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Sicherheitspolitische Hochschularbeit

Sicherheitspolitische Grundakademie: Klima, Krisen, Kriege

Zum 45. Mal hat der Bundesverband Sicherheitspolitik an Hochschulen (BSH) die Sicherheitspolitische Grundakademie (SGA) veranstaltet. Ihr Ziel ist es, Studierenden, die sich bislang nur wenig mit sicherheitspolitischen Themen auseinandergesetzt haben, einen Einblick in diese Welt zu geben.

Teilnehmerinnen und Teilnehmer der 45. Sicherheitspolitischen Grundakademie in Berlin.

Foto: BSH

BSHsicherheitspolitik

Die Teilnehmenden hörten an vier Tagen in Berlin Vorträge von Expertinnen und Experten, besuchten Botschaften und Ministerien und diskutierten aktuelle Fragestellungen. Wurden also dreieinhalb Tage lang die Ereignisse rund um den Krieg in der Ukraine behandelt? Nein, ganz so einfach ist es nicht. Es gibt einen entscheidenden Wirkmechanismus, der maßgeblich über den öffentlichen Diskurs und die politischen Reaktionen entscheidet: die Bedrohungswahrnehmung. Das zumindest gaben Sebastian Nieke von der Bundesakademie für Sicherheitspolitik und Saulius Gasiunas von der litauischen Botschaft den Teilnehmenden mit.

Die Klimakrise, unregulierte Migration, Terrorismus durch religiöse Extremisten oder Rechtsextreme – alles Dinge, die deutsche Bürgerinnen und Bürger mit Sorge betrachten. Sie wurden sogar zeitweise als größte Bedrohung für die Sicherheit Deutschlands gesehen. Russlands aggressives Vorgehen hat einen makabren ersten Platz auf dieser Liste eingenommen – seit nun über einem Jahr. Und das hat mehr als nachvollziehbare Gründe. Von offiziellen Stimmen auf beiden Seiten hört man verschärfte Rhetorik. Die visuelle Berichterstattung schockiert die Bevölkerung seit geraumer Zeit. Wie es weitergeht, ob genug oder sogar zu viel getan wird und zu welchem Zeitpunkt die Waffen in Europa wieder schweigen werden, sind alles Fragen, die sich wahrscheinlich jeder Bürger stellt. Und die Wahrnehmung der deutschen Bevölkerung, dass Russland die größte Bedrohung für ihre Sicherheit darstellt, ist nicht falsch: Krieg in Europa – durch Russland ausgelöst – ist ein Szenario, das für viele seit mehr als 30 Jahren in Vergessenheit geraten ist.

Doch nun müssen Leute wie Oberst i.G. Ralf Meyer als stellvertretender Leiter des Lagezentrums Ukraine im Bundesministerium für Verteidigung die Aufgabe übernehmen, die deutsche Unterstützung der ukrainischen Streitkräfte durch Waffen, Ausbildung und Munition in Zusammenarbeit mit internationalen Partnern sicherzustellen. Seine Eindrücke als damaliger Militärattaché, der am 24. Februar vergangenen Jahres in Chernihiv unter Raketenbeschuss aufgewacht ist, werden mit Sicherheit vielen der Teilnehmenden in Erinnerung bleiben.

Sicherheitspolitische Folgen des Klimawandels

Auch der Klimawandel nimmt bei der die Bedrohungswahrnehmung einen größeren Platz ein. Stefan Lukas von der Universität Potsdam hat deutlich gezeigt, welche Auswirkungen hier in Deutschland, im Nahen Osten und auf der ganzen Welt zu erwarten sind. Außerdem erklärt er, welche Konsequenzen das für politisch instabile Regionen haben kann. Ein Erstarken von Extremisten in Pakistan ist schon jetzt zu erkennen und auch der Bürgerkrieg in Syrien kann als direktes Resultat des Klimawandels gedeutet werden. Allerdings werden auch andere Schlüsse aus der globalen Herausforderung der Klimakrise geschlossen. Die Golfstaaten orientieren sich neu. Und auch wenn Staaten wie Katar seit dem Angriff auf die Ukraine für Deutschland eine Schlüsselrolle einnehmen könnten, sind die Tage der fossilen Energien – früher oder später – gezählt. Ganze Gesellschaften müssen sich wandeln und so werden Großereignisse wie Fußball-Weltmeisterschaften, Tourismus und sogar Winterspiele neue Einkommensquellen.

