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Eher Segen als Fluch – wenn beide Seiten etwas davon haben




Sind Reservisten ein Fluch oder ein Segen für die deutsche Wirtschaft? Prallen beide Seiten wie Bälle aufeinander oder können sie voneinander profitieren? Mit dieser Fragestellung setzte sich am Mittwochabend eine hochkarätig besetzte Diskussionsrunde der Landesgruppe Berlin auseinander. Das Ergebnis: Wenn Firmen und Bundeswehr in Dialog treten und die Fähigkeiten ihres Personals fordern und fördern, können beide Seiten Kapital daraus schlagen.

Denn militärische Fähigkeiten wie etwa das Führen unter Stress oder Pflichtbewusstsein sind auch in der Wirtschaft heiß begehrte Tugenden. Besondere IT-Kenntnisse oder interkulturelle Fertigkeiten dagegen sind bei der Bundeswehr gefragt. "Eine Verzahnung dieser Fähigkeiten würde allen Beteiligten zu gute kommen", sagte Prof. Dr. Patrick Sensburg MdB. Als Beispiel führte der Vorsitzende der Reservistenarbeitsgemeinschaft (RAG) Bundestag seine jüngste Wehrübung an: Am Zentrum Innere Führung in Koblenz paukte der Jurist Völkerrecht – wir berichteten. "Ich wusste manche Dinge bei Weitem noch nicht. Das kann ich dann auch ins zivile Leben mitnehmen", berichtete der Hauptmann der Reserve. Das gelte aber auch für andere Bereiche, wie etwa für den Kfz-Meister oder den Sachbearbeiter, der im Reservedienst lernt, mit Excel-Tabellen zu arbeiten.

"Für beide Seiten muss ein Mehrwert herausspringen", so Sensburg. "Bringt der Reservist nach dem Dienst etwas für die Firma mit, wie eben eine neue Schweißtechnik oder Software-Kenntnisse, profitieren beide Seiten davon."

"Neue Fähigkeiten sind gefragt"
Den "integrierten Ansatz", den sich Verteidigungsminister Thomas de Maizière in den neuen verteidigungspolitischen Richtlinien wünscht, griff in diesem Zusammenhang Generalleutnant Günter Weiler auf. Dieser sieht eine zivil-militärische Durchmischung vor. "Wo sind die Spezialisten, die Reservisten werden können", hatte der Minister beim Parlamentarischen Abend des Reservistenverbandes im Mai gefragt. Als Beispiel führte Weiler das Thema Cyber-Sicherheit an. "In diesem Zusammenhang sind neue Fähigkeiten gefragt", so der Stellvertreter des Generalinspekteurs der Bundeswehr. Ganz nach dem Motto "Wir teilen uns einen Mitarbeiter".

Reservedienstposten sollten daher attraktiv sein, vereinbar mit dem zivilen Beruf und die entsprechenden Qualifikationen fördern. "In einem Pilotprojekt haben wir mehrere Firmen angeschrieben, die ohnehin schon eng mit der Bundeswehr zusammenarbeiten. Fünf von ihnen haben in der Geschäftsführung nun einen Beauftragten für Reservistenangelegenheiten bestimmt", berichtete Weiler. "Früher hingen in den Schaufenstern Schilder mit der Aufschrift ‚Wir bilden aus‘. Wer Mitarbeiter für Wehrübungen abstellt, könnte also auch ein Schild in seinen Laden hängen mit der Aufschrift ‚Wir tun was für unser Land‘."

Unternehmer bekommt Zusatzqualifikationen
Das ist auch alles schön und gut. Nur müssen beide Seiten auch die gleiche Sprache sprechen. Der ungediente Personalchef kann nun einmal nicht wissen, wofür die Abkürzung ‚HQ‘ steht oder was ‚PzPiKp‘ bedeutet. "Der Unternehmer muss verstehen, was er an Zusatzqualifikationen bekommt", sagte Andreas Breuer, Geschäftsführer der Accredis Deutschland GmbH. "Bisweilen herrscht in manchen Bereichen noch immer das Vorurteil vor, eine Wehrübung wäre ein zweiwöchiger Sonderurlaub, bestehend aus Kameradschaftspflege und Trinken."

