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Wehrpflicht: Ein Statement für ihren Erhalt




Die deutsche Wehrpflicht ist ein hohes Gut in der Krise. Eine Streitschrift pro Wehrpflicht

von Barbara Damm.

Wehrpflicht ist kein Relikt vergangener Zeiten, wie in der aktuellen Diskussion von all jenen behauptet wird, die schon immer dagegen waren. Die Bundeswehr bildet in der Mitte Europas nach wie vor einen Faktor der Stabilität. Nun sollen bei der Bundeswehr 40.000 Stellen für Zeit- und Berufssoldaten gestrichen werden. Schon jetzt kann die Bundeswehr nur mithilfe der Reservisten, die überwiegend der Wehrpflicht entwachsen, ihre Aufgaben sowohl im militärischen als auch im zivilen Bereich meistern. Eine verkleinerte Armee ist künftig noch mehr auf Reservisten angewiesen, um im Fall einer Krise aufwuchsfähig zu bleiben. Der Wegfall der Wehrpflicht aber würde auch die Zahl der verfügbaren Reservisten deutlich verkleinern.

Rückblende: Am 12. November 1955 überreichen General Dr. Hans Speidel und Verteidigungsminister Theodor Blank in Bonn Ernennungsurkunden an die ersten 101 freiwilligen Soldaten der noch jungen Bundesrepublik. Ein denkwürdiger Tag, an dem die Gründung der Bundeswehr nicht zufällig mit dem 200. Todestag des preußischen Heeresreformers General Gerhard von Scharnhorst zusammenfiel: Zu Beginn des 19. Jahrhunderts hatte eben dieser General mit der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht in Preußen allen Bürgern Zugang zum Soldatenhandwerk verschafft. Damit sollte er die gedankliche Grundlage unseres heutigen Reservisten- und Wehrpflichtsystems liefern, das auf von Scharnhorsts Prinzip basiert: "Jeder Bürger eines Staates ist zugleich dessen geborener Verteidiger“.

Im Juli 1956 dann die Verabschiedung des Wehrpflichtgesetzes im Bundestag: Wie die Bundeswehr in der noch jungen Bundesrepublik etablieren, war die brennende Frage jener Zeit. Die Politiker wollten, ja, mussten mit der Vergangenheit brechen und dennoch die Bundeswehr auf verfassungsrechtliche Füße stellen. Zu diesem Zweck war es unerlässlich, die Bundeswehr fest in der Gesellschaft zu verankern. Das Konzept der sogenannten Inneren Führung mit dem  Leitbild vom Staatsbürger in Uniform garantierte den Soldaten zum einen die Wahrung der Grundrechte, zum anderen sorgte das Wechselspiel zwischen Gesellschaft und Militär nicht nur für eine authentische Kommunikation des Wehrpflichtgedankens – jeder muss seinen Teil für die Gemeinschaft leisten -, sondern auch für eine breite Akzeptanz der Bundeswehr in unserer bundesdeutschen Gesellschaft.

Heute leisten Grundwehrdienstleistende einen entscheidenden Beitrag für die Einsatzfähigkeit der Streitkräfte und für die nationale deutsche Krisen- und Katastrophenvorsorge. Laut einer Bevölkerungsbefragung des Sozialwissenschaftlichen Instituts der Bundeswehr im Jahr 2009 will die überwiegende Mehrheit der Deutschen nicht, dass die Bundeswehr in eine Freiwilligenarmee umgewandelt wird, erfüllt die Wehrpflicht doch eine wichtige gesellschaftliche Funktion: Damals wie heute gibt sie dem Staat die Möglichkeit, den Bürger aktiv an öffentlicher Verantwortung und gemeinnützigen Aufgaben zu beteiligen. Sie sorgt für die Integration gesellschaftlicher Werte hinein ins Militär und umgekehrt. Nur eine Gesellschaft, die hinter ihren uniformierten Mitbürgern und deren Aufgaben steht, befürwortet deren Auftrag und nimmt Anteil an deren Schicksal. Denn deutsche Soldatinnen und Soldaten sind keine Söldner, die allein auf politisch verantwortete Weisung tätig werden, sie sind Teil der Gesellschaft, von der sie beauftragt sind und der sie dienen.

Auch künftig wird die Bundeswehr es nicht leicht haben, genügend und ausreichend geeignete Bewerber zu finden. Im Gegenteil: Konfliktverhütung, Krisenbewältigung, bündnispolitische Verantwortung für Auslandseinsätze oder den Heimatschutz verlieren bei einer Verkleinerung der Armee nicht an Bedeutung.

Wie an der jüngsten Bevölkerungsbefragung weiterhin zu sehen ist, ist das Vertrauen in die Bundeswehr groß, und ein Rückgang der Zustimmung für die Wehrpflicht ist nicht zu verzeichnen. Trotz Wirtschaftskrise und deren Folgen für Arbeitsmarkt und Sozialsystem ruft die Mehrheit der Deutschen nicht nach Kürzungen bei Verteidigungsausgaben. Die Streitkräfte, so denkt die Mehrzahl der Bürger, gewährleisten Deutschlands Frieden, Sicherheit, Stabilität und Freiheit. Besonders die Hilfeleistungen der Bundeswehr in Katastrophenfällen werden anerkannt. Bei einer generell positiven Einstellung zur Wehrpflicht sprechen sich 59 Prozent der Deutschen für und nur 28 Prozent explizit gegen den Erhalt der Bundeswehr aus, bei einer 13-prozentigen Enthaltung. Das heißt, auf einen Gegner der Bundeswehr kommen zwei Befürworter.

Die deutsche Parlamentsarmee und die allgemeine Wehrpflicht, auch in ihrer sechsmonatigen Variante, sind Symbole für den kollektiven Willen der Bundesbürger zur Verteidigung Deutschlands und Schutz seiner Bürgerinnen und Bürger. Zudem erhält der jährliche Austausch von fast der Hälfte aller Soldaten die Bundeswehr jung und leistungsfähig. Eine Armee ohne Wehrpflicht – das zeigt auch der Blick über die Grenzen – wäre älter, teurer und weniger in der Gesellschaft integriert. Wer diesen Dienst nur schamhaft aussetzen will, muss wissen, dass sie damit definitiv abgeschafft wird. Und dies wäre mehr als ein herber Verlust.

Die Autorin ist Pressereferentin
des Reservistenverbandes

Archivbild: Grundwehrdienstleistende der
Marinetechnikschule kurz vor ihrem Gelöbnis
in Parow im September 2009
(Foto: Matle, Deutsche Marine)

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