbrochen ist, dass er in diesen Tagen erlebte“, sagte Knötig. Als er nach einem halben Jahr entlassen wurde, waren sein Vater gefallen und seine Mutter verschollen.

Pilotenausbildung und Kriegseinsätze

Walter Schramm. (Foto: US-Army/EUSTIS)

So kam er zu einer befreundeten Familie nach Bamberg. Nach der mittleren Reife heuerte er bei der US-Armee an, zunächst als Tellerwäscher, später als Fahrer. Dem Standortleiter, den er chauffierte, vertraute er seinen sehnlichsten Wunsch an: Fliegen lernen. Weil ihm das in Deutschland nicht möglich war, nahm der Major den inzwischen verheirateten und zweifachen Familienvater mit nach Amerika. In Wisconsin vermittelte der Major Schramm 1953 eine „Ersatzfamilie“, in der er stets „Junior“ genannt wurde. Er leistete Wehrdienst, bei dem er fünf Monate im Korea-Krieg eingesetzt und dann in Japan stationiert war. Danach streckte der Sponsor seinem Ziehsohn das Geld für die ersehnte Pilotenausbildung vor. Schramm konnte sich seinen sehnlichsten Wunsch erfüllen.

Von 1960 bis 1964 wurde Schramm nach Deutschland versetzt, anschließend ging es nach Alabama. Dann brach 1965 der Vietnamkrieg aus. Als einer der ersten Soldaten wurde Schramm dorthin versetzt. Mit 1.300 Flugstunden kehrte Schramm als Kriegsheld zurück, denn er flog spektakuläre Einsätze zur Versorgung der Truppen im Dschungel. Mehr noch: Der Hubschrauberpilot widersetzte sich einem Befehl des Flugverbots, um nach der blutigen Schlacht im Ia-Drang-Tal sieben Mal Kameraden, darunter auch Schwerstverletzte, aus dem Kampfgetümmel zu retten. In dem Buch „We Were Soldiers Once…And Young“ von Generalleutnant a.D. Harold G. Moore und Kriegsberichterstatter Joseph L. Galloway wird Schramm namentlich erwähnt. 2002 wurde das Buch unter dem Titel „Wir waren Helden“ von Regisseur Randall Wallace verfilmt, Mel Gibson spielt darin die Hauptrolle. Es war das erste große Aufeinandertreffen von amerikanischen und nordvietnamesischen Truppen.

Auszeichnung für selbstlosen Einsatz

Sein selbstloser Einsatz brachte ihm den Silver-Star-Orden ein, die dritthöchste Auszeichnung der US-Armee für Tapferkeit, nach dem Fliegerehrenkreuz und dem Fliegerorden mit 13-fachem Ehrenlaub, den der „Iron Soldier“ für seine Evakuierung von 20 Kameraden aus den Bon-Son-Bergen bei seinem zweiten Vietnameinsatz 1968 erhielt. Auch für die „Medal of Honor“ als höchste Ehrung war der Stabshauptmann a.D. vorgeschlagen. „Walter Schramm folgte nicht einfach nur seinen Befehlen, sondern auch seinem Gewissen“, würdigte der Pfarrer.

Zwischen seinen Einsätzen war Schramm in Hanau stationiert. Mit einem Freund aus Bamberger Tagen besuchte er 1970 die Heilgersdorfer Kirchweih, wo er sich in der Gastwirtschaft Späth in seine spätere Ehefrau Ingrid verliebte. Fünf Jahre später, als ihm ein weiterer Einsatz in Vietnam drohte, schied er aus dem Militärdienst aus. 1979 heirateten die beiden. Nach der Pensionierung schlugen die Schramms in ihrem Heimatort Heilgersdorf Wurzeln, wo sie 1996 ihr Elternhaus bezogen.

Verzicht auf Ehrengrab in Arlington

Und so verzichtete der Kriegsheld bewusst auf das Ehrengrab, das ihm auf dem Nationalfriedhof in Arlington nahe Washington zugestanden hätte. Stattdessen ließ er sich in Heilgersdorf beisetzen, nah bei seiner Frau Ingrid – „ein Zeichen der Liebe“, wie der Pfarrer es nannte. „Egal, wo Herr Schramm war: Er beeindruckte und zog die Menschen in seinen Bann“. „Seine absolute Geradlinigkeit, seine Ehrlichkeit und die Bereitschaft, für seine Überzeugungen mit dem eigenen Leben einzustehen, machten ihn zu einem Vorbild.“

Sieben Soldaten vom Air Defense Artillery Regiment aus Ansbach und einige Veteranen, die den US-Staatsbürger im mit dem Sternenbanner geschmückten Sarg auf seiner letzten Reise begleiten. Ein Trompetensolo würdigte den Kriegshelden am Grab. (Foto: Peter Vietze)

Bis zuletzt sei Schramm stets hochinteressiert an den Geschehnissen dieser Welt und auch bestens informiert gewesen, „so dass er keine Diskussion scheuen musste und sich jedes Gespräch mit ihm lohnte. Seine Freundlichkeit und Wärme, sein Dasein für andere und sein brüderlicher Rat bleiben in Erinnerung.“ Buchstäblich über Nacht hatte den rüstigen 92-Jährigen seine Kraft verlassen.

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