Der ehemalige Zeitsoldat (SaZ 8) gab aber auch zu bedenken: "In dieser Zeit geht der Reservist dem Unternehmen als Erfolgsfaktor verloren. Lasse ich Leute für einen längeren Zeitraum gehen, gefährdet das unter Umständen unsere Projekte." Der Arbeitgeber müsste Ersatz einplanen, quasi ein Reservist für den Reservisten. In der aktuellen Wirtschafts- und Arbeitsmarktlage sei das schwierig. Lediglich während der Krise 2008/2009, als zahlreiche Firmen auf Kurzarbeit umstellen mussten, hätte man lieber die Leute der Bundeswehr sprichwörtlich "auf’s Auge gedrückt".

Kleine Unternehmen eher betroffen
Eine aufeinander abgestimmte Personalplanung regte Stefan Schönholz, Managing Partner beim Institute for Conflict Dynamics, an. "Das Engagement als Reservist ist ein gesellschaftspolitischer Auftrag", sagte der ehemalige Zeitsoldat (SaZ 12). "Die Frage ist, inwiefern sich eine Firma dem Gemeinwohl verpflichtet sieht." Zugleich schränkte er aber auch ein, dass ein kleines Unternehmen eher betroffen wäre, wenn ein Reservist sich für zwei Wochen zur Wehrübung verabschiedet, als ein großer Player.

Ein durchweg positives Bild von Reservisten in seinem Unternehmen zeichnete Christian Herrmann, Inhaber der Dr. Hermann Gruppe. "Man spricht die gleiche Sprache, die Aufträge werden gründlich abgearbeitet – selbst in einer komplizierten Lage. Wenn es richtig stressig wird, könnte das manchem Ungedienten über den Kopf wachsen", sagte der beorderte Reservist, räumte aus unternehmerischer Sicht aber ein, dass es einer besseren Kommunikation bedarf. Vor allem bei Auslandseinsätzen sei es eine Herausforderung, die Abwesenheit eines Mitarbeiters zu kompensieren.

Nach dem regen Austausch aller Beteiligten lässt sich festhalten, dass Wirtschaft und Bundeswehr durchaus voneinander profitieren können, sofern der Reservist während seines Dienstes sinnvoll und seiner Fähigkeiten entsprechend eingesetzt wird. Dadurch entsteht dann auch ein Mehrwert für den Arbeitgeber.

Positive Bilanz – Fortsetzung geplant
Rund zwei Stunden lang diskutierten die fünf Gesprächspartner unter der Moderation der freien Journalisten Jenny May. Nach den auf fünf Minuten begrenzten Eröffnungsstatements entwickelte sich rasch eine lebhafte Diskussion über den Reservisten im Spannungsfeld zwischen zivilen Beruf und freiwilligem Engagement sowie über die Bundeswehr im Zusammenspiel mit der freien Wirtschaft, bei der auch die Fragen der rund 50 Gäste beantwortet wurden. "Ich bin hochzufrieden", sagte der Mitorganisator und Stellvertretende Landesvorsitzende Andreas Baasner nach der Veranstaltung. Die Diskussion im Haus der Wirtschaft in Berlin-Charlottenburg sei der Auftakt gewesen zu einer Reihe von Veranstaltungen, die sich mit dieser Thematik befasst. Die nächste Gesprächsrunde ist für das zweite Quartal des kommenden Jahres geplant. Dann sollen Vertreter ziviler Hilfsorganisationen aus ihrem Erfahrungsschatz berichten.

Sören Peters

Bild oben:
Stefan Schönholz, Andreas Breuer,
Generalleutnant Günter Weiler,
Moderatorin Jenny May,
Prof. Dr. Patrick Sensburg MdB,
Stefan Schönholz und Christian Herrmann (v.l.n.r.)
diskutierten über den Reservist im Spannungsfeld
zwischen zivilem Beruf und freiwilligem Engagement.

Zweites Bild:
Prof. Dr. Patrick Sensburg MdB verfolgt das
Statement von Christian Herrmann (r.).

Drittes Bild:
Generalleutnant Günter Weiler, Stellvertretender
Generalinspekteur der Bundeswehr und zuständig
für die Reserve.

Viertes Bild:
Andreas Breuer, Geschäftsführer
der Accredis Deutschland GmbH.

Fünftes Bild:
Stefan Schönholz, Managing Partner
beim Institute for Conflict Dynamics.

Bild unten:
Blick in den gut gefüllten Saal.
(Fotos: spe)

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