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Österreich: Kleines Land – starke Truppe

Österreich hat sich 1955 zu einer „immerwährenden Neutralität“ verpflichtet. Die ersten Wehrpflichtigen des wiedergegründeten Bundesheeres rückten 1956 in die Kasernen ein. Das Rückgrat der österreichischen Streitkräfte bilden heute die 25.000 Milizsoldaten, eine Reserve mit enger Anbindung an die Truppe. Die Herausforderungen sind groß – nicht alles Notwendige und Wünschenswerte kann finanziert werden, manche Verbände haben Personalprobleme.

Österreich hält an Wehrpflicht und Neutralität fest, engagiert sich weltweit in 15 Auslandseinsätzen und stützt sich auf eine starke Reserve ab, die Miliz.

Foto: Stephan Pramme

  • Von André Uzulis (Text) und Stephan Pramme (Fotos)
  • 10.03.2022
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loyalösterreich

Kaum eine Kaserne in Europa ist schöner gelegen als die Maria-Theresien-Kaserne in Wien. Sie schließt von Süden an den Schlosspark Schönbrunn an. Von hier, dem Fasangarten, öffnen sich Sichtachsen in den Schlosspark. Schönbrunn ist das größte Schloss Österreichs und eines der meistbesuchten Kulturdenkmäler des Landes. Im 18. Jahrhundert erging sich Erzherzogin Maria Theresia in dem Schloss und seinem großen Garten. 1967 wurde aus Anlass ihres 250. Geburtstags die benachbarte Kaserne nach ihr benannt. Vorher hieß sie Fasangartenkaserne, kurz „Faskas“ genannt. Die Gebäude waren Ende der 1930er-Jahre von der SS errichtet worden und beherbergten im Zweiten Weltkrieg ein SS-Panzergrenadierregiment und die Kraftfahrttechnische Lehranstalt der Waffen-SS. Ein Außenlager des KZ Mauthausen war hier untergebracht. 1945 zog die britische Besatzungsmacht ein, 1955 übernahm das wiedergegründete Bundesheer die Liegenschaft.

Heute sind auf dem weitläufigen Areal das Heeresnachrichtenamt, ein Militärpolizeikommando und die Garde untergebracht. Wenn Mauern erzählen könnten, dann wüssten diese einiges zu berichten. Zum Beispiel, dass hier 2004 erstmals ein islamischer Gebetsraum in einer Bundesheerkaserne eingerichtet wurde. Oder dass im Herbst 2014 wegen Umbauten im Tiergarten Schönbrunn ein Ausweichquartier für Giraffen geschaffen wurde. Dem Bullen Kimbar und zwei Artgenossen gefiel es in der Kaserne so gut, dass man ihm wegen seines hohen Alters 2017 den Umzug in den erneuerten Tiergarten nicht zumuten wollte; er durfte seinen Lebensabend bei der Armee verbringen.

Der Klassiker für „Grundwehrdiener“

Die Mauern der Maria-Theresien-Kaserne erzählen aber auch etwas vom Zustand des österreichischen Bundesheeres. Denn die meisten Fassaden sind in die Jahre gekommen und schreien geradezu nach Putz und frischer Farbe. Doch es fehlt an Geld. Immerhin, einige Gebäudeteile sind instandgesetzt, zum Beispiel die nordwestliche Ecke des Exerzierplatzes, wo Oberstleutnant Thomas Güttersberger residiert. Er ist Kommandeur – in Österreich sagt man Kommandant – der Garde, einem ganz besonderen Verband. Die Garde ist eine Mischung aus Ehrenformation und infanteristischer Kampftruppe – und eine klassische Verwendung für Grundwehrdienstleistende, die in der Alpenrepublik Grundwehrdiener genannt werden.

