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Ist PTBS heilbar?




Wenn der Einsatz Probleme macht: Die Seminarteilnehmer in der Alten Kelter in Stuttgart-Vaihingen machen sich bereit für zwei Vorträge mit Diskussion

Bei der Veranstaltung in der Alten Kelter in Stuttgart-Vaihingen bedankte sich der Erste Stellvertretende Kreisvorsitzende Ulrich Schmolke (l.) für ihre Vorträge bei Tine Hardegger (M.) und Major d.R. Dr. Matthias Witt-Brummermann (r.) mit Württemberger Wein

Foto: Johann Michael Bruhn

Was bei Einsatzfolgestörungen zu tun ist und auch getan wird zeigte Major d.R. Dr. Matthias Witt-Brummermann auf ■ Foto: Johann Michael Bruhn

Diese Frage war nicht das Thema des Vortrags von Dr. Matthias Witt-Brummermann, sondern kam aus dem Kreis der Zuhörer und wurde vom Referenten sachgerecht beantwortet.

Dr. Witt-Brummermanns Vortragsthema bei der diesjährigen Hans-Rüdiger-Wolff-Gedächtnisveranstaltung in der Alten Kelter in Stuttgart-Vaihingen war „Aus dem Einsatz zurück, aber irgendwie anders – Einsatzfolgestörungen und ihre Auswirkungen“. Reservisten der Kreisgruppe Mittlerer Neckar bildeten den Zuhörer- oder besser Teilnehmerkreis. Diesem Kreis wäre mit einem Einführungsreferat zu posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) weniger gedient gewesen und deshalb berichtete Dr. Witt-Brummermann weniger von den Einsatzfolgestörungen selbst, sondern vom aktuellen Stand der Hilfsmaßnahmen und -möglichkeiten.
Die Antwort der oben zitierten Frage trägt Dr. Witt-Brummermann gewissermaßen auf seiner Stirn. Er führte aus, dass er sich in jungen Jahren am Kopf verletzte, mit der Folge einer heute noch sichtbaren Narbe. Wirkliche Beschwerden mache ihm dies nicht, würde aber seinen Marktwert als Fotomodell reduzieren. In ähnlicher Weise verschwinden posttraumatische Belastungsstörungen auch nach erfolgreicher Behandlung keineswegs spurlos, behinderten aber im Dienst und Familienleben kaum noch.

Spurlos geht ein Auslandseinsatz an keinem Soldaten vorbei. Alle machen neue Erfahrungen, viele reifen dadurch, einige nehmen Schaden. Einsatzbedingte Belastungen durch Klima, fremde Kultur, fehlende Intimsphäre und Trennung von der Familie treffen wohl alle Einsatzsoldaten. Kritische Ereignisse im Einsatz belasten nicht allein die unmittelbar Betroffenen, sondern auch deren Umfeld. Ein solches möglicherweise schädliches Mitgefühl stellt aber eine überaus hilfreiche Maßnahme während des Einsatzes dar. Ärzte, Psychologen und Militärgeistliche beherrschen ihr jeweiliges Arbeitsfeld, verstehen aber nicht zwangsläufig die speziellen Geschehnisse im Einsatz, da ihnen die unmittelbare Erfahrung aus Angriffssituationen eher fehlt. Dieses anfängliche Hindernis des sich nicht verstanden meinen, besteht gegenüber Kameraden mit gleicher Ausbildung und Tätigkeit weit weniger, was sich bei der psychologischen Krisenintervention durch Peers – also Gleichrangige – ausgesprochen hilfreich auswirkt.

Während die Folgen körperlicher Verletzungen nicht immer leicht, aber zumeist überschaubar sind, können posttraumatische Belastungsstörungen zeitlich versetzt oder auch nur in bestimmten Situationen austreten, allzu oft aber gänzlich überraschend. Verhaltensweisen die im Einsatzland lebensnotwendig waren, passen weit weniger in das familiäre Umfeld. So bedarf es bei der Rückkehr aus dem Einsatz etlicher Maßnahmen, um die Umstellung auf die heimatliche Familien- und Dienstsituation sicher zu stellen, was Einsatzsoldaten,  deren Familie und Umfeld vor vermeidbaren Schäden zu bewahrt.

Werden Störungen erkannt, so muss dies nicht PTBS und längerfristig wirksam sein, aber angemessen behandelt werden. Auch ohne erkennbare Störungen ist Einsatznachbereitung notwendig. Sechs bis acht Wochen nach der Rückkehr stehen Seminare dazu an, eine truppenärztliche Abschlussuntersuchung, ein Besuch beim Truppenpsychologen. Bei Gruppen- und Einzelgesprächen, wie auch beim Sport und erlebnisorientierten Veranstaltungen wird der Erfolg der Einsatznachbereitung festgestellt oder die noch vorhandenen Störungen. Dies ist insbesondere für Reservisten wichtig, bevor sich Störungen erst im Zivilberuf zeigen.