Dr. Sebastian Sons hat dies für die Teilnehmenden eindeutig in die Strategien der Golfstaaten eingeordnet. Dabei blieb nicht aus, auch über einen zunehmend präsenten Streitschlichter und Akteur in dieser Region – und vielen anderen – zu sprechen. Während China der westlichen Staatengemeinschaft gezeigt hat, dass das Konzept von „Wandel durch Handel“ nicht zu der gewünschten Annäherung geführt hat, erklärt Alexander Badenheim mit welchen Hürden eine freie Forschung unter der Kommunistischen Partei konfrontiert ist, welche Maßnahmen das Regime in Peking unternimmt, um oppositionelle Bestrebungen seiner Bevölkerung zu verhindern, und wie gering die Chancen für demokratischen Wandel innerhalb dieses „Partners, Wettbewerbers und Rivalen” in den nächsten Jahrzehnten tatsächlich sind. Badenheim, der selbst lange für die Konrad-Adenauer-Stiftung in Peking tätig war, berichtete aus eigenen Erfahrungen von diesem Wandel und zog daraus Schlüsse für die aktuellen und künftigen Herausforderungen für Deutschland und Europa.

Darauf gingen auch die beiden Ex-BSH‘ler Jan Fuhrmann und Dr. Philip Jan Schäfer ein: Sei es der Handelsstreit mit den USA, den Jan Fuhrmann von secori advisors mit den Teilnehmenden analysierte, oder Chinas große Beteiligung an kritischen Lieferketten, deren Ausmaß von dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz erläutert wurde. Eine sicherheitspolitische Herausforderung werden die Beziehungen zur Volksrepublik China künftig sicherlich sein – falls sie es nicht heute schon sind.

Warum es einsatzbereite Streitkräfte braucht

Aber eine potenzielle Bedrohung nur zu erkennen, reicht nicht aus. Sich mit ihr auseinanderzusetzen und ihr entgegentreten zu können, ist mindestens genauso wichtig. Das vergangenen Jahr hat mit aller Deutlichkeit gezeigt, dass es dafür einsatzbereite Streitkräfte braucht. Auch von der Bevölkerung wird dies erkannt. Es gibt allerdings auch Sorgen der Bundeswehrangehörigen, dass Probleme hinsichtlich der Strukturen und Verfahrensweisen in dieser Debatte untergehen. Dass Frauen und queere Angehörige der Bundeswehr in den Streitkräften immer noch Diskriminierung ausgesetzt seien, steht für Oberstleutnant Anastasia Biefang von QueerBW in einem Spannungsverhältnis zum Ziel von einsatzbereiten Streitkräften. Biefang erläuterte den Teilnehmenden, dass dadurch fähiges und notwendiges Personal aus den ohnehin schon unterbesetzten Dienstposten getrieben werde und viele die Bundeswehr als Arbeitgeber kategorisch ausschlössen.

Auch unvorhergesehene Schwierigkeiten, welche im Zuge der Auslandseinsätze aufkamen, seien eine Herausforderung für Politik und Militär. Dadurch, dass die deutschen Einsatzkontingente aus Afghanistan abgezogen wurden, aber die Einheimischen, die den deutschen Soldatinnen und Soldaten als Ortskräfte beiseite standen, zurückgelassen wurden, hat das Vertrauen in die Bundeswehr bei denen, die ihr geholfen haben, großen Schaden genommen. Dass immer noch Hunderte von ihnen in Afghanistan um ihre eigene Sicherheit und die ihrer Familien bangen müssten, wurde von Dunja Neukam als Afghanistan-Veteranin und Teil des Vereins Patenschaftsnetzwerk Afghanische Ortskräfte bewegend dargestellt.

Die Teilnehmenden der 45. SAG verließen die Veranstaltung nach dreieinhalb Tagen mit Einblicken in viele verschiedene Herausforderungen der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik. Dabei haben sie hoffentlich eines mitgenommen: Die Herausforderungen der Zukunft sind nicht nur die, die momentan am heißesten diskutiert werden. Sie sind vielfältiger, komplexer und alle von ihnen bedürfen unserer Aufmerksamkeit.

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