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  • Von Flg d.R. Karin Bauermeister, Lt d.R. Tassilo Schmitt-Fahnert, HptGefr d.R. Gero Grundmann, O d.R. Mark Aretz
  • 24.02.2019
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AusbildungfinnlandschiessenÜbung

Auf den Spuren des „Königlich Preußischen Jägerbataillons Nr. 27“

Die Finnen… da oben irgendwo in den riesigen Wäldern des Nordens wohnen sie, Angehörige eines nicht zu unnötigen Worten neigenden Volkes

Obwohl nur etwa fünf Millionen Einwohner zählend, haben sie der Welt Entwicklungen wie die Sauna, den Molotowcocktail oder den Siegeszug des Mobiltelefons beschert.
Dennoch sind sie in der Geschichte für Außenstehende erst seit rund 200 Jahren als eigenständige Nation wirklich sichtbar.

Zur Historie: Finnland wurde von Stockholm nach dem russisch-schwedischen Krieg von 1808/09 an den Zaren abgetreten. Anstatt das Land dem Zarenreich komplett einzuverleiben und politisch unterzuordnen, wurde es zu einem autonomen Großfürstentum erklärt. Die Finnen genossen so gewisse Freiheiten und Rechte und konnten allmählich eine Nationalkultur entwickeln, was unter der vormaligen schwedischen Regierung so nicht möglich gewesen war. Ohne Russische Amtssprache, mit eigener Finnmark als Währung, eigenen Briefmarken, weitgehender Selbstverwaltung und eigener Volksvertretung, später sogar einer eigenen finnischen Armee, mit der Garantie nur in Finnland und nicht in Russland eingesetzt zu werden, ließ es sich unter der Zarenherrschaft zunächst einigermaßen ruhig leben.

Dies änderte sich aber unter Zar Nikolaus II ab 1899 deutlich. Dieser versuchte im Zuge der „Russifizierung“ nationale Separationsströmungen auszuschalten und die besonderen Rechte der Finnen einzuschränken oder gänzlich abzuschaffen. Im finnischen Volk erwachte unter diesem Einfluss so gegen Ende des 19 Jahrhunderts der nationale Widerstandsgedanke und kulminierte parallel zum weiter wachsenden Russifizierungsdruck beim Ausbruch des ersten Weltkrieges in der Erkenntnis, dass Finnland bewaffnete Kräfte benötigen würde, um sich vom Zarenreich gewaltsam freikämpfen zu können. Da die zunächst um diesbezügliche Unterstützung angefragten Schweden und Dänen wegen ihrer Neutralität und die Engländer wegen ihres Bündnisses mit dem Zaren die Finnen nicht unterstützen wollten, kristallisierte sich schließlich die Ausbildung in der preußischen Armee als gangbare Option heraus.

Bedingt durch die russische Okkupation erfolgten die entsprechenden Vorbereitungen unter strengster Geheimhaltung und waren entsprechend schwierig. Als Pfadfinder getarnt, machten sich so 1915 die ersten 200 Finnen zur freiwilligen militärischen Ausbildung auf den Weg nach Deutschland in das „Lockstedter Lager“, dem heutigen Hohenlockstedt. Der Lehrgang wurde mehrfach verlängert und wurde schließlich 1916 zum „Königlich Preußischen Jägerbataillon Nr. 27“, mit schlussendlich rund 2000 Soldaten erhoben.

Die Bataillonsangehörigen, die nunmehr die „finnischen Jäger“ genannt wurde, gelang im Heimatland bedingt durch ihre gute Ausbildung und unterstützt durch deutsche Waffen- und Munitionslieferungen der Sieg im finnischen Freiheitskrieg von 1918. Die bereits 1917 erklärt Unabhängigkeit konnte so bewahrt werden. In über 400 Büchern wurden diese Erlebnisse festgehalten. Ein großer Teil von ihnen wurde auf Deutsch verfasst oder ins Deutsche übersetzt. Das Wissen und die Erfahrungen aus dem finnischen Freiheitskrieg (1917-18), dem Winterkrieg (1939-40) und dem Fortsetzungskrieg (1941-44), in denen Jäger jeweils Schlüsselrollen einnahmen, sind bis heute Bestandteil der militärischen Nachwuchsausbildung.

Auf dieser militärhistorischen Grundlage hat sich vor über 20 Jahren in 1995 die deutsch-finnische Reservistenverbindung gebildet. Ihre Mitglieder fördern durch Veranstaltungen in Deutschland und Finnland die Sicherheitspolitik beider Länder im europäischen Zusammenhang. Kameradschaft, gegenseitiges Verständnis und die Festigung und Förderung militärischen Fertigkeiten stehen im Mittelpunkt des Interesses. Eine besondere Berücksichtigung findet dabei die alljährliche Gedenkfeier in Hohenlockstedt, etwa 8 km nördlich von Itzehoe. Ende Februar 2019 wurden die Ziele der inzwischen gegründeten RAG DEU-FIN nachhaltig und mit Unterstützung vieler Kameraden umgesetzt.