Oberstleutnant Thomas Güttersberger. (Foto: Stephan Pramme)

Während sich an der Kasernenmauer ihre erst vor wenigen Wochen eingezogenen Kameraden erstmals voll aufgerödelt und unter den Augen olivgrün-schwarz geschminkt mit vorschriftsmäßigem Rucksack, Patronentaschen am Koppel, Stahlhelm auf dem Kopf und Sturmgewehr um den Hals über die Hindernisbahn quälen, trifft loyal drei Grundwehrdiener im Besprechungsraum von Oberstleutnant Güttersberger. Die jungen Männer haben ihre sechs Monate Grundwehrdienst bald hinter sich und schauen ganz unterschiedlich auf diese prägende Zeit.

Wehrdienst eine Bereicherung

Moritz Mitterlehner, in Wien geboren und im vergangenen Jahr noch Abiturient, gibt unumwunden zu, dass er aus freien Stücken nicht zur Armee gegangen wäre. Die Wehrpflicht habe ihm aber Einblicke und Erfahrungen ermöglicht, die er sonst nicht gemacht hätte. Der 19-Jährige wurde eingezogen und absolvierte dann ohne großes Murren seinen Grundwehrdienst, wurde zum Fernmelder ausgebildet und empfindet seine Dienstzeit in der Garde als Bereicherung. „Ich bin stolz, dass ich mein Land repräsentieren durfte“, sagt er. Die Garde tritt vor allem bei protokollarischen Anlässen in Erscheinung: bei Staatsbesuchen, Empfängen, militärischen Feiern und natürlich am 26. Oktober, dem Nationalfeiertag, wenn sich das Bundesheer traditionell mit einer Leistungsschau auf dem Heldenplatz vor der Hofburg in Wien präsentiert.

Moritz Mitterlehner (l.) und Elias Kasper. (Foto: Stephan Pramme)

Mitterlehner hat im Grundwehrdienst den Wert von Kameradschaft kennen gelernt. „Wir haben gemeinsam durchgehalten und uns durchgebissen“, sagt er. „Der Zusammenhalt war cool und hat uns über den einen oder anderen Tiefpunkt hinweggeholfen.“ Der Dienst in der Garde ist hart, der Tag beginnt um 6 Uhr und endet oft nicht vor 22 Uhr. Tiefpunkte sind unausweichlich. Nach zehn Wochen müssen die Rekruten ihre Repräsentationsfähigkeit beweisen. Wer die Überprüfung durch Oberstleutnant Güttersberger besteht, erhält das scharlachrote Barett. „Ehre und Pflicht“ lautet der Wahlspruch der Gardisten. Für Moritz Mitterlehner soll es nach dem Ende des Grundwehrdienstes dann aber auch gut sein. „Ich werde Wirtschaft studieren.“ Eine Verwendung in der Miliz, der stark an die Truppe angebundenen Reserve, kommt für ihn nicht infrage.

Anders bei seinem Kameraden Elias Kasper. Dem heute 22 Jahren alten Oberösterreicher war schon als Bub klar, dass er zur Armee gehen würde – Auslöser war sein frühes Interesse für Geschichte. Mit Glanz in den Augen gesteht Kasper, dass er „große Begeisterung fürs Exerzieren“ hege, um sogleich hinzuzufügen: „Da bin ich hier aber einer der wenigen.“ Dass er sich zur Miliz melden wird und neben dem angestrebten Studium nach dem Grundwehrdienst regelmäßig zu Wehrübungen einrücken wird, ist für ihn keine Frage. Erleichtert hat ihm diese Entscheidung, dass davon nicht nur seine Freunde angetan waren, sondern auch seine Mutter.