Für die Vorbeugung und eine Heilung von PTBS mit der oben genannten Einschränkung hält Dr. Witt-Brummermann mehrere Schritte für notwendig. Bereits vor dem Einsatz sollte Wissen über PTBS und erkennen derselben vorhanden sein. Noch notwendiger, aber auch schwieriger ist das Erkennen einer PTBS bei sich selbst und die Akzeptanz dieser Erkenntnis. Nicht genug der Schritte und Hindernisse, denn nun steht noch das Erkennen der Notwendigkeit professioneller Hilfe und insbesondere das Aufsuchen professioneller Hilfe an.

Der Vortragende leistete seinen Wehrdienst als SaZ 2 bei der Fernmeldetruppe und ging als Obergefreiter ab. Sein Studium in Marburg schloss er als Diplom-Psychologe ab. Den Aufstieg vom Obergefreiten zum Major der Reserve schaffte er durch die Beorderung als Truppenoffizier der Reserve im Sanitätsdienst, was nicht allein durch Wehrübungen, sondern auch durch sein Studium, die Promotion zum Dr. rer. nat. in Psychologie und die Tätigkeit in der klinischen Neuropsychologie möglich wurde. Im Reservistenverband ist er nicht allein Mitglied der Arbeitsgemeinschaft „PTBS und Familienbetreuung“,  sondern auch Vorstandsmitglied in der Kreisgruppe Bielefeld und Stellvertretender Landesvorsitzender in der Landesgruppe Nordrhein-Westfalen.

Vorgenannte Familienbetreuung war das Thema des zweiten Vortrages „Wenn Mann/Frau im Einsatz ist, beginnt der Einsatz auch zuhause … und nun??  – Erfahrungen als Betroffene und Betreuerin“. Tine Hardegger ist die Frau eines Einsatzsoldaten und arbeitet ehrenamtlich an der Familienbetreuungsstelle Ulm. Wie Dr. Witt-Brummermann hat sie nützliche Vorerfahrungen mit der Bundeswehr, denn sie machte hier ihre Ausbildung als Zahnarzthelferin.
Am Standort wohnende Soldatenfamilien können meist nicht die Hilfe ihrer weiteren Familie in Anspruch nehmen, da bei Versetzung nicht jeweils die ganze Großfamilie umzieht. Ähnliches gilt für den Freundeskreis. Bei notwendigen Gesprächen mit den Erzieherinnen im Kindergarten oder den Lehrern, bei Arztbesuchen oder Behördengängen sowie im Umgang mit Handwerkern bei notwendigen Reparaturen ergeben sich damit oftmals Engpässe. Hilfe am Standort ist dadurch erschwert, dass nicht nur einzelne Soldaten im Einsatz sind, sondern auch deren ansonsten durchaus hilfsbereite Kameraden.
Bundesweit gibt es 31 Familienbetreuungszentren. In Baden-Württemberg sind diese in Bruchsal und Stetten a.k.M. Bis zu 50 weitere Familienbetreuungsstellen  (FBSt) sind zeitlich befristet dort eingerichtet, wo Personal in den Einsatz gesendet wird. Sie werden durch nebenamtliches Personal betrieben. Derzeit sind es 30 FBSt, in Baden-Württemberg in Walldürn, Müllheim und Ulm. Im Februar 2016 waren in 17 Einsätzen 2915 Bundeswehr-Soldaten im Einsatz.

Vorhaben der  FBSt Ulm für 2016 wie die Besuche Indoorspielplatz, Kloster Andechs am Ammersee, Europa Park Rust oder Deutsches Museum München sehen für manchen nach leichter Unterhaltung zur Entspannung aus, dienen aber auch der Betreuung, dem Informationsaustausch und als Aussprachemöglichkeit.

Fragen der Teilnehmer in der nachfolgenden Diskussion fanden weitestgehend Antwort. Für zwei verbliebene Fragen bräuchte es einen anderen Expertenkreis. Soll das hilfreiche Wirken der Militärgeistlichen im Einsatz gemäß der vorhandenen Religionszugehörigkeiten durch islamische Geistliche ergänzt werden? Zeichnet das Hoheitsabzeichen der Bundeswehr in Form des Tatzenkreuzes oder des Balkenkreuzes durch seine Vorgeschichte die Soldaten der Bundeswehr als Kreuzritter aus?

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