Dieses Jahr folgten 13 Reservisten aus ganz Finnland, von Helsinki bis Rovaniemi, der Einladung der Lüneburger Reservisten. Geführt wurden sie von Yliluutnantti (OLt d.R.) Pekka Sillanpää und wie ihre Vorgänger vor gut 100 Jahren waren die treibenden Kräfte zum Großteil Studenten – heute organisiert im finnischen Verband Studierender Reservisten (ORUP). Die Fortführung der Hohenlockstedter Traditionslinie ist in Finnland von großer Bedeutung. Das zeigt sich daran, dass die bi-nationalen Veranstaltungen von Brigadegeneral a.D. Pertti Laatikainen, dem leitenden Direktor Geschäftsführer der Finnischen freiwilligen Verteidigungsausbildungsorganisation (Maanpuolustuskoulutusyhdistys, MPK), als offizielle Lehrgänge eingestuft und unterstützt werden. Des weiteren werden sie von der Finnischen Jägerstiftung unter Leitung von Generalmajor a.D. Jukka Pennanen finanziell gefördert.

Bereits am Mittwoch, dem Anreisetag, erfolgte in der Theodor-Körner-Kaserne, Lüneburg, abends die Einweisung der finnischen Reservisten in das Schulschießen mit Handwaffen der Bundeswehr, mit G36 und P8, sowie die computergestützte Ausbildung am AGSHP. Am Folgetag schossen alle finnischen Reservisten die Schulschießübungen auf dem nahegelegenen Standortübungsplatz Wendisch-Evern und haben diese erfolgreich bestanden. Nach dieser Herausforderung wurde es beim Kameradschaftsabend etwas ruhiger und entspannter, während auf einer Leinwand Fotos des letzten gemeinsamen Treffens Ende Februar 2018 im finnländischen Vaasa anlässlich der 100-Jahr-Feier zur Unabhängigkeit gezeigt wurden: Winterausbildung, Parade, Festveranstaltung und Kameradschaftsabende waren die dominierenden Motive.

Am Freitag wurde nach Munster zum Panzermuseum verlegt, wo zunächst mit den finnischen Reservisten eine Führung durch die Ausstellungshallen stattfand. Am Mittag wurde feierlich der sog. “Jägerstein” (“Jääkärikivi”) enthüllt, mit dem ab sofort auf dem Gelände des Museums an eine kurze Zeitetappe von 1916-17 erinnert wird, in der die Finnischen Jäger in Teilen auch im Lager Munster ausgebildet wurden. Nach dem anschließenden Sektempfang erfolgte die Fahrt nach Hamburg-Wilhelmsburg, wo man zusammen den “Energiebunker” besichtigte. Der große Flugabwehrgeschützturm aus dem 2. Weltkrieg ist nach interner Sprengung lange Zeit eine ungenutzte Ruine gewesen und wurde dann 2013 im Rahmen der Internationalen Bauausstellung entkernt und zu einem Öko-Kraftwerk umgebaut und mit einem riesigen internen Warmwasserspeicher versehen. Nach der Besichtigung des Bunkers wurde weiter zum Flugplatz “Hungriger Wolf” bei Hohenlockstedt verlegt. Das Gästehaus am Tower bildete hier die Unterkunft für die nächsten Tage.

Parallel fand bis Freitag für die Deutschen und Finnischen Reservisten der Gründergeneration der RAG DEU-FIN eine sicherheitspolitische Bildungsveranstaltung in Berlin statt. Es erfolgte dort eine eintägigen schwerpunktmäßig militärgeschichtlichen Stadtrundfahrt. Des weiterem die Besichtigung des Reichstages mit Besuch einer Bundestagsplenarsitzung, sowie ein Briefing durch den Vorsitzenden der Deutsch-nordischen Parlamentariergruppe und einem Mitglied des Verteidigungsausschusses statt.

Am Samstag Vormittag bestand die Möglichkeit sich in der Dauerausstellung im Museum „Am Wasserturm“ über das „Königlich Preußisches Jägerbataillon Nr. 27“ zu informieren und so einen Einblick in die gemeinsame Geschichte zu bekommen. Ein Vortrag über „Die Beteiligung der kaiserlichen Marine an der Befreiung Finnlands“ von Ulrich Schiers rundete das Programmangebot am Vormittag ab.

Höhepunkt der Festveranstaltung in Hohenlockstedt war die Gedenkfeier im Ehrenhain mit dem Niederlegen der Kränze im Gedenken an die Jäger und ihre gefallenen deutschen Kameraden.
Anschließend erfolgte in der Aula der nahegelegen Wilhelm-Käber-Schule ein Empfang der Stadt Hohenlockstedt mit Ansprachen. Hier wurde im Beisein der hohen Gäste von Brigadegeneral a.D. Laatikainen der Einsatz der RAG DEU-FIN äußerst lobend erwähnt.

Am letzten gemeinsamen Abend wurden die wohlverdienten Schützenschnüre mit Urkunde und Schießbuch an die -zu Recht- stolzen finnischen Reservisten verliehen. Es folgten gegenseitige Danksagungen und bis in die frühen Morgenstunden wurden gemeinsam begleitet von Akkordeonklängen die alten Soldatenlieder gesungen, auf deutsch und auf finnisch. Gelebte Völkerverständigung in Hohenlockstedt, in der Nähe des ehemaligen Lockstedter Lagers, dort, wo der Gedanke an die Unabhängigkeit des eigenen Volkes junge Männer drei Jahre harte militärische Ausbildung durchhalten ließ, wo der freiwillige Einsatz an der Kurland-Front im heutigen Lettland Baltikum für Deutschland selbstverständlich war und wo aus den jungen Männern erfolgreiche Kämpfer für ihr Vaterland wurden.

Zusammengewachsen durch die bisherigen gemeinsamen Aktivitäten war auch dieser Besuch der finnischen Reservisten bei der RAG DEU-FIN wieder ein großartiges, ergreifendes Erlebnis: politisch, militärisch, historisch, kameradschaftlich und mit ganz individuellen Begegnungen für jeden Einzelnen.

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