„Stolz auf das, was wir hier schaffen“

Da hatte es Kaan Zararsiz schwerer, der sogar die Offizierslaufbahn vor Augen hat. Dem 19 Jahre alten Österreicher mit türkischen Wurzeln hätten seine Freunde zwar gesagt, dass dieser Wunsch zu ihm passen würde, nur die Mutter war nicht begeistert. Sie musste er erst überzeugen. Er blickt auf seinen Grundwehrdienst mit besten Erinnerungen zurück. „Ich wollte unbedingt zur Garde, weil sie repräsentiert, aber eben auch eine solide infanteristische Ausbildung bietet – man kann nur stolz auf das sein, was wir hier schaffen.“

Kaan Zararsiz. (Foto: Stephan Pramme)

Stolz ist auch Kommandeur Güttersberger. Auch und gerade, weil ihn der doppelte Auftrag vor Herausforderungen stellt, die er bislang noch immer bewältigt hat. Jedes Jahr rücken an sechs Einberufungsterminen 1600 Grundwehrdiener von österreichweit 20.000 in die Maria-Theresien-Kaserne ein, und Güttersbergers Job ist es, aus ihnen Soldaten zu machen, die auf dem Heldenplatz stramm stehen und dort eine ebenso gute Figur machen wie im Kampfanzug auf der Hindernisbahn oder auf dem Standortübungsplatz in Bruckneudorf im Burgenland, wo die Gardesoldaten die infanteristische Ausbildung durchlaufen.

„Ich habe zwei feldverwendungsfähige Kompanien ständig verfügbar zu halten“, nennt Güttersberger einen seiner vielen Aufträge. Immer wieder werden seine Männer zu sogenannten Assistenzeinsätzen kommandiert, wie die zivilen Unterstützungsleistungen des Bundesheeres in Österreich heißen. Aktuell sind es vor allem Kontaktnachverfolgungen in der Corona-Pandemie, aber auch Grenzsicherung gegen illegale Migration oder die Bewachung von Botschaften. Das Bundesheer kann verfassungsgemäß in einem sehr viel breiteren Spektrum im Innern eingesetzt werden als die Bundeswehr innerhalb Deutschlands. Güttersberger spricht von seiner Truppe als dem „Hausmeisterbataillon“, das für „alles zuständig“ sei, bis hin zum Schmücken des Saals beim jährlichen Ball der Offiziere in Wien. „Das einzige, was wir noch nicht hatten, war das Spargelstechen“, stellt der Garde-Kommandeur fest.

Beschaffung auch in Österreich problematisch

Problematisch ist – und da sind Bundesheer und Bundeswehr wieder nah beieinander – die Beschaffung. Das Standardgewehr des Bundesheeres, das StG77, ist ein heimisches Produkt von Steyr Mannlicher. Es gilt als zuverlässig, wurde aber schon in den späten 1960er-Jahren entwickelt. Aus derselben Epoche stammen die in die Jahre gekommenen französischen Verbindungs- und Transporthubschrauber Alouette III, die allerdings im kommenden Jahr sukzessive durch 18 neue Leonardo AW169M-Helikopter aus italienischer Produktion ersetzt werden. Das Bundesheer soll die ersten beiden neuen Maschinen Ende dieses Jahres übernehmen. Es ist mit 350 Millionen Euro das aktuell umfangreichste Beschaffungsprogramm, seit die alten Saab 105OE durch den Eurofighter ersetzt wurden. 50 Jahre lang war der schwedische Schulterdecker in der Luftraumüberwachung zwischen Vorarlberg und Burgenland im Dienst. Auch auf dem Boden stehen zahlreiche Beschaffungen an. Die Leopard 2A4-Panzer müssten modernisiert werden, und Güttersberger klagt, dass sein Garde-Verband über keine gehärteten Fahrzeuge verfüge. Auf zugesagte Dingos wartet er schon länger.

