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Amt Blank

In der Bundeswehr regiert der Mangel. Weder die verkündete Zeitenwende noch das sie flankierende Sondervermögen für die Truppe vermochten in diesem Jahr etwas daran zu ändern. Die Streitkräfte sind weiterhin unterfinanziert. Eine Lösung ist nicht in Sicht, im Gegenteil: Der Verteidigungsetat sinkt im nächsten Jahr. Und die Inflation frisst das Sondervermögen auf.

Die F-35-Tarnkappenjets sollen die alternden Tornados ersetzen. Doch die Beschaffung stockt.

Foto: Public Domain / U.S. Air Force photo by R. Nial Bradshaw

Beschaffungloyal

Am Ende dieses Jahres fehlt es der Bundeswehr trotz der verkündeten Zeitenwende an fast allem. Das 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen, das der Bundestag kurz nach dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine bereitgestellt hat, ist in den vergangenen Monaten auf einen Wert von nur noch 85 Milliarden Euro zusammengeschrumpft, ohne dass auch nur eine einzige Bestellung daraus aufgegeben wurde. Schuld sind Inflation, steigende Zinsen, höhere Energiekosten und Währungsschwankungen. Anschaffungen dringend benötigter Waffensysteme und weiteren Materials wird es erst im kommenden Jahr geben. 8,4 Milliarden Euro hat der Haushaltsausschuss des Bundestages kürzlich freigegeben. Geplant ist, sie unter anderem für den schweren Transporthubschrauber C-47, weitere Schützenpanzer Puma, die Fregatte 126 und persönliche Schutzausrüstung der Soldaten auszugeben.

Aus dem ursprünglichen 100-Milliarden-Sondervermögen sollen für weitere zehn Milliarden Euro auch 35 neue F-35-Tarnkappenjets in den USA angeschafft werden, die die alternde Tornado-Flotte ersetzen werden. Es handelt sich um das aktuell teuerste Rüstungsprojekt der Bundeswehr – und eines der wichtigsten. Denn mit dem neuen Flugzeug soll weiterhin die nukleare Teilhabe Deutschlands sichergestellt werden, zu der sich auch Bundeskanzler Scholz bekannt hat, nachdem sie die SPD viele Jahre lang abgelehnt hatte. Doch die F-35, das modernste Kampfflugzeug der Welt, droht ins Trudeln zu geraten, noch ehe sie in Deutschland angekommen ist.

„Deutschland sucht Probleme“

In einem internen Papier des Verteidigungsministeriums heißt es, es sei mit zeitlichen Verzögerungen und zusätzlichem Finanzbedarf bis zur Fertigstellung der Infrastruktur zu rechnen. Gemeint ist der notwendige Umbau der Fliegerhorstes Büchel in der Eifel, wo die F-35 stationiert werden soll. Auch bestehe die Gefahr, dass die erforderlichen Genehmigungen für den Flugbetrieb der Maschinen im deutschen Luftraum nicht rechtzeitig erteilt werden können. Zu den finanziellen Problemen kommt also noch die deutsche Bürokratie. Der Inspekteur der Luftwaffe, Generalleutnant Ingo Gerhartz, reagierte gallig. Auf Twitter schrieb er: „Deutschland sucht Probleme, wo andere europäischen Nationen keine sehen. Und wir übrigens auch nicht! Ist die Luft dort eine andere?“

Am Montag dieser Woche widersprach das Verteidigungsministerium dem in der Öffentlichkeit entstandenen Eindruck, es gebe eine Krise bei der F-35. Der Bundestag sei in einer Vorlage lediglich darüber informiert worden, welche Aspekte des Projekts noch unklar seien und wie die Folgen und die Wahrscheinlichkeit von Problemen abgemildert werden sollen. In den zehn Milliarden Euro sind die Baukosten in Büchel enthalten, aber auch zusätzliche Waffen für die F-35 und Verwaltungskosten in Höhe von allein 300 Millionen Euro.

Probleme gibt es definitiv beim Thema Munition. Dass der Bundeswehr nur für ganze zwei Tage Gefechtsmunition zur Verfügung steht, obwohl die NATO-Standards einen Vorrat von 30 Tagen vorsehen (was auch nicht viel ist, wenn man auf den Krieg in der Ukraine schaut) ist nur eine weitere von vielen Ungeheuerlichkeiten, die die Öffentlichkeit in den vergangenen Wochen vernehmen musste. Allein der Bedarf an Gefechtsmunition beläuft sich in der Bundeswehr auf einen Wert von 20 Milliarden Euro. Und das ist nur ein – wenn auch teures – Detail der insgesamt desaströsen Lage. Wie in dieser Situation Deutschland die der NATO zugesagte Division mit 15.000 voll ausgestatteten Soldaten bis 2025 bestücken will, bleibt ein Rätsel.

Seit Februar hat sich nichts geändert

Im politischen Berlin kursiert inzwischen das Wort vom „Amt Blank“ für das Verteidigungsministerium. Das Amt Blank war von 1950 bis 1955 die Vorgängerinstitution des BMVg, benannt nach ihrem Behördenleiter Theodor Blank, der dann 1955 der erste Verteidigungsminister der Bundesrepublik wurde. Heute hat der Begriff „blank“ die bittere Bedeutung von „nackt“ oder „unvermögend“. Die Steilvorlage für das Wortspiel hatte kein geringerer als Heeresinspekteur Generalleutnant Alfons Mais kurz nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine geliefert, als er im sozialen Netzwerk LinkedIn schrieb: „…die Bundeswehr, das Heer, das ich führen darf, steht mehr oder weniger blank da.“ Dass ein Dreisterne-General der Bundeswehr sich so drastisch äußert, ist selten. Die Situation muss verzweifelt sein, wenn von hochrangigen Soldaten öffentlich derartige Worte fallen.

Das Problem ist nicht nur der Mangel an sich, sondern auch, dass sich seit Februar nichts geändert hat. Der Verteidigungshaushalt für das kommende Jahr steigt nicht etwa, sondern er sinkt. Belief er sich in diesem Jahr noch auf 50,3 Milliarden Euro, so werden es 2023 nur noch 50,1 Milliarden Euro sein. Und auch an dieser Summe werden Inflation und Energiekosten nagen. Die Bundeswehr wird bis mindestens 2026 unter dem in der NATO vereinbarten Zwei-Prozent-Ziel bleiben. In einer in dieser Woche bekannt gewordenen Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft heißt es, das Ziel, zwei Prozent der Wirtschaftsleistung für Verteidigung aufzuwenden, rücke „in weite Ferne“. Die Wirtschaftsexperten schreiben in ihrer Untersuchung, dass der Verteidigungsetat um mindestens fünf Prozent Jahr für Jahr steigen müsse, um das Zwei-Prozent-Ziel zu erreichen – ohne Hinzurechnung des Sondervermögens. Das scheint augenblicklich utopisch.

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