Historische Radtour durch Ostpreußen
Eloquent und Geschichtsbewandert. So zeigte sich einmal mehr Holger Schramm beim Vortrag über seine Radtour um die masurische Seenplatte. Oberstleutnant d.R. Ralf-Marten Zoeller, Kreisbeauftragter für Sicherheitspolitik, hieß ihn nunmehr bereits zum dritten Mal vor interessierten Mitgliedern der Kreisgruppe Weserbergland herzlich willkommen. Das ehemalige Minensuchboot „Pluto“ der Marinekameradschaft Hameln mit seinem Ambiente bot dafür den richtigen Rahmen.
In den Jahren 2016 und 2018 bereiste der Referent das südliche Ostpreußen mit der masurischen Seenplatte. Die Anreise über fast 1000 Kilometer erfolgte natürlich mit dem Auto. Mit Zwischenstopp in Posen. Dem dortigen Dienstsitz des letzten deutschen Kaisers wurde ebenso ein Besuch abgestattet wie auf dem weiteren Weg der Marienburg, über Jahrhunderte Sitz des deutschen Ritterordens. Nach heftigen Kriegszerstörungen wiederhergestellt stehen auch die Hochmeister des Ordens als Skulpturen fein säuberlich aufgereiht. Die seit dem 11. Jahrhundert im Land der ungläubigen Pruzzen Kreuzzüge führten, im Laufe der Zeit das Gebiet kolonisierten, entwickelten und zum Ordensland machten.
Die eigentliche Radtour startete in Jäglack westlich Angerburg, Heimatort des Schriftstellers Arno Surminski, der seine dortigen Kindheitserlebnisse zum Buch „Jokehnen“ verarbeitete. Und führte in acht Tagen und fast 700 Kilometern einmal im Uhrzeigersinn um die masurische Seenplatte herum. Vorbei an historischen Zeugnissen aus der Zeit des 1. und 2. Weltkrieges. Nach 85 Kilometern das erste Etappenziel in Grünau ostwärts Lötzen bei Familie Lange. Die einen Hof mit 80 Milchkühen bewirtschaftet und noch echten ostpreußischen Dialekt spricht. Nächstes Tagesziel Goldap im Norden. Durch den Skalischen Forst und entlang des 3 Meter hohen russischen Grenzzaun und 75 Kilometern erreicht. Weiter durch die berühmte Rominter Heide nach Treuburg. Diesmal 90 Kilometer und 375 Höhenmeter in fünf Stunden. Dort befindet sich auch ein Soldatenfriedhof aus dem 1. Weltkrieg. Auf Gedenksteinen werden die Gefallenen deutschen und russischen Soldaten der Kämpfe im August 1914 erstaunlicherweise gleichlautend als Helden bezeichnet. Nächste Tagesetappe Lyck und danach weiter mit Ziel Johannisburg und dem Spirding See. Einst mit 122 Quadratkilometern das zweitgrößte Gewässer Deutschlands und viermal so groß wie das Steinhuder Meer. Am nächsten Tag auf den Weg nach Zondern ostwärts Sensburg ein Abstecher nach Nikolaiken zum Schloß der Familie Dönhoff. Vorletzte Station die Stadt Lötzen, 90 Kilometer entfernt. Dort liegt zwischen den Seen strategisch günstig die Festung Boyen, die im 1. Weltkrieg diese Enge erfolgreich gegen die angreifenden russischen Truppen verteidigt. Nach acht Tagen schloß sich der Kreis mit einer Bootsfahrt Richtung Angerburg und wieder zurück zum Ausgangspunkt in Jäglack. Und das bei sengender Hitze und teilweise Schafskälte mitten im Sommer. Gefährlich für die Fahrradreifen die zahlreichen Scherben auf den Wegen, lästig die vielen freilaufenden Dorfköter. Rastenburg mit der Wolfsschanze und den Bunkern der diversen Oberkommandos blieb diesmal außen vor, waren aber 2016 Ziel der ersten Mountainbike Tour. Ebenso wie das Gebiet der Schlacht bei Tannenberg südlich Allenstein, in der die kaiserliche Armee 1914 unter Hindenburg einen großen Sieg über die russischen Truppen erringen konnten. Das entsprechende Denkmal wurde 1945 gesprengt, nur noch wenige Überrest sind geblieben. Ebenso wie vom Gut des Feldherren selbst. Zahlreiche andere Schlösser sind renoviert worden und werden als Hotels genutzt. Generell ist die Arbeitslosigkeit hoch und Alkoholsucht deutlich auf den Straßen zu sehen. Den fulminanten Abschluß des Berichtes setzte Holger Schramm mit der Rezitation des Ostpreußenliedes „Land der dunklen Wälder“, auswendig und mit allen vier Strophen!
Bild oben & Unten: Holger Schramm
Bild mitte: Christian Günther
Christian Günther
Kreispressewart