Auf dem neuesten Stand ist hingegen das Jagdkommando. In zwei Kasernen in Wiener Neustadt, etwa 60 Kilometer südlich von Wien, sind die „Austrian Special Operations Forces“, wie sie sich auf Englisch nennen, zu Hause. Der einsatzerfahrenste Verband des Bundesheeres wurde 1963 aufgestellt und hat seitdem zahllose Aufträge auf dem Balkan, in Afrika und in Afghanistan erledigt, meist Geheimaktionen. Ob Zentralafrikanische Republik, Libyen, Demokratische Republik Kongo, Bosnien-Herzegowina, Kosovo oder Albanien – das Jagdkommando kennt viele Einsatzgebiete. Wenn es ausrückt, geht es meist um komplizierte Aufgaben: Terrorismusbekämpfung, Spezialoperationen in Kriegs- oder Krisengebieten, Schutz österreichischer Staatsbürger im Ausland, Evakuierungen, Geiselbefreiungen.

Geeigneter Nachwuchs schwer zu finden

Während jeder Offiziersanwärter des Bundesheers in seiner Ausbildung dreimal aus einer Transportmaschine vom Typ C-130 Hercules springen muss, bringen es die Jagdkommando-Soldaten auf das X-fache dieser Zahl. Sie sind nicht nur Fallschirmjäger, sondern auch Kampftaucher, Kampfschwimmer, Einzelkämpfer, Fernspäher, Spezialpioniere und Scharfschützen. Dafür ist der Verband gut ausgestattet – das Problem von Kommandeur Philipp Ségur-Cabanac ist, wie der Brigadier (Brigadegeneral) im Gespräch mit loyal sagt, ein anderes: geeigneten Nachwuchs zu finden.

Philipp Ségur-Cabanac. (Foto: Stephan Pramme)

Ségur-Cabanac, ein bis an den Haaransatz durchtrainierter 46-Jähriger, der täglich auf dem Weg nach Hause in Wien eine Bahnstation früher aussteigt und den Rest des Wegs marschiert, macht sich keine Illusionen darüber, dass alleine schon die körperlichen Anforderungen des Auswahlverfahrens den Kreis der Bewerber schrumpfen lässt:
– 8 km Eilmarsch mit 20kg Gepäck in welligem Gelände in maximal 60 Minuten
– 30 Meter Klettern am schräg gespannten Seil
– 300 m Kleiderschwimmen in 11 Minuten
– Hindernisbahn unter 5 Minuten und 10 Sekunden

Dazu kommen noch folgende Übungen, die nacheinander mit jeweils nur einer Minute Pause absolviert werden müssen:
– 6 Klimmzüge in 60 Sekunden
– 48 Kniebeugen in 120 Sekunden
– 31 Liegestütze in 120 Sekunden
– 25 Sit-ups in 120 Sekunden
– 19 Hock-Wechselsprünge in 60 Sekunden
– 2400 Meter-Lauf in 12 Minuten

„Das Durchhalten ist das Problem“

„Auf diese körperlichen Anforderungen kann man sich natürlich vorbereiten“, sagt Segur-Cabanac. „Was aber viel schwieriger für junge Menschen heute zu ertragen ist, sind widrige Umstände: Hitze, Kälte, Nässe. Das Durchhalten ist das Problem. Dafür reichen die mentalen Fähigkeiten oft nicht aus.“ Aktuell bleiben im Vergleich zu vor 20 Jahren deutlich weniger Bewerber übrig. „Die psychische und körperliche Eignung ist geringer. Die Jugendlichen sitzen zuviel am Computer“, konstatiert der Kommandeur, der 2002 erstmals zum Jagdkommando kam. Wer aber die Auswahl übersteht, darf sich zu einer der besten Elitetruppen Europas zählen – und die härteste der harten Ausbildungen beginnen, in der die bisherigen Dienstgrade abgelegt werden, um den Zusammenhalt zu stärken. Alle Jagdkommandosoldaten sind gleich, alle müssen gemeinsam durch das, was an Aufträgen kommt.

