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Landesgruppe Niedersachsen

60 Jahre Mauerbau

Die Deutsche Einheit und Deutschlands politische Rolle für die Außen- und Sicherheitspolitik in einem geeinten Europa

Bernd Kahnert zeigt auf die geöffnete Grenze zwischen Bad Harzburg-Eckertal und Stapelburg am 11.11.1989

Foto: Helmut Gleuel

Blick in das System der Grenzsperranlagen mit Beobachtungsturm als Führungsstelle

Foto: Helmut Gleuel

Blick in den Lehrsaal

Foto: Helmut Gleuel

Die Flucht mit dem selbstgebauten Flugzeug ist gescheitert

Foto: Helmut Gleuel

Gedenkstätte Deutsche Teilung Marienborn

Foto: Helmut Gleuel

Heinz Rüdiger Greillich informiert u.a. über Abläufe und Kontrollen in der Grenzübergangsstelle Marienborn

Foto: Helmut Gleuel

Humboldt Forum an der Spree

Foto: Helmut Gleuel

Landesvorsitzender Manfred Schreiber stellt den ersten Referenten Rainer Eppelmann vor

Foto: Helmut Gleuel

Manfred Schreiber bedankt sich bei Ricarda Steinbach für ihr Referat

Foto: Helmut Gleuel

Michael Schlosser zeigt die in seiner Gefängniszelle manipolierte Fassung der Deckenbeleuchtung

Foto: Helmut Gleuel

Seminarteilnehmer mit Michael Schlosser (erste Reihe 3.v.l.)

Foto: Helmut Gleuel

Zwischen dem Grenzverlauf und der Mauer liegt das vorgelagerte Hoheitsgebiet der DDR

Foto: Helmut Gleuel

Im September 2021 reisten 18 Reservisten aus Niedersachsen, teilweise in weiblicher Begleitung, in die seit 1974 bestehende Politische Bildungsstätte Helmstedt e.V. (PBH), um sich über die Folgen des Mauerbaus am 13. August 1961 und des Mauerfalls am 9. November 1989 zu informieren. Zum viertägigen sicherheitspolitischen Seminar gehörten auch Exkursionen nach Berlin, Magdeburg, Marienborn und Hötensleben.

Für viele Menschen, die als Zeitzeugen im Osten oder Westen gelebt haben, ist die deutsche Teilung mit vielen Erinnerungen und Emotionen verknüpft. Die künftigen Generationen kennen diesen wichtigen Teil der gemeinsamen Vergangenheit nur aus Erzählungen und Geschichtsbüchern.

Letzter Minister für Abrüstung und Verteidigung der DDR

Rainer Eppelmann, der 1943 geboren wurde, erinnert an die politischen Verhältnisse in der sowjetischen Besatzungszone. Die am 7. Oktober 1949 gegründete DDR war ein kommunistischen Staat. Die Berliner Mauer musste gebaut werden, weil nach 1953 täglich rund 30.000 Bürger/innen aus der DDR geflohen sind. Die DDR bezeichnete den Mauerbau „Antifaschistischer Schutzwall“. Der Referent wies auf das letzte Buch von SED-Funktionär Günter Schabowski hin, das den Titel trägt:  „Wir haben fast alles falsch gemacht“. 

Weil Rainer Eppelmann Theologie studieren wollte, was in der DDR nicht möglich war, musste er im Westberliner Bezirk Neukölln sein Abitur machen. Wegen Verweigerung des Dienstes in der NVA, erhielt er eine achtmonatige Freiheitsstrafe. Nach Ableistung der Wehrpflicht als Bausoldat wurde Rainer Eppelmann nach dem Theologiestudium Pfarrer in Ost-Berlin. Das Ministerium für Staatssicherheit plante seine Ermordung, die jedoch fehlschlug. Er war der letzte Minister für Abrüstung und Verteidigung im Kabinett von Lothar de Maiziére. Danach war er Mitglied der Enquete-Kommissionen zur Aufarbeitung der Geschichte und der Folgen der SED-Diktatur.

