Interview mit dem Kommandeur Landeskommando RLP
Fragen an Oberst Stichling
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Welche Rolle spielt das Thema „Heimatschutz“ in der neuen Struktur der Bundeswehr?
„Heimatschutz“ ist eine wichtige gesamtstaatliche Aufgabe, die unsere Verfassung in Teilen – aber nicht nur – den Streitkräften zugewiesen hat. In den letzten Jahren wurde dem Thema seitens der Streitkräfte nur geringe Aufmerksamkeit gewidmet, da einerseits die Wahrnehmung von Bedrohung nur gering war, andererseits die Bundeswehr sich ganz auf die fordernden Auslandseinsätze konzentrierte. In den neuen Strukturen, die die Bundeswehr derzeit einnimmt, werden wir diesem Auftrag wieder etwas mehr Rechnung tragen können. Neben den aktiven Einheiten und Verbänden der Streitkräfte und den Elementen der Wehrverwaltung werden hier zukünftig auch nichtaktive Elemente wie die schon bewährten Bezirksverbindungskommandos (BVK) und Kreisverbindungskommandos (KVK) und die neu aufzustellende Truppenteile der Reserve Verantwortung übernehmen. Letztere werden derzeit als sogenannte „Regionale Sicherungs- und Unterstützungskräfte“ (RSUKr) ausgeplant und in naher Zukunft aufgestellt.
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Welche Anforderungen stellen Sie an Reservisten, die sich in die RSUKr einbringen möchten?
Die Anforderungen an die Reservisten leiten sich aus dem Auftrag der RSUKr. Da es sich dabei primär um militärische Wach- und Sicherungsaufgaben handelt, setzen Ausbildungen zum Erhalt oder zur Verbesserung der Qualifikation „Sicherungssoldat“ hier die Maßstäbe. Dies setzt zunächst eine angemessene gesundheitliche und körperliche Fitness voraus, die durch qualifizierte Ärzte der Bundeswehr festzustellen ist. Weiterhin erwarten wir, dass Reservisten, die sich für eine Verwendung in den RSUKr interessieren, in einem Jahr ca. fünf Wehrübungstage bei uns ableisten, um Ihre Basisausbildung zu absolvieren. Allerdings werden wir unsere Ausbildungsvorhaben zeitlich flexibel gestalten können, so dass wir in gewissen Grenzen auch auf persönliche oder berufliche Belange der Reservisten Rücksicht nehmen können.
Die wichtigste Anforderung, die wir jedoch an die zukünftigen Angehörigen der RSUKr stellen müssen, ist die unbedingte Bereitschaft jedes Einzelnen, im Falle eines „scharfen“ Einsatzes dieser Kräfte – notfalls auch kurzfristig – hierfür ohne Wenn und Aber zur Verfügung zu stehen.
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Welche Chancen bieten die RSUKr in Bezug auf die Verwirklichung einer „Reservistenkarriere“?
Wir sind froh, dss es mit Aufstellung der RSUKr wieder möglich sein wird, auch qualifizierte und engagierte Reservisten in Mannschaftsdienstgraden angemessen zu fördern. Eine solche Förderung war in den letzten Jahren für viele Reservisten in Mannschaftsrängen mangels entsprechender Dienstposten bisher leider oft nicht möglich. Wir werden von diesen neuen Möglichkeiten auch gerne Gebrauch machen. Wo Engagement und Leistung uns überzeugen, werden unsere Mannschaften aufsteigen können. Aber auch den Offizieren und Unteroffizieren werden wir Perspektiven in den RSUKr bieten können und die einzelnen Laufbahnen werden im bestimmten Ausmaß „durchlässig“ sein. Allerdings gelten auch hier die eindeutigen gesetzlichen Vorgaben und die setzen als Voraussetzung für einen Laufbahnwechsel auch bei Reservisten üblicherweise längere, lehrgangsgebundene Ausbildungen und Laufbahnprüfungen voraus. Wer hierfür die nötigen persönlichen Voraussetzungen und etwas Flexibilität mitbringt, kann in den RSUKr seine „Karriere“ machen.
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Welche Erwartungen haben Sie an die Mandatsträger des VdRBw in RP in der Aufstellungsphase der RSUKr?
Ich erwarte von allen Mandatsträgern, dass sie unablässig in ihren Gliederungen informieren und für den Dienst in den RSUKr kräftig werben. Mir ist wichtig, dass wir nicht jetzt mit Begeisterung diese Elemente aufstellen, dann aber nach wenigen Jahren feststellen müssen, daß das Engagement nachlässt und wir einen langsamen aber kontinuierlichen Schrumpfungsprozess erleben.
5. Wie können die Gliederungen der Landesgruppe effektiv zur Aus-und Weiterbildung der RSUKr beitragen?
Die Beauftragten für Sicherheitspolitik und – vor allem – für militärische Ausbildung sehe ich zusätzlich in der Pflicht, in Ergänzung der hoheitlichen Ausbildungsvorhaben des LKdo RP komplementäre Ausbildungsangebote als Veranstaltungen des VdRBw zu entwickeln und durchzuführen. Unser gemeinsamer Ansatz, die RSUKr innerhalb kurzer Zeit aufzustellen und zu einer ersten operationellen Einsatzbereitschaft zu führen, erfordert es, daß wir alle Kräfte bündeln und gemeinsam in die Ausbildung dieser Reservisten investieren.
Mit dem Befehl des LKdo RP für die militärische Ausbildung 2013 im Rahmen der Reservistenarbeit des Landeskommandos Rheinland-Pfalz vom 28.06.2012 haben wir bereits klare Leitlinien hierzu vorgegeben.
6. Mit welchen zusätzlichen Argumenten könnte aus Ihrer Sicht das Interesse von Reservisten für das RSUKr-Vorhaben gewonnen werden?
„Wir. Dienen. Deutschland“ und „Tu was für Dein Land“: Diese Leitsätze der Bundeswehr und des Reservistenverbandes beschreiben in aller Kürze und Klarheit, woraus sich die Motivation der Reservisten für Ihre Aufgabe als „Heimatschützer“ hauptsächlich speisen sollte. Für diesen Ehrendienst an der Allgemeinheit bieten Beorderung und Dienst in den RSUKr eine interessante und fordernde Ausbildung zur Vorbereitung auf wichtige potentielle Aufgaben im Heimatschutz. Nicht ohne Reiz für viele Reservisten ist sicherlich auch ihre Rolle als „Mittler“ zwischen Bundeswehr und Gesellschaft. Zur Wahrnehmung dieser schönen Aufgabe werden interessierte Reservisten eine ganze Reihe von hochwertigen Lehrgängen und Seminaren an Ausbildungseinrichtungen der Streitkräfte besuchen können.
7. Bis wann rechnen Sie mit der ersten Indienststellung von RSU-Kräften in Rheinland-Pfalz?
Wenn wir mit der Gewinnung und dem Prüfen der wehrrechtlichen Verfügbarkeit der Bewerber weiter so gut vorankommen wie in den zurückliegenden Monaten und die entsprechenden Organisationsgrundlagen zur Verfügung gestellt werden, sehe ich aus jetziger Sicht keinen Grund, das bisher für die offizielle Aufstellung vorgesehene Jahr 2013 abzuwarten.
Im Klartext: Derzeit halten wir einen Aufstellungsappell im November 2012 für möglich, der – soviel steht fest – an einem repräsentativen Ort in würdiger Form seinem Anlass gerecht werden wird.
Das Interview mit Oberst Stichling wurde vom Medienreferenten des VdRBWRlp, Thomas Brammer-Türck, geführt.
Foto: Landeskommando