Die Vielschichtigkeit der Probleme beim Einsatz gegen Piraterie sind, machten Fregattenkapitän Wolfgang Mordhorst und Regierungsdirektor Uwe Althaus, beide vom Flottenkommando in Glücksburg, bei einer gemeinsamen Veranstaltung der Gesellschaft für Wehr- und Sicherheitspolitik (GfW), Sektion Flensburg, und des Arbeitskreises Reserveoffiziere (AKRO) Schleswig-Flensburg deutlich. Beide Veranstalter hatten Mitglieder und Interessierte zu einer Sicherheitspolitischen Vortragsveranstaltung unter dem Thema „Bedeutung der Seewege und des Seehandels für Deutschland – Einsatz gegen die Piraterie am Horn von Afrika aus militärischer und rechtlicher Sicht“ in das Offizierheim der Schule für Strategische Aufklärung der Bundeswehr nach Flensburg eingeladen. Mehr als 130 Gäste – darunter auch zahlreiche aktive Soldaten, aber auch Politiker verschiedener Parteien – waren der Einladung gefolgt und wurden vom Vorsitzenden des AKRO Schleswig-Flensburg, Major d. R. Burkhard Repenning, und dem Sektionsleiter der GfW Flensburg, FKpt a.D. Wolfgang Kanstorf, begrüßt. Alle konnten „hautnah erleben“, welche besonderen Herausforderungen im Vorwege und während des Einsatzes am Horn von Afrika zu bewältigen waren und sind. FKpt Mordhorst machte in seinem Vortrag sehr deutlich, welche Abhängigkeit für Europa und dabei ganz besonders für Deutschland als Exportnation von der Freiheit der Seewege besteht. 46.155 registrierte Schiffe im internationalen Warenverkehr bewältigen mehr als 95 % des Ferngüterverkehrs. 90 % des Außenhandels der EU wird auf dem Seewege durchgeführt. Mit den Worten „über die Seewege atmen wir“ unterstrich er diese aussagekräftigen Zahlen. Noch deutlicher wurde die Abhängigkeit von den Seewegen bei der Betrachtung der Energieversorgung Deutschlands. Mehr als 81 % der fossilen Brennstoffe erreichen Deutschland über den Seeweg. Neben der Piraterie und terroristischen Bedrohung auf See (Schmuggel als Geldquelle des Terrorismus, Proliferation von Waffen, Geiselnahme, etc.) gehören auch der illegale Transfer von Personen, Angriffe auf Schiffe und Offshore-Anlagen, Blockade von Seewegen und Häfen oder die Nutzung von Schiffen als schwimmende Bomben zu den Bedrohungsszenarien. Allein 2008 habe es weltweit 293 registrierte Angriffe auf Seeschiffe gegeben, so der Marineoffizier. Die Vereinten Nationen, die NATO und die EU versuchen, in dieser Region mit hoher militärischer Präsenz für Sicherheit zu sorgen. 2,5 Millionen nautische Quadratmeilen (NM²) müssen überwacht werden, das entspricht ungefähr der 3-fachen Größe des Mittelmeeres. Der Einsatz der unterschiedlichen Nationen erfolgt mit der Zielsetzung, den Terrorismus zu bekämpfen, Piraterie zu verhindern und die Seewege sicher zu halten. Der EU-Einsatz „Atalanta“ sichert dabei zusätzlich die Nahrungsmitteltransporte der UNO auf dem Seeweg nach Somalia ab. Dass die Deutsche Marine für diesen Einsatz gut vorbereitet und ausgebildet ist, machte Mordhorst anhand der Fähigkeiten der Flotte und am Beispiel einer deutschen Fregatte deutlich. Für die juristische Bewertung bei der Durchführung von Auslandseinsätzen vermittelte der Rechtsberater beim Flottenkommando, Regierungsdirektor Uwe Althaus am Beispiel des EU-Einsatzes „Atalanta“. Ein besonderes Hindernis stellt dabei das Zusammenwirken von internationalem Recht (z.B. Seerecht) mit nationalem Recht bzw. den nationalen Verfassungen dar. Für gemeinsame Einsätze auf See ist es jedoch erforderlich, für bestimmte Lagen die gleichen Rahmenbedingungen zu haben. „Nicht alles, was Völkerrecht erlaubt, ist mit dem Deutschen Verfassungsrecht vereinbar“, so die deutlichen Worte des Rechtsberaters. Hier müssen Juristen geeignete Wege finden, um der militärischen Führung vor Ort während des Auslandseinsatzes Sicherheit bei der Bewertung der Handlungsoptionen zu geben. Der Rechtsberater des Flottenkommandos berichtete den Zuhörern, wie die rechtlichen Rahmenbedingungen für den derzeitigen Einsatz Atalanta entstanden sind. Dabei ging er umfassend auf die völkerrechtlichen und verfassungsrechtlichen Bedingungen und die UN-Resolutionen ein. Althaus gelang es während seines Vortrages in kürzester Zeit durch die lebhafte Art des Vortragens, die Zuhörer von den besonderen Herausforderungen eines Auslandseinsatzes aus juristischer Sicht zu überzeugen. Eine umfangreiche und lebhafte Diskussion schloss sich an die Vorträge an.
Text: / Foto : Hans-Adolf Deussing