Nach der engagiert vorgetragenen Lebensgeschichte in der DDR und anschließender Aussprache, bedankte sich der Landesvorsitzende der Landesgruppe Niedersachsen, Oberst d.R. Manfred Schreiber, bei Rainer Eppelmann mit dem von der PBH hergegebenen Buch „30 Jahre Deutsche Einheit“ und einer Flasche mit edlen Tropfen. „Sie haben uns an die Wurzeln Deutscher Geschichte erinnert“, so Manfred Schreiber.

Besuch der Hauptstadt Berlin

Am zweiten Seminartag besuchte die Teilnehmergruppe die Bundeshautstadt Berlin. Zunächst begab sie sich mit dem Reisebus auf die Spuren entlang historischer Orte (Verlauf der Mauer, Gebäude und Plätze) der deutsch-deutschen Teilungsgeschichte, z.B. der Checkpoint Bravo und Charlie, das Reichstagsgebäude und Brandenburger Tor mit Erläuterungen vom Leiter der PBH André Lindner. Außerdem wurden die noch teilweise erhaltenen Mauerteile, die Gedenktafel für die Mauertoten und das Humboldt Forum, auf dessen Platz bis 1950 Reste vom barocken Berliner Schloss standen, besichtigt. In dem 2015 an der Spree fertiggestellten Gebäude, finden auf 30.000 Quadratmetern verschiedene Veranstaltungen und Ausstellungen aus Kunst, Kultur und Wissenschaft in modern gestalteten Räumen statt.

Nach einer einstündigen Mittagspause stand der Besuch des im Juni 2021 eröffneten Dokumentationszentrums für „Flucht, Vertreibung und Versöhnung“ mit einer einstündigen Führung auf dem sicherheitspolitischen Programm. Von den in drei Etagen ausgestellten Exponaten und Dokumenten zeigten sich die sicherheitspolitisch interessierten Reservisten sehr beeindruckt.

Dies ist ein einzigartiger Lern- und Erinnerungsort zu den Thematiken Flucht, Vertreibung und Zwangsmigration in Geschichte und Gegenwart. Im Zweiten Weltkrieg wurden 14 Millionen Deutsche vertrieben. Außerdem haben gut zweieinhalb Millionen Bürger/innen die DDR verlassen.

Der erste Exkursionstag klang mit einem Grill- und Kameradschaftsabend aus.

Spektakuläre Flucht mit dem Flugzeug gescheitert

Der inzwischen 77 Jahre alte gelernte Kfz-Schlosser Michael Schlosser schilderte seine beabsichtigte Flucht, die DDR mit einem selbst bebauten Leichtflugzeug illegal zu verlassen.

Der Referent war Fuhrparkleiter des DDR-Fernsehens (Studio Dresden) In seiner Arbeitsstelle bearbeitete er Metallteile, die er anschließend für den Bau seines Flugzeugs mit nach Hause nahm. Als Propellerantrieb diente ein Trabant-Motor.

Seine umfangreichen fliegerischen Kenntnisse hat sich Schlosser als Wehrpflichtsoldat bei der NVA-Luftwaffe erworben.

Der spektakuläre ungesetzliche Grenzübertritt wurde durch Verrat eines Kollegen und operative Maßnahmen des Ministeriums für Staatssicherheit (Stasi) verhindert. Der Ikarus aus Dresden wurde am 30.03.1984 vom Kreisgericht Dresden-Ost zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Davor saß er seit 28.10.1983 in Untersuchungshaft. Die Bundesrepublik Deutschland hat ihn nach 13 Monaten Haft freigekauft. Seine Stasi-Akte enthält viertausend Seiten.

