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Bundeswehr

Es wird ganz langsam besser

Dafür haperts an geeignetem Nachwuchs. Und es scheitert an der schwierigen Vereinbarkeit von Familie und Dienst. Über die Lage in der Truppe.

Symbolbild: Zwei Soldaten reparieren einen Schützenpanzer Marder 1A3. Soldaten dürfen heute oft nur noch ältere Fahrzeuge selbst reparieren. Die neueren Modelle müssen sie an Firmen abgeben.

Foto: Bundeswehr/Selsemeier

  • Von einem Soldaten, der anonym bleiben möchte
  • 26.09.2019
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Ich bin seit acht Jahren Soldat und arbeite als Kfz-Mechaniker in einem Logistikbataillon der Bundeswehr. Ich arbeite in der Werkstatt und kümmere mich um die Kranfahrzeuge, Bergepanzer und Lastwagen unserer Einheit. Als Hauptfeldwebel und Kfz-Meister bin ich eigentlich Experte für die Fahrzeuge, doch ich darf sie nicht reparieren. Wenn eines kaputtgeht, bringen wir es in die Werkstatt einer zivilen Firma, etwa MAN, Rheinmetall oder KMW. Ich darf nur Lampen auswechseln oder Öl nachfüllen. Das ist frustrierend.

Ich verstehe natürlich, warum das so ist. Im Zuge der Reform von 2011 wollte man die Bundeswehr verkleinern, Soldaten einsparen und die Zusammenarbeit mit der Industrie stärken. Reparaturen sollten von den Herstellern der Fahrzeuge selbst ausgeführt werden. Für mich persönlich ist das aber traurig. Defekte Fahrzeuge zu reparieren und dann den Erfolg zu sehen, gehört zu meinem Berufsethos. Ich finde, da sollte die Bundeswehr besser planen, welche Leute sie tatsächlich noch braucht.

Nur eines von drei Fahrzeugen – und das ist verliehen

In unserer Einheit haben wir etwa 900 Soldaten. Ihre Aufgabe ist es, im Einsatz die Logistik zu stellen, also dafür zu sorgen, dass alles Gerät an der erforderlichen Stelle ist. Doch dafür haben wir viel zu wenig Ausrüstung und viel zu wenige Fahrzeuge. Beispiel Dingo 2 GSI: Das ist eine Werkstatt auf Rädern, mit der wir defekte Fahrzeuge im Kampf vor Ort reparieren können. Wir sollten im Bataillon davon drei Stück haben. Wir haben aber nur eins. Genauer gesagt haben wir im Moment überhaupt keinen Dingo 2 GSI, denn unser einziges Exemplar ist an ein anderes Bataillon verliehen. Wir bekommen zwar neues Material, aber nur sehr, sehr langsam. Das bestellte Material geht immer zuerst in die Einsätze, dann werden die Ausbildungseinrichtungen bestückt. Erst am Schluss kommen wir dran.

Was die Situation noch verschärft, das ist die stetig wachsende Zahl an Aufträgen. Früher, vor Ende des Kalten Kriegs, konnten sich die Kameraden auf die Landesverteidigung konzentrieren. Heute stehen viele verschiedene Aufträge nebeneinander. Da sind zum einen die Einsätze in Afghanistan, Mali und Kosovo, die wir mit Personal und Gerät bestücken müssen. Gleichzeitig sind wir in der Landes- und Bündnisverteidigung aktiv. Daneben laufen Übungen und Lehrgänge weiter. Für die vielen Aufträge reichen das Personal und das Gerät hinten und vorne nicht.

Gesamte Arbeit wird auf wenige qualifizierte Soldaten verteilt

Das Problem ist nicht nur das fehlende Gerät. Wir haben viel zu wenig gutes Personal. Die meisten neuen Soldaten kommen direkt von der Hauptschule und haben keine Ausbildung. Einfachste Tätigkeiten muss ich ihnen lang und breit erklären. Als Feldwebel habe ich einen Erziehungs- und Führungsauftrag. Allein damit könnte ich meine gesamte Arbeitszeit verbringen. Weil es nur wenige gibt, die wirklich gut ausgebildet sind und auf die man sich voll verlassen kann, gehen immer dieselben in den Einsatz. Der gesamte Arbeitsablauf ruht auf ein paar wenigen, gut ausgebildeten Soldaten.

Die Bundeswehr weiß, dass sie mehr tun muss, um auf das Personalziel von 202.000 Soldaten zu kommen. Sie geht auf Soldaten zu, die demnächst ausscheiden und bietet ihnen attraktive Pakete an, wenn sie sich weiterverpflichten. Das finde ich gut. Auch ich habe bis vor kurzem überlegt, nach meinen zwölf Jahren als Zeitsoldat Berufssoldat zu werden. Als Soldat genieße ich viele Vorteile. Da ist zunächst die Bezahlung. Als Hauptfeldwebel auf Meister-Ebene bekomme ich 2.800 Euro netto. Das bekäme ich in der freien Wirtschaft, etwa in einer Kfz-Werkstatt, nicht. Außerdem habe ich geregelte Arbeitszeiten und kann Freitagmittag nach Hause gehen. Auch das könnte ich in der freien Wirtschaft nicht. Dort müsste ich zudem abends länger arbeiten, Überstunden machen und samstags zur Stelle sein.

Entscheidung für die Familie

Warum ich mich trotzdem gegen eine Weiterverpflichtung entschieden habe? Ich bin vor Kurzem Vater geworden und meine Freundin ist erneut schwanger. In meinem letzten Auslandseinsatz in Afghanistan hatte ich einen Kameraden, der war auch Vater und trotzdem zehn Mal im Einsatz. Er hat seine Kinder nicht aufwachsen sehen, führte ein vollkommen anderes Leben als seine Frau und die Kinder. Das möchte ich nicht.

Deshalb werde in ein paar Jahren die Bundeswehr verlassen. Die Bundeswehr wird mir dann noch viereinhalb Jahre helfen, im Zivilleben Fuß zu fassen und mein Studium finanzieren. Ohne Studium würde ich im Zivilen viel weniger verdienen als bei der Bundeswehr.

Grundsätzlich finde ich, dass die Bundeswehr viel mehr tun könnte, um ein attraktiverer Arbeitgeber zu werden. Sie müsste mehr qualifizierte Menschen einstellen und sie dann auch auf sinnvollen Positionen einsetzen. Einen ausgebildeten Kfz-Meister Lampen austauschen zu lassen, wie bei mir, ist Verschwendung. Außerdem braucht die Bundeswehr schnell mehr Gerät, damit die neuen Leute daran ausgebildet werden können und der „Verschiebebahnhof“ zwischen den Einheiten aufhört.

Ich bereue es nicht, zur Bundeswehr gegangen zu sein. Vor allem wenn man jung und flexibel ist, kann man bei der Bundeswehr spannende Erfahrungen machen.

Der Autor ist Hauptfeldwebel in einem Logistikbataillon der Bundeswehr.

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