Rekruten in der Maria-Theresien-Kaserne bei der Grundausbildung. (Foto: Stephan Pramme)

Auch das Jagdkommando stützt sich wie alle Verbände des Bundesheeres auf ein umfassend ausgebautes Milizsystem. Die Miliz hat eine viel größere Bedeutung als die Reserve in Deutschland, denn sie wird als integraler Bestandteil der Streitkräfte angesehen und stellt mit 25.000 Mann auch den größten Teil der Truppe. 18.000 Mann machen die Grundwehrdienstleistenden aus, nur 14.000 Armeeangehörige sind Berufssoldaten, davon 672 Frauen. Milizsoldaten üben regelmäßig auf ihren Dienstposten und sind die tragende Säule für die Durchhaltefähigkeit, wie der Milizbeauftragte des Bundesheeres, Generalmajor Erwin Hameseder gegenüber loyal sagt. Hameseder ist Berater des Verteidigungsministers, Ombudsmann der Milizsoldaten und versteht sich als Bindeglied zwischen Armee und Wirtschaft. Im Zivilberuf hat er eine Spitzenposition bei der Raiffeisenbank inne und wurde 2020 von einem Fachmagazin auf Rang 2 der einflussreichsten Manager Österreichs gewählt.

Weniger Interessenten nach Neuregelung

Mit der Reduzierung des Wehrdienstes von acht auf sechs Monate im Jahr 2005 sind die bis dahin verpflichtenden Wehrübungen weggefallen. Unternehmen müssen seitdem ihre in der Miliz beorderten Mitarbeiter nicht mehr freistellen. Wer sich zur Miliz meldet, muss aber dennoch seiner Pflicht zu Wehrübungen nachkommen: mindestens 120 Tage im Laufe eines Lebens bei Unteroffizieren und 150 Tage bei Offizieren. Nur Mannschaften steht der Dienst frei. Wenn der Arbeitgeber dafür kein Verständnis hat, müssen die Arbeitnehmer auf Urlaub ausweichen, denn der Job geht vor, räumt Hameseder ein. Die Neuregelung von 2005 habe sich deshalb nachhaltig auf die Personalsituation ausgewirkt. Es melden sich seitdem weniger Interessenten zur Miliz. Das Verteidigungsministerium hat reagiert und den Sold für diejenigen deutlich angehoben, die sich verpflichten.

Und die Frauen? „Soldatinnen leisten in einer fortschrittliche Armee einen wichtigen Beitrag“, erklärt Generalmajor Hameseder, muss aber zugleich einräumen: „Ihr Anteil in der Miliz beträgt aktuell nur ein Prozent. Für Frauen besteht keine Wehrpflicht, sie dienen ausschließlich freiwillig.“

Einblick ins Militärhundezentrum

Eine positive Ausnahme, was den Frauenanteil angeht, ist das Militärhundezentrum in Kaisersteinbruch, unweit des Neusiedler Sees. Von den 33 Bediensteten dort sind zehn Frauen – kein repräsentativer Verband für das Bundesheer zwar, aber ein bedeutender. Denn in der 1964 gegründeten Einrichtung, die auf die k.u.k-Kriegshundeschule von 1914 zurückgeht, werden Rottweiler gezüchtet; es ist eine der größten Zuchten dieser Rasse weltweit. 1700 Hunde kamen im Laufe der Jahre für den Eigenbedarf des Bundesheeres auf die Welt. Kommandeur Oberst Otto Koppitsch (60) ist einer der besten Hundekenner Europas. Seit 20 Jahren leitet er das Militärhundezentrum, privat hält er gar seit 40 Jahren Hunde. Seit 25 Jahren ist er Präsident des Clubs für englische Vorstehhunde in Österreich und europaweit vernetzt. „Für ein Land von der Größe Österreichs haben wir eine im internationalen Vergleich hohe Kompetenz“, stellt der Kommandeur fest.