Manfred Schreiber bedankte sich bei Michael Schlosser für die spannend vorgetragenen Schilderungen und das anschließende Gespräch mit Aufmerksamkeiten der PBH, die auch den anderen Referenten als Dank überreicht wurden.

Folgen im gesellschaftlichen und sicherheitspolitischen Bereich durch den Bau und Fall der Mauer

Dipl.-Pol. Ricarda Steinbach referierte über das Leben im geteilten Deutschland.

Nach dem Zweiten Weltkrieg haben die Siegermächte Deutschland in vier Besatzungszonen aufgeteilt. In der DDR standen das sozialistische und in der Bundesrepublik Deutschland das christliche Menschenbild im Fokus. Die Referentin erinnerte an die historischen Entwicklungsphasen vom 1. September 1939 (Beginn des Zweiten Weltkrieges) bis 3. Oktober 1990 (Wiedervereinigung) und stellte die politischen Systeme der beiden deutschen Staaten gegenüber. Dazu gehörten auch die Berliner Mauer, die Unterschiede der Streitkräfte Bundeswehr und NVA sowie die zwangsweise Aussiedlung mehrerer Tausend DDR-Einwohner aus dem fünf Kilometer breiten Sperrgebiet entlang der innerdeutschen Grenze (Aktion Ungeziefer).

Die Bevölkerung der DDR hat keine Wiedervereinigung, sondern Veränderungen gefordert, sagte Ricarda Steinbach.

Besuch im Landtages von Sachsen-Anhalt

Vor dem Haupteingang im Südflügel des schmucken Landtagsgebäudes am Domplatz in Magdeburg informierte Hans-Jürgen Ende vom Besucherdienst  über die Gründung des Bundeslandes Sachsen-Anhalt. Aus 14 DDR-Bezirken und Ost-Berlin entstanden fünf Bundesländer. Für die Landeshauptstadt Sachsen-Anhalt hatten sich Dessau, Halle (Saale) und Magdeburg beworben. Eine Zwei-Drittel-Mehrheit der Landtagsabgeordneten entschied sich für Magdeburg. Zu DDR-Zeiten wurde der Gebäudekomplex als Ingenieursschule für Wasserwirtschaft genutzt. Anschließend führte Hans-Jürgen Ende die Seminarteilnehmer durch einen Teil des Landtagsgebäudes und gab entsprechende Erläuterungen.

Im zweiten Obergeschoss des Gebäudes fand auf der Besuchertribüne des Plenarsaals ein ausführliches Gespräch mit dem 44-jährigen Landtagsabgeordneten (MdL) Tobias Krull der CDU-Fraktion statt. Der MdL ist seit 2016 im Landtag und war Soldat in der Bundeswehr. Er informierte u.a. über die Anordnung der Abgeordnetensitze entsprechend der im Landtag vertretenden Fraktionen, sowie über die Arbeitweise im Parlament, in den Ausschüssen und Fraktionen. Der Landtag, der einmal im Monat tagt, hat gegenwärtig 97 Abgeordnete aus 41 Wahlkreisen, davon 14 Überhangmandate.

Die Besuchergruppe interessierte sich u.a. über die Themen Diäten und Frauenquote. „Die Landtagsabgeordneten bekommen eine Aufwandspauschale von 7.200 Euro Brutto und der Frauenteil beträgt 28%“, antwortete Tobias Krull.

Besuch der Gedenkstätte Deutsche Teilung

(Ehemalige Grenzübergangsstelle Marienborn und Innerdeutsche Grenze bei Hötensleben)