„Rottweiler sind widerstandsfähig, ruhig, von eindrucksvoller Gestalt und Familienhunde“, sagt Koppitsch. Familienhunde? Kaum zu glauben. Bei einer Vorführung ist davon jedenfalls nicht viel zu sehen. Rüde Hades kann vor Aggression kaum an sich halten, bellt laut, zwischen den Lefzen läuft vor Erregung der Speichel, so sehr reizt ihn ein Störer. Als Hades von der Leine gelassen wird, verbeißt sich der Rottweiler in den (geschützten) Arm des Trainingspartners und lässt erst von ihm ab, als Hundeführer Wachtmeister Michael Otto das entsprechende Kommando gibt. Hades gehorcht aufs Wort, ist perfekt ausgebildet. Rottweiler eignen sich hervorragend als Schutz- und Wachhunde, während Labradore, um die es in Kaisersteinbruch auch geht, unter anderem zu Sprengstoffspürhunden ausgebildet werden.

„Mensch und Hund sind ein Team und bleiben ein Hundeleben lang zusammen“, so Koppitsch. Wenn eines der Tiere die Altersgrenze erreicht hat, verbringt es sein Seniorenalter in der Familie seines Herrchens oder Frauchens. Hundeführer gibt es auch beim Eliteverband Jagdkommando. Auch dort gehen sie mit den Soldaten durch dick und dünn – nur dass die Einsätze der Elitetruppe eben dicker oder dünner sind als normal. Die Hunde sind ebenfalls eine Art Elite. So werden sie ausgebildet, mit ihrem Hundeführer am Fallschirm aus einem Hercules-Transportflugzeug zu springen. Diese Spezialausbildung beginnt nach der dreimonatigen Grundausbildung, sagt Koppitsch. „Und auch die ist bei uns immer eine Teamsache.“

Militärische Zusammenarbeit mit Deutschland

Für Österreich ist Deutschland wichtigster Partner in der militärischen Zusammenarbeit. 2016 wurde eine Absichtserklärung unterzeichnet, die eine intensive sicherheits- und militärpolitische Abstimmung zum Inhalt hat. In der Ausbildung liegt dabei der Fokus auf gegenseitiger Unterstützung und Vorbereitung gemeinsamer Einsätze sowie Entwicklung und Erhalt von Fähigkeiten. Unter anderem geht es um die Ausbildungen von Jäger- und Panzertruppen und um Vorhaben im Gebirgs- und Winterkampf, bei dem das österreichische Bundesheer traditionell über eine besondere Expertise verfügt. Erst im November haben Soldaten des Fallschirmjägerregiments 26 aus Zweibrücken und des Bundesheer-Jägerbataillons 25 aus Klagenfurt auf dem größten österreichischen Truppenübungsplatz Allentsteig im niederösterreichischen Waldviertel zusammen für den Einsatz im Kosovo trainiert. Weitere Themen sind die gemeinsame Durchführung von Heeresbergführerlehrgängen, Eurofighter-Pilotenausbildungen und Kooperationen der Spezialeinsatzkräfte.

So nutzt die Bundeswehr den Truppenübungsplatz Lizum-Walchen für ihre Gebirgsjäger- ausbildung bis zur Bataillonsebene, die in Deutschland so nicht möglich ist. Für Soldaten des Bundesheeres bietet wiederum das Gefechtsübungszentrum auf dem Truppenübungsplatz Altmark in der Colbitz-Letzlinger Heide besondere Möglichkeiten. 2020 waren fast 2.700 Bundeswehrsoldaten zu Ausbildungszwecken beim Bundesheer, umgekehrt nutzten 525 österreichische Soldaten Ausbildungsmöglichkeiten in Deutschland. Im Bundesministerium für Landesverteidigung in Wien gibt es einen Verbindungsstab des deutschen Heeres. Kooperation auch auf Ebene der Reservisten: Der VdRBw und die Österreichische Offiziersgesellschaft (ÖOG) werden enger zusammenarbeiten. Dazu soll am 9. April in Wien ein Patenschaftsabkommen unterzeichnet werden.

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