In der Zeit des Kalten Krieges befand sich an der Autobahn Hannover – Berlin zwischen Helmstedt und Marienborn die bedeutendste Grenzübergangsstelle (GÜSt) zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR. Sie wurde am 1. Juli 1945von den Siegermächten eingerichtet und 1974 nach einer zweijährigen Bauzeit, vergrößert und etwa 1,5 Kilometer vom Grenzverlauf entfernt, verlegt. Zwischen 1985 und 1989 sind 34,6 Millionen Reisende von rund 1000 Beschäftigten aus den Bereichen Passkontrolle, Zoll, DDR-Grenztruppen und Zivilpersonen abgefertigt worden. Auf der Seite der Bundesrepublik waren etwa 40 Personen mit Grenzkontrollarbeiten beschäftigt. Schwerpunkte der DDR-Grenzorgane waren Devisenbeschaffung und Fluchtverhinderung. Die erhaltene GÜSt bietet einen Einblick, welchen Herausforderungen man begegnete, wenn man zwischen Ost und West reiste, und die Transitstrecke durch die ehemalige DDR nutzte.

Heinz Rüdiger Greilich, der Zeitzeuge der Deutschen Teilung ist und in der Nähe der innerdeutschen Grenze gelebt hat, führte die niedersächsische Besuchergruppe über das teilweise untertunnelte 30 Hektar große Gelände der ehemaligen Grenzübergangsstelle Marienborn und informierte über die Funktionen der historischen Abfertigungsbereiche. Rollschranken, Schlagbäume und auf Schienen gelagerte Rollsperren aus Stahl verhinderten Grenzdurchbrüche in Richtung Westen mit Fahrzeugen. Im Kommandantenturm der Grenztruppen (Befehlszentrale), höchstes Gebäude der GÜSt, befand sich eine Telefon- und Funkanlage zur Geländeüberwachung. In einem dreigeschossigen Gebäude, befindet sich eine sehenswerte Ausstellung über die Grenze und das geteilte Deutschland.

Es war eine kluge Entscheidung, die Grenzsperranlagen an der innerdeutschen Grenze vor dem Grenzort Hötensleben nicht nach der am 19.11.1989 erfolgten Grenzöffnung abzureißen, sondern für die künftigen Generationen im Originalzustand zu erhalten.

Am Grenzdenkmal in Hötensleben können die Seminarteilnehmer/innen sehen, wie die innerdeutsche Grenze zur Zeit der deutschen Teilung gesichert wurde und welche menschlichen Schicksale mit ihr einhergingen.

Im viereckigen Beobachtungsturm auf der Anhöhe befand sich eine Führungsstelle, in der Kommunikations- und Signaltechnik des Grenzabschnitts zusammenliefen. Die Soldaten der DDR-Grenztruppen hatten ein optimales Sicht– und Schussfeld. Zwischen der Grenzlinie und den Grenzsperranalgen ist Hoheitsgebiet der DDR. Für die Grenzsicherung der innerdeutsche Grenze hat die DDR rund eine Million DDR-Mark pro Kilometer ausgegeben.

Hochrangiger Ex-Grenzschützer informiert über seine vielseitigen Verwendungen beim Bundesgrenzschutz

Bernd Kahnert, der ursprünglich Pilot werden wollte, begann 1961 seine berufliche Laufbahn als Grenzjäger (OA) beim Bundesgrenzschutz (BGS). Der Referent hat sich in seiner vierzigjährigen Dienstzeit bis zum Abteilungspräsident hochgearbeitet. Von 1973 bis 1975 war der BGS-Beamte Mitglied der Arbeitsgruppe Grenzmarkierung der gesamtdeutschen Grenzkommission. Nach der deutschen Wiedervereinigung war Kahnert für den Aufbau des Bundesgrenzschutz Ost  (seit 1. Juli 2005 Bundespolizei) zuständig.

„Zwischen Eckertal und Stapelburg hat am 11.11.1989 die erste nicht abgesprochene Grenzöffnung an der innerdeutschen Grenze stattgefunden“, so Bernd Kahnert.

Fazit:

Das sicherheitspolitische Seminar bot viele Informationen und Erlebnisse zum Thema „60 Jahre Mauerbau“, über die reichlich diskutiert worden ist. Eine sinnvoll genutzte Zeit.

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